Kinder-Demo in Hamburg: „Am Sandkasten bitte Handyfasten“
Dass Mama und Papa ständig aufs Smartphone starren, davon haben der sieben Jahre alte Emil und seine Mitstreiter genug. Auf St. Pauli gingen sie auf die Straße.
![Kinder halten Schilder hoch Kinder halten Schilder hoch](https://taz.de/picture/2944374/14/Kinder-Handyeltern-Hamburg.jpeg)
Dutzende Kinder sind Emils Einladung gefolgt, um unter dem Motto „Spielt mit mir! Nicht mit euren Handys!“ gegen den Handy-Konsum ihrer Eltern zu demonstrieren. Sie wollen erreichen, dass Eltern sich weniger mit ihren Handys beschäftigen und ihren Kindern mehr Aufmerksamkeit schenken.
Emils Eltern haben die Demonstration bei der Polizei angemeldet. „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr auf eure Handys schaut!“, skandieren die Kinder zuerst schüchtern, dann immer lauter. Rund 150 Eltern und Kinder sind nach Angaben der Polizei zu der Demonstration gekommen. Auf selbstgebastelten Plakaten stehen Slogans wie „Am Sandkasten bitte Handyfasten“ und „Chatte mit mir!“.
Unter den Demonstranten ist auch die sechsjährige Ylvi Schmitt. „Ich finde es nicht gut, dass mein Papa immer am Telefon daddelt“, erzählt sie. „Das stimmt“, gibt ihr Vater offen zu, „da muss ich mich selbst an die eigene Nase fassen“. Er sieht in der Demo eine „gute Übung in Demokratie“ für seine Tochter.
Wenn Papa im Internet sitzt
Auch der zehnjährige Erik Unger hat genug von Erwachsenen, die ständig auf ihr Handy starren. „In der U-Bahn sehe ich oft Eltern am Handy, die ihre Kinder gar nicht beachten“, erzählt er. Er selbst hätte trotzdem gerne ein Smartphone. „Aber das muss noch ein bisschen warten“, sagt seine Mutter.
Laut dem neuen Freizeit-Monitor haben die Deutschen immer weniger Zeit für andere, weil sie sich lieber mit ihrem Smartphone beschäftigen. Auch bei Kindern sind die Geräte beliebt: Knapp die Hälfte der 4- bis 13-Jährigen hat bereits ein eigenes Smartphone, berichtet die Kinder-Medien-Studie 2018 (pdf).
Bilder der Woche
Kinder kennen aber auch die Schattenseiten der Online-Welt: „Internet ist doof. Da sitzt Papa stundenlang drin und redet nicht mit uns“, zitiert die Studie ein sechsjähriges Kind. Und noch immer haben für die Heranwachsenden reale Erlebnisse Vorrang vor der virtuellen Welt: Als wichtigste Freizeitaktivitäten nannten die Befragten „mit Freunden zusammen sein“ (89 Prozent) und „im Freien spielen“ (81 Prozent).
Am Park angekommen klettert Emil auf ein Klettergerüst. „Jetzt dürfen alle spielen“, ruft er in sein Megafon. „Und die Eltern lassen die Handys aus!“
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