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Klage gegen Bewertungssite abgewiesenÄrzte dürfen benotet werden

Ein Arzt wollte, dass alle Einträge über ihn auf einem Bewertungsportal gelöscht werden. Der BGH wies die Klage zurück, weil seine Privatsphäre nicht betroffen war.

Bei der Arbeit sind Ärzte nicht privat, argumentierte der BGH. Bild: dpa

KARLSRUHE rtr | Der Bundesgerichtshof hat das Recht auf freien Meinungsaustausch im Internet gestärkt. Ärzte müssen sich anonyme Bewertungen in einem Internetportal gefallen lassen, solange diese keine Falschbehauptungen oder Schmähkritik enthalten, entschieden die Karlsruher Richter am Dienstag.

Im vorliegenden Fall wies der BGH die Klage eines niedergelassenen Frauenarztes zurück, der die Löschung seines kompletten Profils in einem Online-Bewertungsportal verlangt hatte. Die Richter entschieden, dass der Persönlichkeitsschutz des Arztes und dessen Recht auf Selbstbestimmung von Informationen hinter das Recht auf Kommunikationsfreiheit zurücktreten müssten.

Der BGH bestätigte damit ein Urteil des Landgerichts München. (Az: BGH VI ZR 358/13) Auf dem Ärztebewertungsportal können Nutzer kostenlos Informationen über Mediziner abrufen wie etwa deren Fachrichtung, Praxisanschrift, Kontaktdaten und Sprechzeiten, sie können aber auch anonyme Bewertungen des Arztes durch andere Portalnutzer lesen.

Möglich sind Kommentare ebenso wie die Vergabe der Noten 1 bis 6. Über den Gynäkologen aus München wurden 2012 drei anonyme Bewertungen abgegeben: „Toller Arzt – sehr empfehlenswert“, „Na ja“ sowie „Kompetenter, netter Arzt, sehr zu empfehlen!“ Der freiberufliche Mediziner klagte auf Löschung seiner gesamten Daten und Bewertungen auf der Website, weil er seine Persönlichkeitsrechte verletzt sah.

In der mündlichen Verhandlung hatte der Vorsitzende Richter Gregor Galke den Ausgang des Verfahrens bereits angedeutet. Hier sei der Bereich der „Sozialsphäre“ betroffen, der allein das berufliche Wirken des Arztes betreffe. Darin stehe er im freien Wettbewerb. Zudem gebe es ein öffentliches Interesse an Bewertungs-Foren im Internet. Nur unwahre Tatsachenbehauptungen oder stigmatisierende Äußerungen müsse der Arzt in seinem Bewertungsprofil grundsätzlich nicht hinnehmen. Dies sei hier aber nicht der Fall.

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4 Kommentare

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  • Ärzte MÜSSEN benotet werden, damit wird Behandlung bundesweit besser. Denn so könnten alle Bürger - vor einem Arztbesuch - im Internet recherchieren und aus Erfahrungen von anderen Patienten bei den jeweiligen Ärzten etwas mehr erfahren.

     

    Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass diese Art von Benotung im Internet, auch die ärztlichen Behandlungsfehler deutlich reduzieren wird.

     

    Folgender Artikel stellt die Benotung der Ärzte als eine zwingende Notwendigkeit außer Frage:

     

    http://www.stern.de/panorama/skandale-um-berliner-charite-deutschlands-pannenklinik-1930456.html

  • "solange diese keine Falschbehauptungen oder Schmähkritik enthalten"

     

    Wer definiert diese Sachlagen? Wenn ein anonymer Patient nicht DAS bekommen hat was ER wollte und er schreibt sich im Netz seinen Frust von der Seele... wer will das prüfen?

    Gerade wenn ein Mehr an Behandlung sinnvollerweise vorenthalten wird (Patienten nicht kränker machen als er ist, Ressourcen sparen wo es Sinn macht), wird hier der Druck auf den Niedergelassenen weiter erhöht.

     

    Es profitiert weiter die Juristereibranche.

    • @friedjoch:

      Nun ja, jeder Arzt kann sich googeln und prüfen ob das stimmt und diese Zeit dann steuerlich absetzen. Wenn Zitat Spiegel... Im Jahr 2005 wurde bekannt, dass das Pharmaunternehmen Ratiopharm systematisch Ärzte mit Geld oder Geschenken dazu brachte, die hauseigenen Präparate bevorzugt zu verordnen. Die Staatsanwaltschaft Ulm eröffnete 3000 Ermittlungsverfahren...Zitatende, dann ist es schon gut, dass es Ärztebewertungsportale als Korrektiv gibt. Natürlich spricht das nicht für die ganze Ärzteschaft. Aber der Anteil an Ärztekorruption und unethischen Ärzte ist einfach zu hoch.

      • @Latino123:

        Steuerlich absetzen... jaja schon klar.

        Der Trend geht zur überkorrekten Unverbindlichkeit.

         

        Sie vermengen hier übrigens sehr unterschiedliche Problemfelder. Aber Spiegel-Leser wissen halt immer genau wo der Schuh drückt...