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Klima- und Sozialpaket der USAEin zivilisatorischer Sprung

Dorothea Hahn
Kommentar von Dorothea Hahn

Trotz vieler Kompromisse und Zugeständnisse macht Bidens Gesetzespaket die USA ein Stück gerechter, moderner und sozialer.

Vorm Erdöl zur erneuerbaren Energie, das ist das Ziel, Tankwaggon im US-Bundesstaat Texas Foto: Bryan Smith/Zuma/imago

E s war eine extrem schwere Geburt. Und unterwegs sah es sehr oft so aus, als ob das „Inflationsverringerungsgesetz“ es nicht ans Licht der Welt schaffen würde. Doch am Sonntagabend hat es eine winzige Mehrheit von 51 gegen 50 Senatoren geschafft: Die USA haben – falls das Repräsentantenhaus am Freitag wie erwartet zustimmt – ein Gesetz, das gegen die Klimakrise vorgeht, das die Medikamentenpreise für einige der Ärmsten senkt und das 15 Prozent Mindeststeuern für die größten Konzerne einführt.

Das Verfahren hat alle möglichen Schwächen und Widerstände gegen Reformen in den USA enthüllt. So stimmten sämtliche republikanische Senatoren – 100 Prozent! – gegen die überfälligen Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Verbesserung der sozialen Lage. So waren die zwischen unternehmerfreundlich und liberal tief gespaltenen Demokraten sich wieder einmal selbst die besten Feinde. Und so haben einige der mächtigsten Lobbys der Welt – darunter die Energieerzeuger und die Pharmakonzerne – das gesetzgeberische Verfahren der gewählten Repräsentanten der USA nach Strich und Faden verzögert, behindert und beeinflusst.

Dennoch ist Erleichterung und Freude angesagt. Zugegeben, das Gesetz enthält keine Einführung von bezahlten Elternurlauben, es enthält keine Verlängerung des Kindergeldes für arme Familien, es enthält keine gebührenfreien Universitäten und es beinhaltet keinen Zeitplan für den Ausstieg aus Kohle, Erdöl und Gas und es wird – falls alles läuft wie geplant – die Treib­haus­emis­sio­nen der USA bis zum Ende dieses Jahrzehnts bloß um 40 Prozent senken. Aber es ist das Beste, das unter den gegenwärtigen Umständen in den USA möglich war. Es wird die Atmosphäre nachhaltig entlasten. Und es wird daher nicht nur den Bewohnern der USA, sondern des Planeten zugute kommen.

Innenpolitisch kommt es vor allem den Demokraten entgegen. Weniger als 100 Tage vor den Midterms ist es ein vorzeigbarer Erfolg. Allerdings ist längst nicht ausgemacht, dass sie damit ihre (knappen) Mehrheiten in beiden Kammern verteidigen.

Selbst wenn sich im November die Mehrheiten im US-Kongress ändern sollten, wird das Gesetz bleiben. Anders als ein Dekret kann es nicht von künftigen Präsidenten gekippt werden. Nach monatelangem Tauziehen, in dem Joe Biden politisch schwach erschien, wird ihm dieses Gesetz einen Platz in den Geschichtsbüchern verschaffen. Ein halbes Jahrhundert nach der Bürgerrechtsreform macht das „Inflationsverringerungsgesetz“ die USA ein Stück gerechter, moderner und sozialer. Es ist ein zivilisatorischer Sprung.

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Dorothea Hahn
Korrespondentin
Kommt aus Köln. Ihre journalistischen Stationen waren Mexiko-Stadt, Berlin, Paris, Washington und New York.
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2 Kommentare

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  • Ich hätte gerne erfahren, wie ohne Ausstieg aus Kohle, Erdöl und Gas diese 40% erreicht werden sollen.

  • wie soll denn bitte ein „Inflationsverringerungsgesetz“ das vermehrte Ausgaben auf Pump finanziert, die Inflation verringern ? Die wird doch eher durch zusätzliches Geld verstärlt. Man sollte mit solchen Etikettenschwindeln vorsichtig sein..,