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Kinofilm zur BildungDie neuen Schulverächter

Erst Richard David Precht, jetzt der Film „Alphabet“: Kritik an der Schule als Abrichtungsanstalt ist en vogue. Die Argumente sind dabei oft absurd.

Sobald Kinder in die Schule kommen, geht es geistig bergab mit ihnen. Das suggeriert zumindest der Film „Alphabet“. Bild: dpa/Pandora Filmverleih

Ausgerechnet am Pisa-Vorzeigeland China soll sich also zeigen, welch düstere Zukunft uns droht. Die Kamera zeigt Qu Pei, elf Jahre alt, bei seinem Nachhilfelehrer, wie er Flächeninhalte berechnet. Die Kamera zeigt die Stille beim Vorentscheid zur internationalen Mathematik-Olympiade. Und dann sehen wir, wie Qu Pei im Schulbus sitzt und ihm die Augen zufallen.

Aus dem Off darf ein Pekinger Pädagogik-Professor über Leistungsdruck und Gleichförmigkeit in Chinas Schulen klagen. „Die Mathematik-Olympiade ist ein Desaster für die Jugendlichen“, sagt er, während wir die Teilnehmer auf ihren Bleistiften kauen sehen. „In manchen Kindergärten bekommen die Kinder sogar schon Hausaufgaben. An diesem Punkt sind wir angelangt.“

Seit vergangener Woche läuft der Dokumentarfilm „Alphabet“ des Österreichers Erwin Wagenhofer in den Kinos – und befeuert mit Szenen wie diesen eine Schulverachtung, die sich hierzulande schon länger breitmacht. Einmal mehr lautet die schlichte wie falsche Botschaft: Die Schule, wie wir sie kennen, deformiert den Menschen. Sie drillt und dressiert, erstickt Potenziale, zwingt Kinder in einen unheilvollen Wettbewerb und macht nicht klüger und glücklicher, sondern im Zweifel dumm und einfallslos. Die Schule steht der wahren, schönen, guten Bildung im Weg, wie auch immer man sich die jenseits wolkiger Beschwörungsformeln konkret vorstellen muss. Schule ist nicht die Lösung, sondern das Problem. Nicht nur in China, auch bei uns.

Um diese Verschwörungsthese zu belegen, reiht Wagenhofer Einzelbeispiele, die ziemlich wenig gemeinsam haben. Er porträtiert etwa den Franzosen André Stern, der nie eine Schule besuchte und trotzdem Gitarrenbauer, Musiker und Buchautor geworden ist. Ein beeindruckender Autodidakt, zweifellos. Aber Wagenhofer suggeriert, dass solcherlei Einzelfälle tatsächlich als Muster für alle taugen könnten – für Bildungsbürgerkinder ebenso wie für Neuköllner Migrantenjungen ohne Bibliothek im Elternhaus.

Wagenhofer begleitet einen Dortmunder Hauptschulabgänger, der keinen Ausbildungsplatz findet. Ein Bildungsproblem, das alle Aufmerksamkeit verdient. Aber will uns Wagenhofer damit ernsthaft weismachen, dass dieser junge Mann ohne Schulbildung bessere Chancen hätte?

"Sie können keinen Menschen bilden"

Wo so viele windige Thesen in den Raum gestellt werden, darf der Neurobiologe Gerald Hüther nicht fehlen, der Kronzeuge aller neuen Schulkritiker. Der Film zeigt ihn bei einem Vortrag vor einem gut gefüllten Saal. Man hat den Eindruck: lauter Mittelschichtseltern auf Bestätigungssuche. „Sie können keinen Menschen bilden. Hirntechnisch geht das nicht“, erklärt ihnen Hüther. „Der kann sich nur selber bilden.“ Hüther geriert sich als Prediger einer neuen Zeit, und am Ende lässt der Applaus den Saal beben.

Dass Hüthers wissenschaftliche Meriten eher bescheiden ausfallen, verschweigt der Film. In der psychiatrischen Abteilung der Universitätsmedizin Göttingen führt Hüther keinen Lehrstuhl, sondern ist einer von rund 30 wissenschaftlichen Mitarbeitern. Am Göttinger Exzellenzcluster in den Neurowissenschaften ist er nicht einmal beteiligt. Eine Koryphäe ihres Fachs stellt man sich jedenfalls anders vor.

Dafür darf Hüther im Film seine zweifelhaften Thesen der „Abrichtungsschule“ vertreten, die für Angst, Krieg und Elend verantwortlich sein soll, ohne dass er dabei eine kritische Einordnung fürchten müsste. Und nicht nur er.

So erfahren wir im Film von einem Test über „unangepasstes Denken“, bei dem nahezu alle Kleinkinder die Stufe „genial“ erreichen – aber kaum noch jemand, der die Schule besucht hat. Näher erklärt wird dieser Test nicht, auch über seinen wissenschaftlichen Stellenwert schweigt Wagenhofer. Schade, denn die Intelligenzforschung erzählt eine andere Geschichte: Jedes zusätzliche Schuljahr bringt mehr Punkte beim IQ. Die Intelligenz fällt nicht etwa von Generation zu Generation, sondern steigt tendenziell. Wir werden klüger, dank der Schule und trotz all ihrer Probleme. Aber das passt wiederum nicht zur leidenschaftlichen Generalabrechnung.

Meisterdenker mit Argumentationsschwäche

Die diffuse Grundsätzlichkeit ist ohnehin ein Merkmal aller neuen Schulkritiker. Der Philosoph Richard Davids Precht fordert in seinem Buch „Anna, die Schule und der liebe Gott“ nichts weniger als eine „Bildungsrevolution“ – wohin und warum revoltiert werden soll, bleibt schwammig.

Mal bemüht Precht dazu die Pisa-Studie, die die Ungerechtigkeit unseres Schulsystems bewusst machte. Dann geißelt er dieselbe Erhebung als Ausdruck eines seelenlosen Test- und Messwahns. Mal ist die Ausrichtung der Bildung auf die Erfordernisse des Arbeitsmarktes, ihre Ökonomisierung der große Sündenfall. Dann wiederum führt Precht die Herausforderungen einer modernen Dienstleistungsökonomie dafür an, warum die Schule statt Faktenwissen Sozialkompetenzen, Persönlichkeit, Teamfähigkeit vermitteln soll. Um wie viel perfider die Verwertungslogik damit wird, fällt ihm gar nicht auf. Und dass solcherlei Argumentationsopportunismus umso unredlicher wird, je grundsätzlicher die Kritik ausfallen soll, muss der Meisterdenker übersehen haben.

Am Ende steht immer nur ein schwammiges Plädoyer für ein irgendwie freieres Lernen, das allenfalls noch reformorientierte Privatschulen anbieten. Dass eine solche Pädagogik vor allem dem Nachwuchs des Bürgertums nutzt und die Ungleichheit der Bildungschancen womöglich eher vergrößert, wird nicht weiter gesehen. Warum auch? Die staatliche Bildungspolitik erklären die Schulkritiker dagegen in teils offener Verachtung für gescheitert.

Die Initiative „Schulen in Aufbruch“ etwa, für die unter anderem Hüther durch die Republik tourt, geriert sich als APO der Bildungspolitik, als Träger eines Wandels von unten. Die Kultusminister, so die unterschwellige Botschaft, könnten das Bildungssystem eben nicht fit fürs 21. Jahrhundert machen. Es ist eine Kritik, die auf den Bauch zielt. Klüger macht sie nicht gerade.

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45 Kommentare

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  • Mir erscheint dieser Artikel wie ein verzweifelter Versuch die bittere Realität zu verdrängen, räumt der Autor doch auch gleich zu Beginn ein, dass sich eine gewisse Frustration gegenüber dem etablierten Bildungssystem "sich hierzulande schon länger breitmacht" - die ihre Gründe haben wird und deshalb unbedingt ernst genommen werden sollte (auch ich selbst betrachte mich als "Schulopfer").

    Im vorletzten Absatz wird diese unterschwellige Sorge sogar konkret angesprochen: als "Normalverdiener" sind wir und unsere Kinder dem staatlichen Schulsystem wehrlos ausgeliefert, müssen zusehen, wie Potenziale verkümmern. Wer will das schon wahrhaben? Die traurige Wahrheit: Durch konsequentes Leugnen, getreu dem Motto "Augen zu und durch" wird sich der Zustand garantiert nicht bessern. Dabei gibt es bereits staatliche Reformschulen, es gibt das Netzwerk der "Schulen im Aufbruch" und auch an anderen Schulen setzt ein Umdenken hin zu einer alternativen, sensibleren Pädagogik ein - es besteht also Hoffnung. Das heißt, wenn wir am Ball bleiben, uns für Veränderungen stark machen und nicht an lange überholten Prinzipien festhalten.

    Interessant hierzu auch folgende Äußerungen des Münchener Professors Harald Lesch: https://www.facebook.com/PolitikUndZeitgeschehen/videos/1015388048577109/

  • da hat bei jemandem (Bürgerkind?) offenbar die Sekundärtugendvermittlung des traditionellen Schulsystems prächtig funktioniert - wo wäre er ohne all das so nützliche Wissen bloß gelandet?! Ich habe als Nichtbürgerkind Schul-, Hochschul- und andere (Aus)Bildungssysteme durchlitten, viel Zeit verbrannt und viel Energie dafür aufgebracht, alles immer so zu machen, wie man es eben macht. Bis heute habe ich mich nicht vollständig aus dem Netz befreit, dass sich dadurch um mich gelegt hat. Deshalb schätze ich Menschen wie Precht, Hüther und andere für ihre Rebellion gegen die Systeme und sehe es als Bestätigung, wenn die Kritiker nichts dünneres aufzubieten haben, als den Vorwurf, dass die Rebellierer ja nicht mal die klassischen Meriten und sonstigen Merkmale einer ordentlichen Karriere aufzubieten haben .....

  • Lieber Herr Kramer, ich kann mich meinen Vorrednern nur anschließen. Ihre Kritik zeigt leider, dass Sie den Film von Grund auf nicht verstanden haben. Es geht nicht darum WAS und zu welchem Zweck wir, in welcher Bildungsform auch immer, lernen, sondern darum WIE wir lernen. Denn das prägt unser Denken. Dass Sie einen in Ihren Augen vermeintlichen Intelligenztest mit ebenso diskutierbaren Thesen aus der "Intelligenzforschung" zu entkräften versuchen, entspricht leider genau dem Denken, wie es im Film bemängelt wird: nämlich dem Konzept der Angst.

     

    PS: Ich fasse es jetzt mal als Ironie auf, dass die taz mich am Ende des Artikels informiert, dass bei Gefallen dieses Artikels auch Geld bezahlt werden kann. Eher würde ich in diesem Fall Schmerzensgeld verlangen.

  • D
    Dori

    Ich glaube, der Autor des Artikels hat höchstens den Filmtrailer gesehen...Ansonsten würde er nicht behaupten, dass der Film das Schulssystem verachtet und für irgendwelches "freies Lernen" propagiert.

     

    Der Film zeigt auf, dass etwas in unserem "modernen" Bildungssystem schiefläuft. Und das etwas schiefläuft, ist wohl kaum zu übersehen.

  • Q
    quark

    Hm, die Argumente eines Wissenschaftlers sind also nicht ernstzunehmen, weil er nicht im Exellenz-Cluster ist?

     

    Und wo ist dann der Pulitzer-Preis des Autors? Ansonsten kann ich diesen Artikel leider nicht ernstnehmen...

  • R
    rumpelstilzchen

    das zum teil unerträgliche, idealistische gutmenschengeschwafel, gewürzt mit ausgesprochen "seltsamen" ausfällen gegen die leutchen, die jeden tag mit diesem "system" zurechtkommen müssen, lässt nur einen schluss zu: sofort schluss mit schulpflicht, morgen; die schulen werden in bildungs- und beratungszentren umgewandelt, in denen lehrkräfte, eltern und schüler/-innen frei über lernpläne verhandeln und entsprechende verträge auf zeit abschließen.

    es wäre im übrigen nett, wenn endlich dieser kinderglaube an die segnungen der gehirnphysiologie aufhören könnte. im ton fast genauso wie "damals", als es um die "Skinner-Box", das "Sprachlabor" und das "Fittmachen für die Wissens- und Informationsgesellschaft" ging - tempi passati. "auch dieses geht vorüber" - persisches sprichwort.

  • Wenn etwas en vogue ist, dann glauben Massenmedien-Journalisten, es wäre eine Mode, die wieder verschwindet.

    Kulturanthropologen und Soziologen wissen, dass Zeitgeist, oder das Reden über etwas, das "in der Luft" liegt eben auch häufig bedeutet, dass da notorisch ein gesellschaftliches Problem vorliegt, das sich allen bisherigen Lösungs- oder Verleugnungsversuchen sperrt. Dass unssere Bildungssysteme dysfunktional sind, wissen im Grunde alle. Sie geben ihr Wissen nur nicht alle explizit in der Öffentlichkeit preis. Welches System kann sich das erlauben, sein Versagen öffentlich zu machen?

    Der Spruch, dass jeder Mensch zum Zeitpunkt seiner Geburt ein Genie ist, stammt übrigens vom Schulversager ("Mindestleister") Einstein und entspricht im Wesentlichen allen ernstzunehmenden modernen Erkenntnissen der Psychologie, Hirnforschung und Erziehungswissenschaft seit Piaget. Der Film ist eine Mischung aus Doku und Kunstwerk. Ihm fehlende Wissenschaftlichkeit vorzuwerfen ist Unsinn. Er ist wahr. Der Begriff der "Wahrheit" ist nicht obsolet, diskreditiert an der Krisenrealität (die im Film verschiedentlich gegengeschnitten ist)ist stattdessen ein auf Flachststudien zurechtgestutzter empiristischer Wissenschaftsbegriff, der bloß instrumenteller Vernunft folgt. Es ist so wurscht, ob Harald Hüther so oder soundsoviele Studien betrieben hat und einen so oder so bezeichneten Professorentitel hat. Wichtig ist, ob es brauchbar ist, was er sagt.

    Eine Verschwörungstheorie ist etwas ganz anderes.

    Ach herrjeh, was für eine dümmliche und verwirrte Argumentation. Der Artikel ist weder im wissenschaftlichen, noch im künstlerischen, noch im journalistischen Sinne zu gebrauchen.

  • T
    trö

    Sehr geehrter Herr Kramer,

    Sie haben da etwas verwechselt - es geht nicht darum ein Rezept auszustellen, wie man sich aus der PisaMisere begibt. Es geht um ein Menschenbild! Es ist damit grundlegend. Es geht um Vielfalt, um Wertigkeit des Einzelnen in der Gesellschaft - statt Auslese.

  • L
    lowandorder

    das ist doch mal schön - mit Null overt

    ne dicke Lippe riskieren;

    und wenn's übers Maul gibt - auf Tauchstation;

    mit Verlaub - Arsch in der Hose geht anders.

  • C
    C-S

    dieser kommentar wird wohl nicht erscheinen, aber der zensor soll ihn dennoch zu gesicht bekommen:

     

    in der dokumentation geht es um eine angstgesellschaft, um eine kultur der angst die keine natürliche lebensentfaltung mehr zulässt.

     

    ein tanz auf der großhirnrinde, dem autor gefällt es dort und tiefer möchte er wohl auch nicht dringen, das könnte wahrscheinlich einfach nur zu weh tun.

     

    der pisa test wird in china nur an zwei schulen durchgeführt, wohl gemerkt und richtiger an zwei elite schulen! der rest der normalen schulen des landes und damit ihrer schüler wird dezent ausgeblendet - dieses testergebnis bekommen dann die europäer vor die füße geworfen und die angst vor einer gelben gefahr wird geschührt - und! bildung ist endlich messbar und kann in einen wachstumsmarkt (in finanzieller hinsicht natürlich!) umgewandelt werden! es gibt bereits mehrere nachhilfeinstitute die an der börse gehandelt werden! bildung verkommt zu einem produkt! zu einem druckmittel!

     

    solch einen ablehnenden artikel in der taz zu lesen tut schon sehr weh - gerade die taz sollte doch etwas differenzierteres und tiefgehenderes zu bieten haben, als solch eine erzkonservative schmähschrift.

     

    p.s.

     

    über die hasenburg wird groß und breit und sehr kritisch berichtet und die empörung ist groß - aber ein film der genau eine solch seelenloses erziehung "anprangert" wird verrissen und lächerlich gemacht. den

  • Herr Kramer, was mir an Ihrem Artikel übel aufstößt, ist die Geringschätzung der sozialen Kompetenzen. Das Abitur wird zu Recht nicht mehr als Reifezeugnis bezeichnet, weil es durchaus möglich ist, die Schule mit einem 1er-Abi zu verlassen, ohne jegliche Sozialkompetenz erworben zu haben. Damit können Sie in unserer Gesellschaft eine glanzvolle Karriere hinlegen. Wenn Sie eine autistische Gesellschaftsform als Ideal ansehen, ist also am beste-henden Schulsystem in der Tat nichts zu bemängeln. Im Gegenteil, man könnte sogar eine Menge Geld einsparen, wenn man die soziale Komponente, sprich: die Lehrer, durch Maschinen ersetzte. Was macht aber unser Mathegenie, wenn es wirklich mal auf den Menschen ankommt und nicht auf sein erworbenes Wissen? Als Ersthelfer bei einem Verkehrsunfall beispielsweise könnte er dem Schwerverletzten bis zum Eintreffen des Notarztes vorrechnen, dass der Unfall hätte verhindert werden können, wenn er 20 km/h langsamer gefahren wäre.

    Soziale Kompetenz kann nur von sozial kompetenten Lehrern transportiert werden und ist für unser Zusammenleben viel wertvoller als jegliches Fachwissen, von welchem jeder Einzelne angesichts der ungeheuren Menge des Wissens, das die Menschheit angehäuft hat, ohnehin nur homöopathische Anteile erwerben kann. Um auf meine Zeugnisse zurückzukommen: Vielen Dank an die vielen sozial kompetenten Lehrer, die sich Tag für Tag dafür einsetzen, dass nicht noch mehr Schüler eine HartzIV-Karriere machen müssen.

    • S
      Scottberlin
      @Andreas Bremerich:

      @Andreas Bremerich

      Volle Zustimmung. Soziale Inkompetenz ist die größte Gefahr und Schule muss von der Bremse zum Motor werden. Kramer hat da noch Bildungsbedarf.

    • @Andreas Bremerich:

      Ich finde die "Geringschätzung der sozialen Kompetenzen" im Artikel nicht - könnten Sie mich aufklären?----Ferner: Ist es sozialkompetent, stereotyp das so genannte "Mathegenie" mit fehlender Empathie und dem Straftatbestand der unterlassenen Hilfeleistung zu konnotieren? Ich denke nein. Gerade in den MINT-Fächern wird sehr intensiv miteinander gelernt - Gegensatz (Erfahrung Uni Bonn) Juristerei. Oder nehmen sie die sprichwörtlichen Betriebswirte, die (auch völlig verallgemeinert) nur Dollarzeichen im Kopf haben... geht es etwas wertschätzender für Leute, die vermutlich bloss andere Begabungen haben als Sie selbst?

      • @guido-nrw:

        Ich bitte Sie, meinen Text genau zu lesen. Erstens bin ich weit davon entfernt, Mathegenies per se Sozialkompetenz abzusprechen, denn ich habe hier exemplarisch von einem Menschen gesprochen, welcher zwar enormes Fachwissen, gleichzeitig aber keine sozialen Kompetenzen erworben hat, zweitens habe ich diesem nicht unterlassene Hilfeleistung unterstellt, sondern aufgezeigt, dass einen Fachwissen in einer Situation, in welcher Empathie, Zuwendung und Trost gefragt sind, nicht weiterbringt und drittens geht es hier sehr wohl um die Geringschätzung der Sozialkompetenzen. In dem Buch Prechts, welches Herr Kramer so vehement bekämpft, tritt dieser dafür ein, der Vermittlung sozialer Kompetenzen höhere Priorität einzuräumen als dem Anhäufen von Fachwissen. Generell geht es bei dieser Grundsatzdiskussion darum, welche Aufgaben die Schulen mit welcher Gewichtung in Zukunft haben sollen. Herr Precht moniert zu Recht, dass in der Vergangenheit mit jeder neuen Regierung den Schulen eine neue Bildungsreform übergestülpt worden ist, ohne dass jemals ein Ziel formuliert wurde, auf welches hin sich die Schule entwickeln soll. Mit der Erkenntnis, dass im Schnitt vom erlernten Schulwissen bei jedem Schüler lediglich etwa 2% haften bleiben und angesichts der gigantischen Überfülle des theoretisch verfügbaren Wissens, ist es vernünftig, darüber nachzudenken, die Schüler stärker durch die Vermittlung sozialer Kompetenzen auf ihr Leben vorzubereiten, dazu gehört z.B. das Erarbeiten von Problemlösungsstrategien, das Erlernen gewaltfreier Kommunikation, das Formulieren konstruktiver Kritik, das Einstehen für Überzeugungen, Zivilcourage, etc.

        Herr Kramer ist offensichtlich nicht dieser Meinung, aber anstatt konstruktiv einen Gegenentwurf in den Raum zu stellen, würdigt er die Arbeit Prechts als ‚diffuse Grundsätzlichkeit’ und ‚schwammiges Plädoyer für ein irgendwie freieres Lernen’ herab.

  • AG
    Aktion gute Schule e.V.

    Sehr geehrter Herr Kramer,

     

    ich lade Sie ein, sich anzusehen, was die von Ihnen als Schulverächter bezeichneten Menschen unter einer guten Schule verstehen.

     

    VG Thomas Becker

     

    Aktion gute Schule e.V.

    www.guteschule.eu

  • JD
    jóia de mattos

    @ herr kramer: sie haben Kinder? sie kennen sich also praktisch auch aus? ich glaube - leider - nicht.

  • E
    Einbildung

    Das Problem ist kein rein strukturelles, schauen Sie sich doch bitte einmal die Lehrerausbildung an!

     

    Besonders bei den Gymnasiallehrern fällt auf, dass Sie in Ihrer Ausbildung keinen einzigen sozial-, geistes-, gesellschafts- oder naturwissenschaftlichen Ansatz erlernen, der Ihnen hilf den Menschen, d.h. die Eltern und Kinder besser zu verstehen. Nicht selten bitten deshalb sehr kluge Lehrer um Rat, wenn Sie auf Grund Ihrer Ausbildung nicht wissen was sie tun bzw. tun sollen!

     

    Etwas ganz anderes ist die absurde Kritik an dem neurobiologen Gerald Hüther:" Er sei lediglich wissenschaftlicher Mitarbeiter und nicht an einem "ELITE" Forschungsprojekt beteiligt"! Ganz ehrlich Herr Kramer, haben Sie überhaupt schon einmal eine Universität von innen gesehen und sich mit den Strukturen im Wissenschaftsbetrieb auseinander gesetzt? Wissen Sie überhaupt das es mehr als einen Intelligenz Test gibt und das der Intelligenzquotient nichts mit dem später erreichtem Schulabschluss zu tun hat?

     

    So ist es allgemein anerkannt, dass der Schulabschluss etwas über die sozialökonomische Lage aussagt, in der sich ein Mensch befindet.

     

    Der Intelligenzquotient (sofern er methodisch richtig gemessen wurde "z.B. unter Berücksichtigung der sozialen Lage, kulturelle Bedingtheiten usw.") sagt demgegenüber viel mehr über bestimmte Fähigkeiten aus, mit denen abstrakte Alltagsprobleme bewältigen werden können.

     

    Sie vermischen diese beiden Sachverhalte beliebig und vermuten zudem eine einfache Kausalität zwischen dem Schulabschluss und der Intelligenz. Vielleicht sollten Sie mit solch erst einmal mit den einzelnen Forschungsgrundlagen vertraut machen, bevor sie solch reißerische Artikel schreiben.

    • S
      Scottberlin
      @Einbildung:

      Volle Zustimmung, insbesondere an der Arroganz gegenüber dem unelitären Hüther.

  • Ich habe den Film noch nicht gesehen, habe aber das Buch vom Precht gelesen (im Gegensatz zu Kramer), und auch durch eigene Erfahrung steht für mich fest das Schulen und Unis heute nur ein leeres und mechanisches System sind die Selbstentfaltung, Kreativität und Eigeninitiative sicher nicht fördern und sogar unterdrücken. Bildung ist nur ein industrielles System geworden, konzipiert für das Eintrichtern von Wissen, wie am Fließband, und wo man kaum die eigenen Interessen verfolgen und das eigen Potenzial entfalten darf. Gut, dass es endlich Prechts & co. gibt die mal sagen, dass es Zeit ist, das zu ändern!

    • S
      Scottberlin
      @Barshan:

      Ganz richtig, gut dass es Precht & Co. gibt, die die Defizite beim Namen nennen. Kramer ist ein mittels der TAZ links verkleideter Konservativer, ein Verteidiger des Status Quo.

  • T
    T.V.

    Macht also der Nachweis, daß auch unter den Bildungskritikern viele Menschen kurzsichtig merkwürdige Dinge predigen, die jetzige Schule zur besten aller Schulen? Das Fazit ist jedenfalls nicht besser. Da resümiert jemand der sich angegriffen fühlt, nicht merkt, daß nur noch der Bauch übrig bleibt, wenn der Kopf seit Jahrzehnten vor Mauern rennt und selbst der Bauch liefert noch mehr Argumente für eine Veränderung der Schulen (und Kindergärten und Universitäten) als der Autor dagegen. Verachtung ist da nirgends, nur die oft bestätigte Einsicht, daß die Schule wie sie ist primär der Wirtschaft gerecht wird.

    Das zu erkennen hätte ich von dem Bildungsredakteur einer sich links nennenden TAZ erwartet.

  • mein Vorschlag, wir stecken endlich die Milliarden von Euros, die uns vom Staat jedes Jahr für die Kirchen abgenommen werden, in unser Schulsystem.

    • @Tadeusz Kantor:

      Man kann den Eindruck bekommen, dass genau das nicht gewollt ist, weil es dann keine Schulverlierer mehr gibt und dann niemand mehr dazu genötigt werden kann, den Müll runter zu bringen.

  • Frage: Glaubt jemand, man könne bessere Lernbedingungen garantieren, ohne die personelle Ausstattung zu verbessern und die Klassen kleiner zu machen? Glaubt jemand, es helfe allen Schüler/innen, einfach alles in Projekte zu packen? Ich habe die Schüler/innen bisher so verschieden gefunden, dass einige mit Projekten gut umgehen können, andere wesentlich mehr Struktur und Führung brauchen und viele mal das eine und mal das andere. Und bei 30 "Individuen" kann ich oft nur nach Mehrheit gehen und die knappe Zeit nach bestem Gewissen zu nutzen suchen. Und für diese Flexibilität darf eine Klasse nicht zu groß sein und muss eine Lehrkraft die Aufmerksamkeit und die Nerven haben. Sonst ist das rein monokausal und akademisch. Jede/n Schüler/in gemäß den jeweiligen Fähigkeiten usw individuell zu fördern ist ein hehres Ziel - aber dann sagen Sie doch auch, dass das mit 30-32 pro Klassen menschenunmöglich ist. Der Precht ist abgehoben, monokausal und ignoriert die 50% des Bildungsjobs, den die Eltern zB gemäß Schulgeestz NRW machen müssen. Wenn die Eltern mitmachen bein mühsamen Geschäft des Lernens und der Hausaufgaben, gibt es in der Praxis wesentlich weniger Probleme. Aber das hat System und ist keine Frage der Methodik. Schlechte Lehrkräfte gibt es - fragen Sie doch mal die Schulministerien, wieso da nicht mehr kontrolliert wird - auch da fehlen die Stellen. Es wäre-wenn gewollt-kein Problem, alle Lehrkräfte regelmäßig zu kontrollieren. Aber das würde die Bedingungen nur in krassen Einzelfällen verbessern.

  • Sehr geehrter Herr Kramer, haben Sie das Buch Prechts überhaupt gelesen? Herr Precht stellt fest, dass die Art und Weise, wie die Schüler in unserem Schulsystem belehrt werden, in krassem Gegensatz zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen steht, wie Schüler lernen müssten. Unser Schulsystem nimmt in keiner Weise Rücksicht auf den Entwicklungsstand, die Interessen oder das Alter des einzelnen Schülers, geschweige denn darauf, dass Lerninhalte in einem Sinnzusammenhang gelernt werden müssen, um haften zu bleiben. Das Aneignen von isoliertem Wissen führt nur zum ebenfalls von Herrn Precht angeprangerten Bulimielernen. Auch hängt der Lernerfolg entscheidend von der Motivation der Schüler ab. Ich denke, dass Prechts Plädoyer für erlebbares Lernen in Projekten statt des heute immer noch vorherrschenden Frontalunterrichts für jeden nachvollziehbar auf ein nachhaltig positives Ergebnis zielt. Und das Wichtigste dabei: die Zahl der Schulversager würde gegen Null tendieren, wenn jeder Schüler gemäß seiner Talente und seinem Entwicklungsstand gefördert würde, ganz zu schweigen von den unzähligen positiven Nebeneffekten, wie dem Wegfall von Versagensängsten, Notendruck, Überforderung der Eltern. Es herrschte Chancengleichheit für jeden, egal aus welchem Elternhaus er stammt. Ein Effekt, den die Precht’sche Schule mit sich bringen würde und der mir persönlich am Herzen liegt ist, dass für Jedermann ersichtlich würde, dass es keine dummen Kinder gibt, sondern dass sie dazu gemacht werden, denn die neurobiologischen Voraussetzungen aller Kinder, so sie nicht hirnorganisch geschädigt sind, sind zunächst alle gleich. Erst durch unterschiedliche Förderung werden Eliteschüler oder Versager daraus. Wenn also ein Schüler ein Zeugnis voller 5er hat, ist er nicht dumm, sondern das Schulsystem hat versagt. Wenn Sie, Herr Kramer, das Gegenteil behaupten, dann lade ich Sie zu einer Tasse Kaffee ein und zeige ich Ihnen mal meine Schulzeugnisse. […]

    • @Andreas Bremerich:

      Das 5er Zeugnis - Bildung ist nach GG und den Schulgesetzen eine gemeinsame Aufgabe von Schule und Eltern - NRW fordert die "partnerschaftliche Zusammenarbeit" - also sind dann logisch beide "schuld". Das entspricht meiner Erfahrung. Die Schulen in D sind absichtlich nicht allein für die Bildungsergebnisse verantwortlich. Wenn die Eltern nicht wollen oder können, kann das natürlich nicht funktionieren. Oder sie beziehen die Eltern in den Begriff "Schulsystem" ein. Das wäre korrekt.

      • @guido-nrw:

        Natürlich müsste in einem Schulsystem, das keine Versager produzteren soll, da, wo die Eltern ihrem Bildungsauftrag nicht nachkommen können, die Schule in die Bresche springen. Das Totschlagargument, nach welcher ein solches System nicht zu bezahlen wäre und ins Phantasiereich abgeschoben wird, greift im Falle der Precht’schen Schule nicht, da er mit Recht anmerkt, dass der Erhalt von Kindergeld bei einem jährlichen Familieneinkommen von mehr als 70.000 € nicht zu rechtfertigen ist. Vor dem Hintergrund von milliardenschweren Bankenrettungspaketen würde es zudem einer Bankrotterklärung der Politik gleichkommen, wenn man die eklatante Schieflage zwischen dem jetzigen Zustand des Schulsystems und den wissenschaftlichen Erkenntnissen, wie eine optimale Schule aussehen müsste, ignorierte und gleichzeitig behauptet, die Bildungspolitik habe Priorität.

  • Es ist insgesamt zu begrüßen, dass solche Themen Öffentlichkeit kriegen und Eltern sich interessieren und einmischen. Wir können froh sein, wenn es Eltern gibt, die sich darum kümmern, wie ihre Kinder aufwachsen, wie sie betreut und gebildet werden.

     

    @ AJKI Vielleicht sollte man sich mit dem Thema auch auseinandersetzen, statt seine Meinung auf die Meinung einzelner Redakteurs-Meinungen zu bauen. Auch wenn die Herren Hüther & Co damit Geld verdienen, auf eine durchaus polemische Art und Weise: besser es werden solche Themen SO öffentlich und wahr genommen, als gar nicht!

     

    Die von Ihnen vermuteten verschwörerischen Hintergründe werden von den Herren nie geäussert. Kritik am bestehenden System heisst nicht gleich das System abschaffen zu wollen und durch ein privates, kapitalistisches, ungerechtes Bildungssystem zu ersetzen, sondern im Endeffekt das bestehende zu verändern. Ich denke bei genauerer Betrachtung der Bücher, Sendungen, Vorträge … von den Herrschaften, sollte Ihnen das klarer werden.

     

    Viele der von den Herren erwähnten Ansätze fließen schon in die aktuelle Lehrerausbildung ein und sind auch nicht neu. Die Umsetzung ist dann allerdings ein langer Prozess, der oft durch alte Lehrer !!! behindert wird. Das dazu noch einiges an Geld=Personal fehlt, ist dann sicher auch noch ein Punkt.

     

    @ GUIDO-NRW

    Niemand sagt, alle sollen in die Privatschule. Es geht im Endeffekt um die Reform der Schulen, der Öffentlichen. Das diese unterfinanziert sind ist auch den »Gurus« bekannt und thematisiert.

     

    Das Lehrer beleidigt sind, liegt an deren »Ich bin Lehrer also Gott«-Attitüde. Zum Glück trifft das nur auf einzelne Lehrer zu. Und zum Glück lassen sich nicht mehr alle Eltern von solchen aufgeblasenen Egos unterbuttern.

  • ZG
    zu Gast

    Marode Schulen und Sparzwang führen direkt in die Bertelsmannisierung des Bildungssystems mit Hinblick auf die wirtschaftliche Verwertbarkeitmachung von jungem Humankapital. Steckt dahinter etwa nicht purer und zynischer Neoliberalismus?

  • B
    Brennessel

    "Die Schule, wie wir sie kennen, deformiert den Menschen. Sie drillt und dressiert, erstickt Potenziale, zwingt Kinder in einen unheilvollen Wettbewerb und macht nicht klüger und glücklicher, sondern im Zweifel dumm und einfallslos."

    Das wirkt doch wie ein Spiegel unserer GEsellschaft. Mehr meher mehr, das wird uns doch von Anfang an in unsere Köpfe gedrillt. dann ist es doch kein Wunder wenn die Schulen sich dem anpassen. Davon mal abgesehen, dass Schule vor hundert Jahren bestimmt krasser war. Aber wie solen denn unserer Kinder ordentlich lernen und deren Lehrer ordentlich lehren, wenn der ständige Kostendruck, der alle sozialen Instututionen unseres Landes im Würgegriff hält, über ihnen schwebt. Wer Qualität will muss auch dafür bezahlen.

  • H
    Heinz

    Ich habe den Film nicht gesehen, werde es aber tun, weil der Artikel so heftig dagegen argumentiert, so daß ich mich Frage wieso der Autor der Taz scheinbar mehr Angst vor reformistischen Gedankengut hat, als vor den bestehenden Bildungssystemen. Mir macht beides gleichermaßen Angst, da weder Journalisten noch Wissenschaftler, noch Pädagogen wirklich erklären können, was Bildung eigentlich ist. Unbestritten ist allerdings in allen pädagogischen Fachrichtungen, daß sie individuell stattfindet. Warum sollte sie dann nicht beim Individuum beginnen? Im übrigen ist die Diskussion so alt wie die Pädagogik und keiner hat bisher überzeugende Konzepte umsetzen können.

  • M
    Markus

    Es wundert mich nicht, dass jemand der Intelligenztests huldigt, Meinungen herabwürdigt nur weil von jemandem geäußert der keine "wissenschaftlichen Meriten" hat und von aktueller Schule anscheinend keine Ahnung hat, den Versuch tadelt unser katastrophales Bildungssystem auch wirklich jedem ins Bewußtsein zu heben.

    Herr Kramer entlarvt sich hier meiner Meinung nach selbst als stromlinienförmiges Produkt einer Bildung, die morgen keiner mehr braucht.

    • S
      Scottberlin
      @Markus:

      Genau: Herr Kramer entlarvt sich selbst.

  • J
    John

    Das Bildungssystem ist wirklich katastrophal. Da wird Kindern bereits im Kindergarten eine Zweitsprache beigebracht, sie werden alle für das wirtschaftliche Leben später gedrillt. Es geht nicht mehr um die Selbstentfaltung, man bringt den Kindern keine Dinge mehr bei, die sie zum nachdenken anregen sollen (etwa Philosophie), sondern nur noch Mathe und Co. Vielleicht werden bald die Eltern ihre Kinder schon im Alter von 8 oder 9 in irgendwelche Praktika stecken, um bereits "Connections" für die Zukunft zu schaffen.

    Lasst die Kinder erstmal Kinder sein und sie erst mit dem "echten" Leben konfrontieren, wenn es sein muss, nämlich in der Grundschule.

    Allerdings kann ich mit den im Artikel getroffenen Aussagen von Precht und Co auch nur wenig anfangen.

  • G
    Gast

    Sie stellen Gerald Hüther in Frage weil er "nur" wissenschaftlicher Mitarbeiter ist und nicht mal einen Lehrstuhl inne hat. Wow, das ist ja mal ein Argument!!! Nicht im Exellenzkluster? Meine Güte, denn genau das steht ja für wirklich richtige und qualifizierte Meinungen!

     

    Welche Qualifikationen haben Sie denn, werter Autor, dass wir Ihre Meinung ernst nehmen sollen. Die Thesen von G. Hüther kann man gerne anzweifeln, das ist aber nur geschwurbel.

     

    Ich bekomme den Eindruck nicht los, dass Sie genau das machen, was Sie den Schulgegnern vorwerfen. Verachtung, Argumentationsopportunismus und und und

  • Auch der Grundwiderspruch zwischen "freiem Lernen" und den immer zentraleren Prüfungen wird von den Gurus nicht angesprochen - sie wollen ihre Bücher verkaufen und nicht ein Konzept für eine bessere Schule schaffen. Typisch auch, dass die Gurus nie über das Geld reden - denn die Unterfinanzierung ist das Hauptproblem der staatlichen Schulen. Man tut aber so, als seien dort Unfähige am Dilettieren und das ist für alle Lehrkräfte - und Schüler/innen - beleidigend. Wer mit 32 Kindern in 45 Minuten Lernergebnisse in Prüfungsfächern realisieren soll, der kann nicht, wie auf dem Foto, mit 10 Kindern und Hund im deutschen Wald sitzen. Da müssen die Bedingungen verbessert werden. So hat Finnland pro Kind fünfmal so viel Zeit durch kleinere Klassen und Doppelbesetzungen - das schaffen wir nicht mal als Forderung mit nicht schulfähigen Kindern bei der so genannten "Inklusion". Wir wollen nicht mehr für Bildung ausgeben. So einfach ist das.

    Fazit: Die Spaltung unserer Gesellschaft wird durch diese modernen "Propheten" und Geschäftemacher vergrößert. Die Bildungswilligen wollen sich mit ihren Kindern in die Privatschulen absetzen, um dem Spar-Elend der staatlichen Schulen zu entkommen. Gleichzeitig können wir und noch mehr Bildungsverlierende nicht leisten - aber wir tun es trotzdem. Die Politik versagt und die Wählenden schauen zu. Keine Hoffnung in Sicht.

    • S
      Scottberlin
      @guido-nrw:

      "Typisch auch, dass die Gurus nie über das Geld reden - denn die Unterfinanzierung ist das Hauptproblem der staatlichen Schulen. "

      Wieder mal einer, der Precht nicht gelesen hat, aber meint drüber urteilen zu können.

      Selbstverständlich fordert auch Precht eine massive Erhöhung der Bildungsausgaben - auch durch ein gerechteres Steuersystem.

  • M
    mensing

    (Teil 2 – Fortsetzung)

    An Schulen die nach den Ideen von Montessori arbeiten, wird auf das individuelle Lerntempo der Kinder sowie auf ihre individuellen Interessen Rücksicht genommen. Alle arbeiten nach ihrem eigenen Tages- oder Wochenplan und zum Ende der Schulzeit (i.d.R. nach 10 Jahren/ Mittlere Reife) haben dennoch alle die vom Bildungsministerium vorgegebenen Pläne umgesetzt.

    Nicht jeder Absolvent wird Professor, die Schulzeit wurde aber mit weniger Kränkung erlebt und das Lernen an sich bleibt positiv besetzt. Schließlich sollten wir auch nach dem Schulabschluss weiter lernen (wollen).

     

    Dass solch freiere Bildungsangebote an staatlichen Schulen nur selten zu finden sind, ist bedauerlich. Montessori-Schulen müssen sich über Schulgeld teil-finanzieren, da sie im Vergleich zu staatlichen Schulen deutlich geringere Zuschüsse erhalten, obgleich sie höhere Personalkosten haben (kleine Lerngruppen).

     

    Die Ungleichheit der Bildungschancen ließe sich verringern, indem die Freien Schulen stärker finanziell unterstützt würden, so dass das Schulgeld obsolet würde. Oder aber, man lässt auch an staatlichen Schulen freiere Lernformen zu, bei gleichzeitiger Aufstockung des Lehrpersonals, um die individuellere Betreuung der Schüler gewährleisten zu können. Letzteres würde ich begrüßenswert finden!

    • S
      Scottberlin
      @mensing:

      "...man lässt auch an staatlichen Schulen freiere Lernformen zu, bei gleichzeitiger Aufstockung des Lehrpersonals, um die individuellere Betreuung der Schüler gewährleisten zu können. Letzteres würde ich begrüßenswert finden!"

       

      Volle Zustimmung!

  • M
    mensing

    Lieber Herr Kramer,

    geht es in Ihrem Artikel wirklich um den Kinofilm

    oder nehmen Sie den Film vielleicht nur zum Anlass,

    einen Rundumschlag gegen Schulkritiker auszuführen?

     

    Ihre Kritik bleibt dabei oberflächlich und gleichfalls argumentationsschwach.

     

    Ich finde es richtig, darüber nachzudenken, wie Schule so verändert werden kann,

    dass mehr Schüler kenntnisreich – und mit hohen Bildungsabschlüssen – daraus hervorgehen.

    Dass in Deutschland Bildung an den Geldbeutel der Eltern geknüpft ist,

    wurde in den vergangenen Jahren mehrfach dargelegt.

    Dass diese begüterten Eltern es sich leisten können,

    ihre Kinder auf reformpädagogische Privatschulen zu schicken,

    oder Nachhilfelehrer zu beschäftigen, ist klar.

     

    Wesentlich an den Ideen der Schulkritiker ist – meines Erachtens nach –

    die Ablehnung von Zwang und dem Lernen im Gleichschritt.

    Das kennen wir auch von uns Erwachsenen:

    Wenn wir arbeiten / lernen / Sport treiben wollen dürfen, klappt es viel besser,

    als wenn wir – unter Zwang – sollen müssen. (Ich hoffe, das ist verständlich ausgedrückt.)

     

    (Teil 1)

  • S
    Susanna

    Also eins ist ja wohl mal klar: Von der Schule, wie sie jetzt im Moment ist, profitieren allerhöchstens die Kinder gebildeter Eltern, die mit dem Gymnasium quasi umsonst Privatschulatmosphäre geboten bekommen. Sonst niemand. Dass auch denen das Gymnasium nicht gut tut, ist nicht schwer feststellbar. Also warum nicht was ändern? Es gibt ja Länder, die es anders machen, so kryptisch ist das gar nicht.

    Und aus meiner eigenen Erfahrung kann ich sagen: Als ich nach 10 Arbeitsjahren zum ersten Mal studieren ging, war die erste oder zweite Frage meiner, frisch vom Abitur kommenden Mitstudierenden in JEDER Vorlesung: Kommt das in der Prüfung vor? Wenn die Antwort 'Nein' war, kamen nach der Pause nur noch die Hälfte. Höchstens.

    Es war ihnen außerdem oft unmöglich, Dinge mal auf eine ganzheitliche Art zu betrachten oder auf sich selbst Bezug zu nehmen. Auswendiglernen ging dafür super. Ich war auf eine Gesamtschule gegangen (ohne Abitur), und hatte, außer beim Auswendiglernen, wesentlich mehr Spaß und Interesse am Studium. Es war für mich ein ganz schöner Augenöffner, was an deutschen Gymnasium eigentlich am Ende rauskommt - was bei Real- und Hauptschulen rauskommt, ist ja ein bisschen offensichtlicher.

    Also was genau wird jetzt hier im Artikel kritisiert? dass dieses Schulsystem kritisiert wird? Das so offensichtlich kein bisschen das tut, was es soll, nicht mal vom wirtschaftlichen Aspekt her gesehen? Das die einen Kinder aussortiert und die anderen unsäglich unter Druck setzt, immer mit der Drohung, sonst selbst aussortiert zu werden? Wenn es auch anders geht?

    • S
      Scottberlin
      @Susanna:

      Guter Kommentar!

  • Den Film kenne ich nicht und ich bin dankbar dafür, dass das dank dieser Kurzbeschreibung auch so bleiben wird. Denn das Thema des Liedes, das auch in diesem Machwerk gesungen wird, ist leider nur allzu gut bekannt.

     

    Der Autor deutet das Motiv der diversen "Revolutionäre" des Bildungssystems nur an - ich spreche es deutlicher aus: was Leute wie der unsägliche Hüther etc. wollen, ist ein privatisierter "Bildungs"-Markt, in dem alle möglichen und vor allem unmöglichen Schwurbelkonzepte "gleichberechtigt" als Auswahlangebote dargeboten werden. Das läuft dann vor dem Hintergrund der Diffamierung des regulären öffentlichen Schulsystems als qualitativ schlechtem Minimalsystem darauf hinaus, dass die "Käufer" (= Eltern) die "Ware" (= Kinder) durch diverse erfolgsversprechende Strategien "aufwerten" lassen können/sollen.

     

    Am Ende wird es so sein wie bei allen anderen Warensystemen - alle werden sich um die Mode à jour zahlend bemühen, die meisten werden glauben, nicht gerecht zum Zuge kommen zu können und alle werden Verlierer privater Kapitalakkumulation sein. Und danach werden sie wieder greinen, wie schön und gerecht es doch früher war - und zwar besonderes diejenigen, die heute solchen Kasperlfiguren wie Hüther frenetischen Beifall zollen.

    • S
      Scottberlin
      @ajki:

      Wieder jemand, der zwar den Film nicht gesehen hat und offenbar auch Prechts Buch nicht gelesen hat, aber alles eh schon weiß. Kein Wunder, dass bei solcher weit verbreiteten Oberflächlichkeit die dringend notwendigen Änderungen im Bildungssystem auf der Stelle treten. Die weit überwiegende Mehrzahl der Kommentare macht das deutlich, sie sind das eigentlich Wertviolle an diesem Artikel. Diesen könnte man ansonsten in der Pfeife rauchen.

    • H
      Holareiduljo
      @ajki:

      Was spielen sie sich als Richter auf ? Sie sind nicht besser als diejengigen über die sie herziehen. Lassen sie die Leute gefälligst selber entscheiden, was für eine Bildung diese vorbevorzugen. Am staatlichen Schulscheiß hat sich bis dato nur wenig verbessert !