Kindesmissbrauch durch Boygroup-Manager: Japans Medien haben weggeschaut
Johnny Kitagawas Talentagentur kontrollierte mehrere von Japans beliebtesten Boybands. Doch der Manager missbrauchte Tänzer und Sänger.
„Sie haben versucht, auf meine Gefühle Rücksicht zu nehmen“, sagte Shimon Ishimaru nach dem Treffen mit den UN-Menschenrechtlern. Der heute 55-Jährige ist Vizechef einer kürzlich gegründeten Vereinigung der Opfer Kitagawas.
Japanische Medien taten jetzt so, als ob die UN-Befragung ganz normal sei, ohne zu erwähnen, dass sie seit Jahrzehnten vom Missbrauch gewusst und diesen verschwiegen hatten. Dabei stellte ein Gericht 2004 fest, dass anonyme Anschuldigungen gegen Kitagawa von zwölf Tänzern und Sängern in einem unabhängigen Magazin wahr seien.
Aber die Presse hielt sich an ihre selbstauferlegte Omertà. Denn Kitagawa kontrollierte Japans beliebtesten Boybands wie Smap und Arashi, deren Auftritte in Shows und Talkrunden den TV-Sendern hohe Quoten und Werbeeinnahmen brachten. Die Staatsanwaltschaft handelte nicht, weil Opfer ihre Vorwürfe anonym erhoben und Sex mit Teenagern ab 13 Jahren damals noch legal war.
Zum Idol verklärt
Eine BBC-Dokumentation über Kitagawas Missbrauch im März brach das Gesetz des Schweigens. Danach erklärten mehrere Männer öffentlich, Kitagawa habe sie als Teenager bei Übernachtungen in dessen Penthouse im In-Viertel-Shibuya missbraucht. Ein Betroffener war der damals 15-jährige Kazuya Nakamura, der in das Trainingslager „Johnny’s Jr.“ für Tänzer und Sänger aufgenommen wurde. Kitagawa wählte die Schüler selbst aus, womöglich nach seinem sexuellen Geschmack.
Doch solche Aussagen schafften es immer noch nicht auf die Titelseiten oder in die TV-Hauptnachrichten, nur wenige Journalisten übten Selbstkritik. Auf Twitter empörten sich manche, dass Kitagawa einst zum Idol verklärt wurde. Andere verteidigten ihn, die Teenager hätten in der Hoffnung auf Ruhm dem Sex zugestimmt. Die Präsidentin von Johnny & Associates, Kitagawas Nichte Julie Keiko Fujishima, entschuldigte sich nur knapp auf Youtube.
Sie beauftragte einen Ex-Staatsanwalt, die Vorwürfe zu untersuchen. Er gehe davon aus, dass es zum Missbrauch gekommen sei, sagte der Jurist. Doch das Opfer Nakamura berichtete, er habe die Ermittler nicht erreichen können. Er organisiert nun eine Sammelklage. „Es ist wichtig, dass wir unsere Stimme erheben“, erklärte der heute 36-Jährige.
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