Kinder in Syrien: Gefoltert, vergewaltigt, bewaffnet
Die UN wirft der syrischen Regierung und oppositionellen Gruppen Verbrechen an Minderjährigen vor. Dazu gehören Zwangsrekrutierungen und Folter.
NEW YORK/BERLIN taz | Die UNO wirft Regierung und Opposition in Syrien schwere Kindesmisshandlungen vor. Die Regierung foltere Kinder und Jugendliche, die Opposition rekrutiere Minderjährige in Flüchtlingslagern in den Nachbarländern für den Kampf. „Das Leid der Kinder in Syrien seit Beginn des Konflikts ist unaussprechlich und inakzeptabel“, sagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in dem am Dienstag veröffentlichten Bericht.
Die Untersuchung eines UN-Teams vor Ort erstreckte sich auf den Zeitraum vom 1. März 2011, also dem Beginn des Aufstandes, bis zum 15. November 2013. Angesichts von Sicherheits- und Zugangsproblemen in Syrien konnte des Team nur eine begrenzte Zahl von Menschenrechtsverletzungen an Kindern vor Ort untersuchen.
Daher wurden auch zahlreiche Flüchtlinge befragt. Doch die Summe der Berichte von Opfern und Zeugen, darunter Kinder sowie Erwachsene, bestätigt, dass es zahlreiche schwere Menschenrechtsverletzungen an Kindern gibt, wie es in dem Report heißt.
Dabei spielt laut Ban auch die vom Westen gestützte Opposition eine unrühmliche Rolle. Sie setze Jugendliche auch als Kämpfer ein. Andere werden dem Bericht zufolge an Kontrollposten eingesetzt, beim Waffenschmuggel, als Wache, Bote oder Spion oder für Tätigkeiten wie Koch oder Träger.
Aus Mangel an Bildung und Arbeitsmöglichkeiten entschieden sich Minderjährige in Flüchtlingslagern, zu den Waffen zu greifen. „Viele Jungen geben an, dass sie es als ihre Pflicht empfunden haben, sich der Opposition anzuschließen“, sagte Ban. Die Täter sind dem Bericht zufolge in den Reihen bewaffneter kurdischer Gruppen, der Freien Syrischen Armee, Ahrar al-Scham, den beiden al-Qaida-nahen Organisationen Isis und Nusra-Front sowie weiteren Gruppen zu finden.
Elektroschocks, Vergewaltigung und Scheinhinrichtungen
Auch Regierungstruppen und regierungstreue Milizen schüchterten immer wieder Jugendliche an Kontrollpunkten ein und drängten sie dazu, sich ihnen anzuschließen, heißt es in dem Bericht weiter. Die Regierung foltere zudem Kinder und Jugendliche, die angeblich oder tatsächlich Verbindungen zur Opposition hätten oder deren Verwandten dies vorgeworfen werde.
Zu den Instrumenten der Folterer gehörten Schläge, Elektroschocks auch an den Genitalien, das Ausreißen von Finger- und Zehennägeln, Vergewaltigung, Scheinhinrichtungen oder Konfrontation mit der Folter von Angehörigen. Hier listet der Bericht eine ganze Reihe von staatlichen Organisationen als Täter auf, zu denen gleiche mehrere Geheimdienste gehören, die Armee sowie die Schabiha-Miliz und die Volkskomitees, die unter dem Namen Nationale Verteidigungskräfte reorganisiert wurden.
Es ist nicht das erste Mal, dass die UNO den Konfliktparteien Misshandlung von Kindern vorwirft, aber noch nie wurden so viele Details genannt. Seit den friedlichen Demonstration von 2011 kamen bei den Kämpfen in Syrien bislang über 130.000 Menschen ums Leben, darunter über 10.000 Kinder. (Mit Material von reuters)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen