Klagen ehemaliger Heimkinder: Lange Verfahren sind die Ausnahme
Seit 2000 haben ehemalige Heimkinder fünf Anträge auf Opferentschädigung bei Bremer Gerichten gestellten. Nur einmal wurde der Klage stattgegeben.
Anlass für die Anfrage war der „schockierende Fall“ von D., sagte Jan Restat, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Linksfraktion, der taz. Seit neun Jahren kämpft D. um Anerkennung für den Missbrauch, der ihm vor vielen Jahrzehnten als Heimkind angetan wurde. Sein Verfahren vor dem Bremer Sozialgericht dauert an.
In Bremen können Anträge nach dem OEG nur gestellt werden, wenn die Gewalttat hier stattgefunden hat. Die Senatsantwort benennt die zwei einzig bekannten Fälle; in beiden wurde die Klage abgewiesen. Vor dem Sozialgericht können weitere, abgelehnte Klagen landen, wenn die Kläger*innen inzwischen in Bremen wohnen. Einer der insgesamt drei Klagen wurde stattgegeben, eine vorzeitig zurückgezogen.
Ein Verfahren gegen das Land Nordrhein-Westfalen läuft noch – seit sechs Jahren. „Bedenkt man, dass jedem Gerichtsverfahren ein Antragsverfahren von zwei bis drei Jahren beim Versorgungsamt vorausging, dann liegen die Verfahrenszeiten zwischen sechs und neun Jahren“, so Restat. „Dies ist für die Betroffenen sehr belastend.“
Die anderen vom Senat genannten Verfahren dauerten zwei bis vier Jahre; hinzu kommen das Antragsverfahren beim Bremer Amt für Versorgung und Integration und eine etwaige Behandlung in zweiter Instanz.
Entgegen der Sorge der Linksfraktion endete kein Gerichtsverfahren vorzeitig durch den Tod der Klagenden. Die Befürchtung beruhte auf den Erfahrungen von D., die dieser bei seiner ehrenamtlichen Arbeit im Verein ehemaliger Heimkinder gemacht hat.
„Wir sind mit der Beantwortung unserer Anfrage zufrieden“, sagt Jan Restat. Dass es in Bremen bisher aber nur ein einziges positives Urteil zugunsten der Antragsstellenden gab, zeige, wie schwer es ist, über das OEG einen Ausgleich für die Misshandlungen in staatlich beauftragen Institutionen zu bekommen.
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