Klage vor Berliner Verwaltungsgericht: „Strukturelles Problem“
Der jüdische Student Lahav Shapira klagt gegen die FU Berlin. Diese tue nicht genug gegen antisemitische Diskriminierung und verletze ihre Pflicht.

Shapira, der seit 2022 an der FU studiert, wirft dieser vor, ihn sowie andere Studierende nicht hinreichend vor antisemitischer Diskriminierung geschützt zu haben: „Seit dem 7. Oktober sind wir jüdische Studierende auf uns allein gestellt.“ Dabei sei der Schutz von Studierenden vor antisemitischer und rassistischer Diskriminierung die Pflicht der FU. Das geht aus Paragraf 5b des Berliner Hochschulgesetzes hervor.
Die FU sieht das anders – und verweist auf die von ihr entwickelten Antidiskriminierungs-Konzepte sowie Melde- und Beratungsstellen, an die sich betroffene Studierende wenden können. „Wir wissen immer noch nicht, was wir hätten tun müssen“, so das Rechtsamt der FU am Dienstag.
Was das bedeuten kann, schutzlos antisemitischer Gewalt ausgeliefert zu sein, musste Shapira in einer Nacht im Februar 2024 aufs Brutalste erleben: Ein Kommilitone verletzte ihn schwer, als diese sich zufällig begegneten. Im April dieses Jahres wurde der Angreifer zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt, die Staatsanwaltschaft geht von einer antisemitischen Tat aus. Rechtskräftig ist das Urteil bislang nicht.
Antisemitische Diskriminierung auf FU-Gelände
Doch vorbei war es danach nicht. „Fast regelmäßig“ mache Shapira auf dem Hochschulgelände die Erfahrung von antisemitischen Hetzjagden, Beleidigungen, symbolischen Schmierereien und körperlichen Angriffen. Nach dem Massaker der Terrororganisation Hamas am 7. Oktober 2022 an Jüdinnen und Juden in Israel, habe Shapira „nicht gedacht, dass es so problematisch wird“ für die Sicherheit von jüdischen Studierenden.
Mehrfach habe sich der Student an die Leitung der FU gewandt und antisemitische Vorfälle gemeldet. Doch passiert sei wenig, E-Mails blieben unbeantwortet. „Die Uni hat uns vertröstet“, so der Kläger. Shapiras Anwalt sieht ein „strukturelles Problem“ bei der FU. Über den Kläger hinaus fühlten sich jüdische Studierende nicht ausreichend von der Uni geschützt.
Zu einem Urteil kommt es am Dienstag nicht. Das Verwaltungsgericht verkündet, dass die Verhandlung zur Feststellung der Klage fortgesetzt wird. Dies wird voraussichtlich im Oktober sein.
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