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Kinder fragen, die taz antwortetWarum gibt es Hausauf­gaben?

Wir wollten von Kindern wissen, welche Fragen sie zurzeit beschäftigen. Hier beantworten wir jede Woche eine davon.

Die Schwestern Milla und Juli machen ihre Hausaufgaben Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

Anfang November 2020 wollten wir von Kindern wissen, welche Fragen sie zurzeit beschäftigen. An dieser Stelle beantworten wir jede Woche eine davon. Die Frage nach Sinn und Zweck von Hausaufgaben kam von Kilian, 11 Jahre

Was für eine Frage – danke, Kilian! Es ist sehr klug, alltägliche Prozesse zu hinterfragen. Zurzeit ist deine Frage auch wegen der Pandemie interessant: Wenn der Unterricht zu Hause stattfindet und man trotzdem Hausaufgaben bekommt, ist der Tag dann eine nie endende Hausaufgabenstunde? Ich habe meine Hausaufgaben gemacht und mich an zwei Leh­re­r:in­nen gewandt, die versuchen, gute Antworten zu liefern.

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Frau Limmat (Gymnasium, Kunst und Englisch, Name geändert) erklärt es so: „Hausaufgaben dienen der Wiederholung und Festigung des Unterrichtsstoffs. Sie fördern selbstständiges Lernen. Im Idealfall entwickeln Schü­le­r:in­nen so neben dem Unterricht ihren eigenen Lernstil. Das fördert die Selbstkompetenz fürs spätere Leben. Es geht darum zu erkennen, wie man am besten eigenständig lernt. Je nach Methode, Stil und dem eigenen Tempo.

Meiner Meinung nach sollte Schule jedoch so funktionieren, dass keine Hausaufgaben mehr nötig sind: Freizeit zielt viel mehr auf die individuellen Stärken ab. Daher sollten all die oben genannten Punkte im Unterricht möglich gemacht werden.

Unser Schulsystem aber stammt noch aus Industrialisierungszeiten, daher kann dies leider nicht funktionieren. Stattdessen wird die Zeit für denselben Inhalt verkürzt, Hausaufgaben werden so zur notwendigen Ergänzung zum Unterricht – darauf läuft es hinaus. Ergo: Wir brauchen ein neues Konzept in Sachen Hausaufgaben. Aber so was von.“

Herr Reichardt (Gymnasium, Spanisch und Englisch) hat auch eine Antwort: „Für Hausaufgaben gibt es ganz verschiedene Gründe. Einer ist simple Wiederholung. Gerade in den Sprachen, aber auch allgemein ist Wiederholung wichtig. Es gibt auch die Möglichkeit, Phasen mit Erklärungen des Lehrers in der Stunde zu haben und die Übungszeit in die Hausaufgaben zu verlagern. Man optimiert die Zeit, die gemeinsam in der Klasse genutzt werden kann.

Nehmen wir das Beispiel Vokabeln lernen: Dazu braucht es keine wertvolle Schulzeit. Übrigens gibt es an unserer Schule derzeit gar keine Hausaufgaben. Das liegt daran, dass in der Zeit der Pandemie das Fernlernen und das konzentrierte Sitzen vor dem Bildschirm intensiver ist als der übliche Präsenzunterricht.“

Aber, Kilian, sei unbesorgt – auch Erwachsene haben Hausaufgaben. Nur nennen sie es dann: „Arbeit vom Büro mit nach Hause nehmen“.

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2 Kommentare

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  • Hausaufgaben dienen viel zu oft dazu, den misslungenen Unterricht auszugleichen. Hausaufgaben sind Strafe und Eingeständnis des Versagens vieler Schulkollegien, nicht intensiv darüber nachgedacht zu haben, wie der Komplex des Lernens gemeinsam gestaltet werden muss.



    Die Mär von der Festigung des Gelernten durch Hausarbeit oder die Ausgliederung des Unterrichts auf die Hausarbeit durch simple Aufgaben macht das Elend deutscher Unterrichts"kultur" sichtbar.

    Besonders verwerflich sind Hausarbeiten, wenn sie an Ganztagsschulen erteilt werden. Dann kann es sein, dass Zwölfjährige einen Arbeitstag von 10 Stunden haben, der womöglich die Eltern auch noch belastet und sie als pädagogische Hilfskräfte missbraucht.

    Wer sagt, dass Hausaufgaben das selbständige Lernen fördert, vergisst u.U. die Tatsache, dass selbständiges Lernen erst einmal gelernt sein will. Und dazu braucht es die Unterstützung von Pädagogen, die in der Lage sind, selbständiges Lernen konsequent in der Schule zu fördern. Erst dann sind individuelle Lernerfolge möglichmit individuellen Lernrythmen und Lernerfolgen. Hausaufgaben schlagen die Lernbereitschaft tot wie schlechter Unterricht.

  • Die Hypothese, das Hausaufgaben durch eigenständiges Wiederholen einen Mehrwert und Lerneffekt haben wurde bereits durch diverse Studien widerlegt.



    Das Resume der Studien lässt sich wie Folgt zusammenfassen:



    Wer's in der Schule verstanden hat, festigt sein wissen.



    Der Teil der es nicht verstanden hat, spaltet sich in Zwei Gruppen, die die zuhause Hilfe von Geschwistern etc haben welche die Arbeit des Lehrers übernehmen und den Stoff (erneut) vermitteln, und die die keine Hilfe haben, am Unverständnis verzweifeln, als Folge frust und resignation haben und den Glauben an Ihre Fähigkeiten Lösungen zu finden mehr und mehr verlieren