Kieler Ulferpromenade wird umbenannt: Hindenburg wird abgeschafft
Kiels Fördestraße heißt jetzt Kiellinie und nicht mehr Hindenburgufer. Der Stadtrat stimmte mit deutlicher Mehrheit dafür, nur CDU und FDP waren dagegen.
KIEL taz | Kiellinie statt Hindenburgufer – mit deutlicher Mehrheit stimmte der Kieler Stadtrat dafür, die Uferstraße an der Förde umzubenennen. „Hindenburg war ein Totengräber der Demokratie“, sagt Linken-Stadtrat Stefan Rudau, der vor einem Jahr die Debatte um die Umbenennung gestartet hatte.
„Ein trauriger Tag für Kiel“, kommentierte dagegen die Junge Union (JU), die sich mit ihrer Mutterpartei dafür eingesetzt hatte, den Namen zu erhalten. Kiel folgt dem Vorbild anderer Orte, die Hindenburg aus den Stadtplänen streichen ließen oder lassen wollen: Der Reichspräsident Paul von Hindenburg hatte 1933 Hitler zum Reichskanzler ernannt. Dennoch erinnern an vielen Orten Straßen und Plätze an den preußischen Generalfeldmarschall. Auch der Bahndamm zur Insel Sylt trägt heute noch den Namen Hindenburgs.
Es sei eine „absurde Vorstellung, die Vergangenheit nachträglich – nämlich durch die Umbenennung von politisch unliebsamen Straßennamen – korrigieren zu können“, sagte Florian Knaack, der im vergangenen Frühjahr als damaliger JU-Kreisvorsitzender ein Bürgerbegehren gegen die Namensänderung auf den Weg brachte.
Die betreffende Straße führt am Ufer entlang, im 19. Jahrhundert war sie ein Strandabschnitt zwischen dem Ortsteil Wik und Kiel. Heute ist sie ein wichtiger Teil der Hauptstadt Schleswig-Holsteins: An ihrer Verlängerung, dem Düsternbrooker Weg, liegen unter anderem das Geomar-Institut und der schleswig-holsteinische Landtag.
In der Stadt fanden zahlreiche Diskussionen in der Politik und mit der Einwohnerschaft über den neuen Namen statt, Historiker wurden gehört, die Hindenburgs Rolle in der Geschichte einschätzen sollten. Im November lagen vier Vorschläge auf dem Tisch: Die Piraten wollten den Namen belassen, aber nicht mehr an den Reichspräsidenten, sondern an den Mathematiker Carl-Friedrich Hindenburg erinnern. CDU und FDP schlugen vor, Hindenburgs Namen zu erhalten, aber Informationstafeln aufzustellen, die sich kritisch mit ihm beschäftigen.
Die Linke ging am weitesten, sie wollte die Straße nach Schleswig-Holsteins erstem Landtagspräsidenten nach dem Krieg, dem sozialdemokratischen Verleger Karl Ratz benennen. SPD und Grüne schlugen vor, die Straße „Kiellinie“ zu nennen – so heißt die parallel zum Düsternbrooker Weg verlaufende Flaniermeile am Fördeufer.
Diese Lösung setzte sich am Ende durch. Unter den neuen Straßenschildern sollen Informationstafeln angebracht werden, die die Historie der Straße und ihren neuen Namen erklären.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter