Kinder fragen, die taz antwortet: Warum verdienen die so wenig?
Die achtjährige Mathilda möchte wissen, warum Menschen, die in helfenden Berufen arbeiten, oft so wenig Geld verdienen.
Anfang November wollten wir von Kindern wissen, welche Fragen ihnen zurzeit unter den Nägeln brennen. Manche Anliegen waren fast philosophisch, andere ganz konkret. Hier beantworten wir jede Woche eine ihrer Fragen.
Könnt Ihr Euch noch daran erinnern, dass während des ersten Lockdowns viele auf ihren Balkonen standen und klatschten? Sie wollten den Pflegekräften und Verkäufer:innen ihre Dankbarkeit zeigen, weil die trotz Infektionsgefahr dafür sorgten, dass die Welt weiterlief. Doch diese Geste kam nicht bei allen gut an. Statt Applaus würden sie lieber mehr Geld bekommen, sagten die Betroffenen.
Und mit einem Mal wurde unübersehbar, wie ungerecht der Lohn verteilt ist. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass die achtjährige Mathilda darüber nachdenkt, warum in manchen Berufen so wenig bezahlt wird, obwohl die besonders herausfordernd sind – und das nicht nur zur Coronazeit.
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Ein Anruf bei Simon Junker vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Er beantwortet die Frage mit einem Beispiel: „Stellen wir uns mal einen Bauleiter vor“, sagt er. „Der ist planerisch so geschickt, dass er ein Haus nicht in 50, sondern in 40 Tagen errichten kann.“ Damit erspart er dem Bauherrn erhebliche Kosten und den Bauarbeitern jede Menge Arbeit. Das heißt in der Ökonomiesprache, dass der Bauleiter besonders produktiv ist, und dafür bekommt er einen hohen Lohn. Die Pflegekraft kann dagegen höchstens beeinflussen, wie schnell sie arbeitet und ob sie an einem Tag 20 oder 25 Patient:innen versorgt, und kann deshalb nur eine viel begrenztere Menge an Arbeitskraft und Geld einsparen als der Bauleiter.
Hinzu kommt, dass die Arbeit einer Pflegekraft mehr Menschen machen können als die Arbeit eines Bauleiters, der für seinen Job ein unternehmerisches Talent benötigt. Deshalb gibt es auch mehr Pflegekräfte als Bauleiter, was sich wiederum auf den Lohn auswirkt.
Aber kann man gar nichts gegen diese Lohnungerechtigkeit tun? „Doch“, sagt Malte Lübker von der Hans-Böckler-Stiftung. „Krankenpfleger und Verkäuferinnen können sich mit anderen Menschen ihres Berufszweigs zusammenschließen und gemeinsam für mehr Geld kämpfen. Dafür gibt es Gewerkschaften, in denen jeder Mitglied werden kann. Die gute Nachricht ist, dass der gemeinsame Kampf auch klappt, wie wir gerade in der Altenpflege gesehen haben.“
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