Kinder fragen, die taz antwortet: Warum hat Deutschland keinen König?
Wir wollen von Kindern wissen, welche Fragen sie beschäftigen. Diese Frage kommt von Jonathan, 6 Jahre alt.
Früher war die „absolute Monarchie“ eine Staatsform, bei der eine einzelne Person die gesamte Macht über ein Land hatte. Eine Person, die nicht vom Volk gewählt wurde. Das gibt es heute nur noch in wenigen Ländern, in Saudi-Arabien zum Beispiel.
Die allermeisten König*innen haben inzwischen fast keine politische Macht mehr: Sie unterzeichnen Gesetze, halten Reden, besuchen andere Länder. Die Entscheidungen trifft ein vom Volk gewähltes Parlament. Daher heißen diese Monarchien auch „parlamentarische Monarchien“ (Niederlande, Spanien, Dänemark oder Großbritannien zum Beispiel).
Deutschland ist keine Monarchie, sondern eine Republik, und deshalb haben wir keinen König, sondern eine Kanzlerin. In Deutschland wählen die Bürger das Parlament, und das wählt dann die Bundeskanzlerin, zurzeit ist das Angela Merkel. Jeder Deutsche kann Kanzler werden (du auch, Jonathan!). Bei Königen ist das anders. Wenn einer stirbt, vererbt er sein Amt an seine Kinder.
Doch bis vor etwas mehr als hundert Jahren war auch Deutschland eine Monarchie, es gab also auch hierzulande Könige und Kaiser. Der letzte deutsche Kaiser war Wilhelm der Zweite. Warum die Monarchie bei uns endete? Das erklärt mir Michael Dreyer, er ist Politikwissenschaftler und lehrt an der Uni Jena.
„Im Jahr 1918 verlor Deutschland einen schrecklichen Krieg, den Ersten Weltkrieg. Es gab sehr viele Tote, und die Lebenden hatten oft nicht genug zu essen“, sagt der Professor. „Am Ende des Krieges machten die Menschen den Kaiser Wilhelm dafür verantwortlich, dass er nicht rechtzeitig für Frieden gesorgt hatte. Er flüchtete dann in die Niederlande und kam nie wieder – aber es wollte auch niemand, dass er wiederkam.“ Seitdem gibt es in Deutschland keine Kaiser und Könige mehr.
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Könnte Deutschland wieder zu einer Monarchie werden? „Deutschland hat, wie fast alle Länder der Welt, eine Verfassung, die die wichtigsten Regeln für die Politik festlegt. Diese Verfassung sieht keinen König vor, und um ihn einzuführen, müsste man die Regeln ändern. Das ist schwierig, aber nicht unmöglich“, sagt Dreyer. Er glaubt aber nicht, dass das passieren wird, denn kaum jemand vermisse den König.
Falls du mehr wissen möchtest, lieber Jonathan, sollst du Professor Dreyer anrufen – das hat er mir extra geschrieben. Dann wärst du „vermutlich der einzige Sechsjährige in Deutschland, der einen wildfremden Professor als sein privates Auskunftsbüro hätte.“
Welche Fragen beschäftigen Ihre Kinder? Schreiben Sie uns an kinderfragen@taz.de
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