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Klimaschutz im Berliner WahlkampfDie große Leerstelle

Jonas Wahmkow
Kommentar von Jonas Wahmkow

Im Wahlkampf drückten sich fast alle Parteien erfolgreich um das große Zukunftsthema Klimakrise. Auch die Klimabewegung machte keinen Druck.

Die Klimakrise lässt sich nicht mehr lange ignorieren Foto: dpa

S o ein Wiederholungswahlkampf ist eine undankbare Angelegenheit. Nach nur etwas über einem Jahr rot-grün-roter Regierung, das noch dazu von zahlreichen globalen Krisen geprägt war, hat sich kaum etwas an Berlins Problemlagen verändert: Die Mieten sind immer noch hoch, die Verwaltungen überlastet, die Schulen marode, und die A100 soll immer noch gebaut werden. So wirken die Debatten im Wahlkampf aufgewärmt, neue Argumente der Parteien gibt es kaum.

Ist halt so, könntet man jetzt schulterzuckend sagen, die Entscheidung des Verfassungsgericht kam ja überraschend, und so richtig gewollt hatte die Wiederwahl niemand. Doch der Wahlkampf hätte eine Chance geboten, eine klaffende Leerstelle zu füllen, die schon 2021 wenig thematisiert wurde: die Klimakrise. Dabei müsste die Frage, wie Berlin angesichts der immer häufiger werdenden Dürren, Hitzewellen und Extremwettereignisse lebenswert bleibt, eigentlich das alles beherrschende Thema sein.

Doch bislang hat keine der im Parlament vertretenen Parteien einen Plan vorgelegt, wie Berlin seine eigenen Klima- und Umweltziele einhalten will, die 2016 im Berliner Energiewendegesetz verabschiedet worden sind und im August 2021 verschärft worden ist. Um bis 2045 klimaneutral zu werden, müsste sich allein im Gebäudesektor die Geschwindigkeit, mit der Wohnungen energetisch saniert werden, vervierfachen. Angesichts steigender Preise und des sich verschärfenden Fachkräftemangels ist dringend politisches Handeln gefragt, auch um die Modernisierungen sozial verträglich zu gestalten.

Keine Antworten

Oder der Verkehrssektor: Hier ist bis 2030 eine Reduktion von 70 Prozent Kohlenstoffdioxid geplant. Doch in den letzten Jahren sind die Emissionen kaum gesunken. Die Verkehrswende haben die Grünen zwar zum Thema gemacht. Allerdings ist es den anderen Parteien erfolgreich gelungen, das politische Projekt als eine Art Kulturkampf zwischen Rad- und Au­to­fah­re­r:in­nen zu framen.

Das Ergebnis ist eine kollektive Verdrängung der physikalischen Tatsachen, bei der letztendlich die CDU als Gewinner hervorgeht.

Statt sich auf Wahlkampfpossen wie die Sperrung der Friedrichsstraße einzulassen, hätte es gut getan, eine einfache Frage in den Vordergrund zu stellen: Wie wollt ihr die Emissionen senken? Das es nicht dazu gekommen ist, dürfte auch daran liegen, dass selbst die Grünen in vielen Bereichen darauf keine Antworten haben – oder zumindest keine Antworten, mit denen sich gut Wahlkampf machen lässt.

So wird die Notwendigkeit, in Berlin zehntausende Wohnungen zu bauen, von keiner Partei angezweifelt. Dabei wäre das aus klima- und umweltpolitischer Sicht ein Fiasko. Und inmitten der Energiekrise, in denen viele Mie­te­r:in­nen nicht wissen, wie sie ihre Nebenkosten zahlen können, ist es wenig attraktiv, die Frage zu diskutieren, wer eigentlich die Kosten für die energetischen Modernisierungen tragen soll. Das Ergebnis ist eine kollektive Verdrängung der physikalischen Tatsachen, bei der letztendlich wohl die CDU als Gewinner hervorgeht.

Korrektiv Klimabewegung?

An dieser Stelle wäre eigentlich die Klimabewegung als Korrektiv gefragt, um die Klimakrise im Wahlkampf ganz oben auf die Agenda zu setzen. Die Voraussetzungen dafür waren gut: Durch die Blockaden der Letzten Generation und die Räumung Lützeraths im Januar hat die Klimabewegung wieder an Schwung gewonnen. Mit Massenaktionen des zivilen Ungehorsams hätte sich der Widerspruch zwischen realitätsverweigerndem Business-as-usual und der Klimakrise auch in der Berliner Landespolitik offenbaren können.

Doch scheinbar wurden die Wahlen nicht als lohnenswerter politischer Hebel erkannt, oder die Zeit, sich auf die Neuwahlen einzuschießen, war zu kurz. Auch die Entscheidung, den Volksentscheid Klimaneutral 2030 nicht am Wahltag stattfinden zu lassen, dürfte zur Demobilisierung beigetragen haben. Dieser soll erst am 26. März stattfinden. Vielleicht bekommt Berlin ja dann seine Klimawahl.

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Jonas Wahmkow
Redakteur für Arbeit und Soziales im Berlin Ressort.
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2 Kommentare

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  • "So wird die Notwendigkeit, in Berlin zehntausende Wohnungen zu bauen, von keiner Partei angezweifelt. Dabei wäre das aus klima- und umweltpolitischer Sicht ein Fiasko."

    Diese Notwendigkeit besteht nur, weil die Menschen unbedingt irgendwelche, oft unnötige oder schädliche, Erwerbsarbeit machen müssen und diese Jobs eben nur in großer Zahl in den Metropolen zu finden sind.



    Das Rezept dagegen ist relativ einfach und es liesse sich durchaus Wahlkampf damit machen: Bedingungsloses Grundeinkommen für alle, so dass die Leute sich auch da, wo sie wohnen, eine Existenz aufbauen können.

    Die LINKE hat sich unlängst in einem Mitgliederentscheid für's BGE entschieden, bei den GRÜNEN steht es immerhin als Fernziel im Grundsatzprogramm.



    Selbst dran schuld, wenn diese Parteien jetzt nicht in die Pötte kommen, ihre an sich guten Ansätze auch im Wahlkampf zu kommunizieren.

  • 4G
    48798 (Profil gelöscht)

    mW beteiligt sich die Klimaliste Berlin am Wahlkampf.



    Bei denen ist der Name Programm. Sie werden den Grünen nach Lützerath entscheidende Prozente abnehmen, die Fr Jarrasch zur Bürgermeisterin fehlen werden.

    Da die Wahl nicht nur zwischen den bereits im Parlament vertretenen Parteien stattfindet, wundere ich mich über die Überschrift.



    Lasse sie jedenfalls nur für CDU, SPD, Grüne, FDP & AFD gelten.