piwik no script img

Klimacamp im rheinischen KohlerevierIG BCE im Zelt der Klimalöwen

Die Spannung zwischen Joberhalt und Umweltpolitik ist ein Thema beim diesjährigen Klimacamp. Dazu kamen erstmals auch Gewerkschafter.

Demonstrationszug beim Klimacamp Foto: dpa

Berlin taz | Das gab es noch nie: Am Mittwochabend sind Gewerkschafter zu den Kli­ma­schüt­zer*innen ins jährlich stattfindende „Klimacamp“ im Rheinischen Braunkohlerevier gekommen. Fast zwei Stunden sprachen Vertreter der IG Bergbau, Chemie, Energie sowie des Klimacamps und lokaler Umweltschützer miteinander.

Alle Beteiligten bestätigten: Es ist gelungen, „ein Verständnis für die unterschiedlichen Positionen zu entwickeln“, wie es Manfred Maresch, Bezirksleiter der IG BCE Alsdorf, formulierte. „Es war ziemlich spannend zu sehen, dass alle ihre Ängste haben, sei es vor dem Abbau von Arbeitsplätzen, dem Klimawandel oder der Zerstörung der Region“, sagte Klimacamp-Pressesprecher Milan Schwarze.

Auch wenn sich die Gesprächspartner schnell einig waren, dass Proteste gewaltfrei verlaufen sollten, bleibt der große Widerspruch bestehen: „Aus der Perspektive der Klimagerechtigkeit brauchen wir einen sofortigen Kohleausstieg“, forderte Schwarze. Für die Beschäftigten vor Ort wäre mehr Zeit für den Wandel fair.

Dem Dilemma zwischen Jobs und Umwelt widmete das Klimacamp dieses Jahr einen ganzen Tag. Die Rednerin Jana Flemming bemängelte, dass die Klimaschützer*innen zum Teil auf dem sozialen Auge blind seien: „Die Frage der Beschäftigten in der dreckigen fossilen Industrien wird oft nicht berücksichtigt.“ Im Herbst soll es zu einem erneuten Treffen mit Gewerkschaftern kommen.

Im Infozelt des Klimacamps werden T-Shirts mit dem zweideutigen Aufdruck „Kohleausstieg ist Handarbeit“ verkauft. Auf der Wiese ist ein kleines Energiedorf entstanden. Vier selbst gebaute Windräder und einige Solarzellen liefern die zwei Kilowatt Grundleistung, die das Camp, auf dem knapp 1.000 Menschen für zehn Tage zusammenleben, benötigt.

Nacktprotest an der Abbruchkante

Das größte Windrad wurde vor Ort in einem Workshop des Kollektivs für erneuerbare Energien, kurz „erni“, gebaut. „Wir sind hier, um aufzuzeigen, wie zukunftsfähige Arbeitsplätze aussehen“, sagt Christoph Schmidt von erni. Gewerkschaftsmitglieder seien herzlich eingeladen, an einem der Workshops teilzunehmen, „als Appetizer auf die Energiewende“.

Es geht um den Konflikt Arbeitsplätze in der Kohlebranche versus Umwelt

Das Camp geht noch bis Montag. Am Donnerstag machten zehn Ak­ti­vist*innen Nacktfotos vor der Garzweiler Abbruchkante, um auf die Verwundbarkeit des Ökosystems hinzuweisen. Weitere „kreative Aktionen“ gegen Braunkohle sind angekündigt.

Die Gegendemonstration der IG BCE-Ortsgruppe, die unter dem Motto „Schnauze voll“ am Freitag in Campnähe stattfinden sollte, wurde abgesagt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • 2G
    21272 (Profil gelöscht)

    Die Gewerkschaften sollten sich nicht zum Buettel von Klimaalarmisten machen lassen, sondern sich auf ihre ureigene Rolle konzentrieren

  • Die Gewerkschaften spielen in fast jedem der aktuellen Themen eine unrühmliche Rolle.

    Egal ob Mindestlohn, Leiharbeiter, Steuerüberschuss oder Klimaschutz. Es werden stets Partikularinteressen nach vorne getragen... und das in einer Branche deren Arbeiter und Angestellte sicher NICHT auch nur annähernd von Unterbezahlung oder mangelnden Arbeiternehmerrechten reden kann.

     

    Die Flugkapitäne der Arbeiterschaft sozusagen.