Kita-Ausbau in Nordrhein-Westfalen: Kein Platz für die Kleinen
Ab 2013 gilt ein Rechtsanspruch auf Kita-Plätze. In NRW ist die Versorgung bisher am schlechtesten. Ein Förderprogramm war wegen Erfolg plötzlich gestoppt worden.
BOCHUM taz | Wenn Andreas Blanke über fehlende Betreuungsplätze für Kleinkinder spricht, ist seine Enttäuschung zu hören: "Hoffnungslos unterfinanziert" sei deren Ausbau, sagt der Vorsitzende des Landeselternrats Kita in Nordrhein-Westfalen.
Besonders in Großstädten suchten Eltern verzweifelt nach Betreuung der unter Dreijährigen: In Essen würden Kinder in über 30 Einrichtungen gleichzeitig angemeldet, "in der Hoffnung, dass dann vielleicht irgendwo ein Platz herausspringt", klagt Blanke. "Schwangere melden schon ihre ungeborenen Kinder an."
Besonders ärgert er sich über das von der Bundesregierung beschlossene Betreuungsgeld, mit dem Berlin Mütter und Väter beglücken will, die ihre Kinder zu Hause lassen. Die rund 1,5 Milliarden Euro für die "Herdprämie" sollten in den Kita-Ausbau fließen, fordert Blankes Elternrat - und spricht damit für eine Mehrheit der Deutschen: In einer aktuellen Emnid-Umfrage votieren rund 80 Prozent der Befragten statt des schwarz-gelben Betreuungsgeldes für mehr Kita-Plätze.
Trotzdem ist eine Vollversorgung gerade im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW nicht in Sicht. Vergangene Woche sorgten Zahlen des Statistischen Bundesamts für Aufregung: Zwischen Rhein und Weser liege die Betreuungsquote nur bei 15,9 Prozent, meldeten die Beamten - nirgendwo sei das Angebot schlechter. Auch die rot-grüne Minderheitskoalition ist alarmiert. Schließlich haben Eltern ab 2013 bundesweit einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz - darauf haben sich Bund und Länder 2007 geeinigt.
Freie Träger sind verunsichert
Die schlechte Statistik spiegele lediglich die Situation am 1. August 2010, sagt die familienpolitische Sprecherin der Grünen im Düsseldorfer Landtag, Andrea Asch - da war Ministerpräsidentin Hannelore Krafts Regierung erst wenige Wochen im Amt. Bis 2013 stelle Rot-Grün 400 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt zur Verfügung. Außerdem könnten die Städte mit einem weiteren dreistelligen Millionenbetrag rechnen, erfuhr die taz aus Koalitionskreisen: Grund ist ein Urteil des Landesverfassungsgerichts, nachdem Bund und Land für die von ihnen bestellten Kita-Plätze auch zahlen müssten.
Vor allem die freien Träger der Kitas wie Kirchen oder Sozialverbände gelten als verunsichert: Der ehemalige CDU-Familienminister Armin Laschet hatte ab 2007 massiv dafür geworben, Bundesmittel in Höhe von über 480 Millionen Euro für den Bau neuer Krippen abzurufen - und das Programm 2008 dann wegen großen Erfolgs plötzlich gestoppt.
Außerdem sei unklar, ob klamme Kommunen mit Nothaushalten einspringen dürften, wenn Träger den nötigen Eigenanteil von 10 Prozent nicht aufbringen könnten, sagt Horst Gerbrand, Sozialreferent beim Städte- und Gemeindebund. Viel zu bürokratisch sei die Geldvergabe noch immer, monieren deshalb CDU und FDP.
"Wir erwarten, dass den Städten und Gemeinden keine Steine in den Weg gelegt werden", appelliert die Grüne Asch deshalb an SPD-Innenminister Ralf Jäger, der für die Haushaltsaufsicht der Kommunen zuständig ist. "Die versprochene Quote von 32 Prozent werden wir wohl nicht erreichen können", sagt Sozialreferent Gerbrand trotzdem.
Elternvertreter wie Andreas Blanke aber interessieren die Finanzierungsdetails längst nicht mehr. "Uns ist es egal, wo das Geld herkommt", sagt er - und rät Eltern, die 2013 keinen Krippenplatz bekommen, zur Klage.
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