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Kersten Augustin über die Pläne für ein SondervermögenUndemokratisch und falsch

Friedrich Merz, der voraussichtlich nächste Kanzler, steht vor dem gleichen Problem wie sein Vorgänger. Er braucht Geld, viel Geld, vor allem für seinen Plan, die Bundeswehr besser auszustatten. Nun wird bei SPD, Grünen und Union die Idee debattiert, noch mit dem alten Bundestag ein neues Sondervermögen zu beschließen. Denn dafür bräuchte es eine Zweidrittelmehrheit, die die Parteien nach der Wahl nicht mehr haben. Doch der Plan wäre undemokratisch und ein Sondervermögen der falsche Weg.

Merz hätte die Schuldenbremse, die Wurzel allen Übels, längst reformieren können. Schon im November stellte er vage eine Reform in Aussicht, auch CDU-Ministerpräsidenten drängen seit Langem darauf. SPD und Grüne hatten der Union nach dem Ende der Ampel eine Zusammenarbeit angeboten, um Investitionen zu ermöglichen. Merz lehnte ab, weil er glaubte, es würde ihm im Wahlkampf schaden. Dass auch die Union für ihre Versprechen echtes Geld braucht, verschwieg sie.

Das mag im Wahlkampf legitim sein, aber dann muss die Union damit leben, dass der Bundestag nun anders aussieht. Auch durch Merz’ polarisierenden Wahlkampf sind die Parteien der sogenannten Mitte insgesamt geschrumpft. Für eine Reform der Schuldenbremse braucht es nun die Linke. Alles andere wäre eine Missachtung des Wählers. Verfassungsrechtlich mag es erlaubt sein, noch mit dem alten Bundestag ein Sondervermögen zu beschließen, bis der neue konstituiert ist. Es widerspricht aber jedem demokratischen Gespür, eine so weit reichende Entscheidung zu treffen, Hunderte Milliarden Schulden aufzunehmen, bloß weil einem das Ergebnis nicht passt.

Eine Reform der Schuldenbremse, die auch Investitionen erlaubt, wäre der saubere Weg, denn dafür gäbe es mit der Linken im neuen Bundestag eine Zweidrittelmehrheit. Es ist eine besondere Ironie, dass nun alles an ihr hängt. Denn die Linke war es, die die Einführung der Schuldenbremse als einzige Partei grundsätzlich ablehnte. Gregor Gysi warnte damals im Bundestag, man werde die Einführung noch bereuen. Spätestens jetzt ist es so weit.

der tag

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