Klassiker „True Grit“: Was Proleten gerne sehen
Der Tatort hat Sommerpause, der Polizeifilm nicht. Zeit, mal auf einen richtigen Krimi zu schauen, auch wenn es ein Western ist.
Die einzige Internationale, die funktioniere, sei die Polizei. Zu dieser Überzeugung kam der viel gereiste, geprüfte und verprügelte große Schriftsteller Georg K. Glaser.
Als Herumtreiber, KPD-Funktionär, Emigrant, Widerstandskämpfer, Anarchist, Soldat und nicht zuletzt als naturalisierter Franzose, der seinem der polizeistaatlichen Barbarei in die Arme gesprungenen Vaterland den Rücken kehrte, wusste Glaser um die Problematik der „Grünen“, wie die korpsgeistigen Büttel des Staates von den Arbeitern abschätzig genannt wurden.
In Glasers autobiografischem Hauptwerk „Geheimnis und Gewalt“ findet sich aber auch eine solche Szene: „In einem Arbeiterkino des Wedding sah ich einen alten Film von Chaplin, in dem er wie so oft von Polizisten verprügelt wurde. Und die Arbeiter im Saale, die klassenbewußten Arbeiter des roten Wedding, die täglich unter der Gewalttaten der Grünen zu leiden hatten, lachten, lachten. Warum?“
Ja, warum? Weil der Prolet immer gern einen Charlie misshandelt sieht, dem es noch mieser geht als ihm selbst? Oder warum ist das traditionell schlechte, also volkstümliche TV-Programm am Wochenende so voller Polizeifilme? Oder ist die Frage falsch gestellt, und es ist umgekehrt so, dass die Bevölkerung mit Polizeifilmen geflutet werden muss, um erst das gewünschte gesunde Volksempfinden herzustellen?
„True Grit“, 28. Juni, 23.40 Uhr, Tele 5
Damit alle wissen, worüber wir reden, hier ein Service-Überblick fürs Wochenende, der die Regionalprogramme gnädig außen vor lässt: „Wilsberg – Straße der Tränen“, Der Samstagskrimi, 20.15, ZDF; im Anschluss „Die Chefin: Der Fall Seitz“, Folge 4, Staffel 2; „Blitz“ (Programmtext: „Detective Sergeant Tom Brant ist für seine Brutalität bekannt, bei Kollegen jedoch beliebt“), 23.55, Sat 1; Hawaii Five-0, 20.15, Kabel 1, Folge 21 (!), Staffel 6 (!). Am Sonntag geht es so weiter: „Ihr Wunsch-‚Tatort‘, 50 Jahre ‚Tatort‘“, Das Erste, 20.15; im Anschluss um 21.45 im gleichen Programm „Maria Wern, Kripo Gotland – Tödliche Leidenschaft“; und dann „Der Kommissar und das Meer“, 22.15 im Zweiten.
Ich könnte so weiter copypasten, bis ich grün werde. Aber ich möchte mit etwas schließen, was wir wirklich brauchen in diesen Zeiten, mit einem Western-Krimi-TV-Tipp, mit „True Grit“, die Verfilmung von 1968 mit John Wayne als alterndem US-Marshal samt Augenklappe sowie mit Robert Duvall und Dennis Hopper – ein Stoff, der dann von den Coen-Brüdern 2010 mit Jeff Bridges grandios neu aufgelegt wurde. (So., 23.40 Uhr, Tele 5)
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