Klimaproteste weltweit: Mehr als die Letzte Generation

Wer gegen die Klimakatastrophe demonstrieren will, muss nicht ständig über die Letzte Generation reden. Es gibt reichlich andere Klimaproteste. Ein Überblick.

Ein Megaphon in Rauchschwaden

Wir müssen reden! Foto: Tiziana Fabi/afp

Medien berichten vor allem über die Proteste der Aktionsgruppe Letzte Generation und spielen damit nach den Regeln der Aufmerksamkeitsökonomie. Kann man gut finden. Man kann aber auch einfach mal darüber berichten, dass die nun wahrlich nicht die Einzigen sind, die demonstrieren. Worüber man noch reden könnte:

Kampf gegen Luftverschmutzung in Südafrika

Ortsgruppen wie die South Durban Community Environmental Alliance (SDCEA) oder Vukani Environmental Justice Movement in Action wollen das Bewusstsein für die Klimakrise und für Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen stärken. Südafrika ist durch die Kohleindustrie stark von Luftverschmutzung betroffen. Die SDCEA hat ein Telefon eingerichtet, bei dem man Umweltschäden melden kann. Vor Ort protestieren die Gruppen auch gegen die Öl- und Gasindustrie, wie zuletzt in Durban am 11. November.

Proteste von Klein­bäue­r*in­nen in Kolumbien

In dem landwirtschaftlichen Gebiet Putumayo gibt es viele Bodenschätze wie Gold und Erdöl. Vor allem der Erdölabbau wird von bewaffneten Gruppen, Drogenkartellen und internationalen Unternehmen gefördert. Gegen diese kämpfen die Klein­bäue­r*in­nen und setzen sich für den Erhalt der Natur und Wiederaufforstung ein. Amnesty International berichtet, dass Hunderte von ihnen eine Vertreibung aus ihren Gemeinden zu fürchten hätten und wegen ihres Kampfes um Klima­gerechtigkeit unter staatlichem Schutz stünden. Damit sich die Klein­bäue­r*in­nen weiter für den Schutz ihrer Region einsetzen können, ruft Amnesty zum Beispiel zu E-Mail-Petitionen an die kolumbianische Regierung auf.

Stu­den­t*in­nen­pro­tes­te auf den pazifischen Inseln

Die studentische Kampagne „Pacific Island Students Fighting Climate Change“ setzt sich mit unterschiedlichen Aktionen für Klimagerechtigkeit ein. Sie will sowohl in ihren Gemeinden (Vanuatu, Tonga, Salomonen) durch Graswurzelaktionen als auch auf juristischer und UN-Ebene kämpfen. Unter anderem fordert sie ein Gutachten des Internationalen Gerichtshofs über die Auswirkungen der Klimakrise. Die Kampagne war auch auf der COP27 vertreten.

Dezentrale Proteste in Deutschland

In Deutschland formieren sich laut WWF in Städten wieder vermehrt dezentrale Proteste, so zum Beispiel die Critical Mass. Das sind Demozüge auf Fahrrädern, die sich für fahrradfreundliche Innenstädte einsetzen. Auch gegen Flächenversiegelung und den Ausbau von Autobahnen organisieren sich Menschen mit ganz unterschiedlichen Protestformen. Zum Beispiel protestiert der Bund Naturschutz aktuell gegen den Ausbau der B15. Und die kleine Kaufunger Gruppe „Keine A44 – Verkehrswende Jetzt“ blockierte bei der Einweihung im Oktober den neuen Autobahntunnel bei Hirschhagen.

Australische Strick-Omis gegen die Klimakrise

In Australien versucht eine dezentrale Vereinigung von vornehmlich älteren Frauen, die „Knitting Nannas Against Gas“, auf die Klimakrise und Umweltverschmutzung aufmerksam zu machen. Dafür setzen sie auf gewaltfreie Aktionen wie Theateraufführungen und Kunsthandwerk, aber auch Sperrungen und Proteste vor Regierungsgebäuden. Aktuell setzen sie sich gegen die scharfen Gesetze gegen Protestierende ein und veranstalten Protestmärsche im Zuge der Klimakonferenz COP27, unter anderem in Sydney. Mithilfe von Petitionen wollen sie Druck auf die Regierung ausüben und zum Beispiel ein Konzept für den Schutz von Koalas durchbringen.

Climate Justice Camp in Tunesien

In der kleinen tunesischen Stadt Na­beul südöstlich von Tunis hat im Vorfeld der Weltklimakonferenz COP27 ein Klimacamp stattgefunden. Dort haben sich Ende September etwa 400 Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen aus 65 Ländern des globalen Südens getroffen. Sie setzen sich unter anderem für intersektionale Solidarität, Klimagerechtigkeit und einen nachhaltigen systemischen und politischen Wandel ein. Sie fordern eine Einrichtung eines Finanzierungsmechanismus für klimabedingte Schäden. Amnesty International unterstützte das Camp und führte vor Ort Workshops zu Menschenrechten in der Klimakrise und digitaler Organisation zu Klimagerechtigkeit durch. Viele Menschen aus dem globalen Süden sind von Klimaschäden stark betroffen.

Sitzblockade für Klimaunterricht in Barcelona

Die Gruppe „End Fossil: Occupy“ hat in der katalanischen Hauptstadt für mehrere Tage die Universität besetzt. Jetzt hatte ihre Forderung Erfolg: Die Universitat de Barcelona verkündete, dass alle der rund 14.000 Studierenden ab 2024 einen verpflichtenden Kurs zu sozialen und ökologischen Krisen belegen müssen. Auch das Lehrpersonal soll in Bezug auf Klimathemen geschult werden. Die Gruppe, von der ein Teil auch an der Uni lehrt, darf ein Gremium aufstellen, um über die Inhalte des Kurses zu diskutieren.

Ju­ris­t*in­nen für den Schutz der argentinischen Feuchtgebiete

Die „Asociación Argentina de Abogados/Abogadas Ambientalistas“ ist eine Vereinigung von Umweltjurist*innen, die sich für den Naturschutz einsetzt. Dafür arbeitet sie Konzepte für bessere Gesetze aus. Aktuell kämpft sie für eine Gesetzesänderung zum Schutz der artenreichen Feuchtgebiete. Diese Gebiete trocknen zunehmend aus und geraten anschließend in Brand. Die Gruppe fordert ein Umweltbudget, das die Erhaltung und umweltschonende Nutzung der Feuchtgebiete gewährleistet. Unter dem Hashtag #LeyDeHumadalesYA (Feuchtgebiet-Gesetz JETZT) hat sie am 10. November zur Mobilisierung vor dem argentinischen Nationalkongresses aufgerufen. Um die Aktion medial zu verbreiten, fordert sie ihre Fol­lo­wer*­in­nen auf, den Hashtag am Tag vor der Demonstration zu verbreiten.

Widerstand gegen Ölpipeline in Uganda

In Form eines Mammutprojekts der Konzerne TotalEnergies und CNOOC soll eine 1.443 Kilometer lange Ölpipeline von Uganda nach Tansania gebaut werden. Gegen diese Entscheidung gibt es zunehmend Protest aus der Bevölkerung. Hilda Flavia Nakabuye und Vanessa Nakate, zwei ugandische Fridays-For-Future-Aktivistinnen, waren dieses Jahr auf einer #StopEACOP-Europatour. Sie haben eine Intervention bei der UN in Genf eingereicht und sich mit der französischen Regierung getroffen. Im Frühjahr trafen sie sich mit Papst Franziskus. Der setzte sich in den letzten Jahren für eine Energiewende ein. Die Ak­ti­vis­t*in­nen hoffen deshalb auf seine Unterstützung in Uganda, wo in den letzten Monaten auch Kirchenmitglieder gegen den Bau der Pipeline mobilisierten.

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