Kinotipps für Berlin: Verspieltes und Geheimes
„Le stade de Wimbledon“ erzählt von einem Literaten, der nie ein Buch veröffentlicht hat, „Petite Maman“ von einer Freundin, die es nicht gab.
D er französische Schauspieler Mathieu Amalric hat seit vielen Jahren Star-Appeal auch im internationalen Kino und ist dabei gleichermaßen für Verspieltes (er wirkt beispielsweise regelmäßig in Wes-Anderson-Filmen mit), Experimentelles und Kommerzielles mit Niveau zu haben. Das Kino Arsenal widmet ihm im April eine Hommage, die besonderen Wert auf seine Regiearbeiten legt, die in Deutschland oft genug nicht ins Kino kamen.
Eröffnet wird die Reihe am 2. April mit „Le stade de Wimbledon“ (2001), einer Literaturverfilmung, die sich mit dem künstlerischen Schaffensprozess beschäftigt und Jeanne Balibar auf die Spur eines Literaten setzt, der nie ein Buch veröffentlicht hat. Mathieu Amalric wird zur Vorstellung zu Gast sein (2. 4., 19 Uhr, Arsenal 1).
„Geheimnisse sind nicht immer Dinge, die man zu verstecken sucht. Manchmal ist nur niemand da, dem man sie erzählen kann.“ Die kluge, aber traurige Lebensweisheit entstammt einem Rollenspiel, das sich zwei kleine Mädchen in „Petite Maman“ ausgedacht haben, irgendetwas mit einer Schlossbesitzerin und einem Polizeiinspektor.
Was die Sache etwas kompliziert macht, ist die Tatsache, dass eines der Mädchen gar nicht existiert – oder jedenfalls nicht so richtig. Denn es ist lediglich eine sehr real wirkende Figur, die sich das andere Mädchen, die achtjährige Nelly (Joséphine Sanz), in einer Art Zeitreise in die Kindheit ihrer Mutter imaginiert, während sie mit ihren Eltern das Haus der jüngst verstorbenen Großmutter ausräumt.
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Das war einst auch das Zuhause von Nellys Mutter Marion, Nelly kennt das Haus aus ihren Erzählungen. Legendär ist eine Hütte, die die Mutter als Kind im angrenzenden Wald baute, wenige Tage, bevor sie sich im Krankenhaus einer Operation unterziehen musste.
Als Nelly am nächsten Tag feststellen muss, dass ihre depressive Mutter abgereist und sie allein mit ihrem Vater im Haus zurückgeblieben ist, erkundet sie die Gegend und lernt im Wald ein gleichaltriges Mädchen (Gabrielle Sanz, Joséphines Zwillingsschwester) kennen. Es heißt, Marion baut gerade eine Hütte und muss in drei Tagen ins Spital.
Die französische Regisseurin Céline Sciamma hat sich in ihren Arbeiten schon oft mit Kindheit und Jugend auseinandergesetzt und vermag auch hier die Befindlichkeiten eines Kindes klug in Szene zu setzen. Denn Nellys neue Freundschaft zur „kleinen Mama“ bietet Halt und Trost sowie die Gelegenheit, sich mit den Mitteln der Fantasie der manchmal sehr entfernt wirkenden Mutter anzunähern (u.a. 2.-3. 4., 15.30 Uhr, fsk-Kino, 2. 4., 16.30 Uhr, Wolf Kino, 31. 3., 4. 4., 6. 4., 17.15 Uhr, 2. 4., 15.45 Uhr, 3. 4., 17.45 Uhr, Sputnik-Kino).
Der Amerikaner Robert Flaherty ist der wohl bekannteste Dokumentarist des frühen Kinos, seine Filme waren Welterfolge. Eine besondere Faszination hatte er für die Kultur der Inuit im Norden Kanadas entwickelt, mit der er erstmals als Mitarbeiter einer Minengesellschaft in den 1910er Jahren in Berührung kam.
Auf weiteren Reisen machte er erste Dokumentaraufnahmen (die durch einen Brand vernichtet wurden), schrieb ein Buch und schuf schließlich den Film „Nanook of the North“ (1922) über eine Inuit-Familie und ihren Überlebenskampf in der feindlich kalten Umwelt. In späteren Jahren musste Flaherty für seine Filmmethoden allerdings viel Kritik einstecken. Denn die Jagdmethoden der Inuit waren 1922 längst nicht mehr so archaisch wie im Film geschildert:
Flaherty hatte seinem Helden die ursprünglichen Bräuche seines Volkes zum Teil wieder beigebracht. Ausgesucht hat den Film für das Kino Arsenal die brasilianische Filmemacherin und DAAD-Stipendiatin Paula Gaitán, sie hält auch eine Einführung (31. 3., 19 Uhr, Arsenal 1).
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