Kita-Streik für Entlastung: Die letzte Warnung
Ein unbefristeter Ausstand in den landeseigenen Betrieben rückt näher. Verdi mobilisiert für die Urabstimmung am kommenden Donnerstag.
Berlin taz Nach einer kurzen Verschnaufpause während der Sommerferien nimmt der Tarifkonflikt der Erzieher:innen der landeseigenen Kita-Betriebe wieder Fahrt auf. Vor der geplanten Urabstimmung über einen unbefristeten Erzwingungsstreik versammelten sich am Donnerstagmorgen nach Verdi Angaben rund 2.000 Erzieher:innen vor dem Abgeordnetenhaus. Ziel ist, den Senat zu Verhandlungen über einen Entlastungstarifvertrag zu bewegen.
„Die Beschäftigten wollen keinen Erzwingungsstreik, sondern einen Entlastungstarifvertrag“, sagt Gewerkschaftssekretärin Tina Böhmer der taz. Die Urabstimmung ist am kommenden Donnerstag geplant. Voraussetzung für den unbefristeten Ausstand ist, dass über 75 Prozent aller Mitglieder dafür stimmen. Wie das Ergebnis ausfällt, ist offen.
Erst am Mittwoch berichtete der Tagesspiegel über ein Schreiben der Geschäftsführung des Eigenbetriebs Südost an die Mitarbeitenden, indem von einer „ernstzunehmenden Krise“ für die Eigenbetriebe gesprochen wird. Aufgrund der Streiks gäbe es weniger Anmeldungen als geplant, dadurch sei auch die Finanzierung der Kitas in Gefahr. In dem Schreiben ist von rund 100 „überfinanzierten“ Stellen die Rede.
„Die Beschäftigten sind durchaus verunsichert“, sagt Gewerkschaftssekretärin Böhmer, doch die Beteiligung sei weiter gut. „Die Krise hat sich über die Sommerferien nicht aufgelöst“, sagt Böhmer. Seit der Pandemie warnt Verdi vor einem Kollaps des Kita-Systems in Berlin.
Keine Lösung in Sicht
Der Teufelskreis aus Personalmangel, chronischer Überlastung und steigender Krankenstände würden dazu führen, dass immer mehr Erzieher:innen den Beruf verlassen. Erst vor drei Wochen sorgte eine Studie der Bertelsmannstiftung für Aufsehen. Laut dieser gehören Berliner Erzieher:innen mit durchschnittlich 36 Ausfalltagen pro Jahr zu der am stärksten von Krankheit betroffenen Berufsgruppe überhaupt. Bundesweit sind 20 Ausfalltage der Durchschnitt. Grund sei vor allem die psychische Belastung, dem die Erzieherinnen und Erzieher ausgesetzt sind, schreiben die Autor:innen der Studie.
Mit einem „Tarifvertrag pädagogische Qualität und Entlastung“ will Verdi die Situation der Kita-Beschäftigten verbessern; zunächst in den Eigenbetrieben des Landes. Kern des Tarifvertrags soll ein deutlich verbesserter Betreuungsschlüssel sein.
Doch auch nach zahlreichen Warnstreiks seit dem Beginn des Tarifkonflikts im April lehnt der Senat Verhandlungen ab. Berlin würde ansonsten aus der Tarifgemeinschaft der Länder rausgeschmissen werden, so die Begründung des Senats. „Wir sind weiterhin bereit, mit Verdi im Gespräch zu bleiben – jedoch nicht in Verhandlungen“, stellte ein Sprecher der Bildungssenatsverwaltung gegenüber der taz klar.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Absagen vor Kunstsymposium
Logiken der Vermeidung