Kernkraftwerke in Belgien: Risse sind größer als angenommen
Rund 13.000 Risse mit bis zu 15 Zentimeter Länge sind in zwei Atomreaktoren gezählt worden. Sie entstanden schon während des Baus.
BRÜSSEL afp | Die in zwei belgischen Atomreaktoren entdeckten Risse sind größer und zahlreicher als bislang angenommen. Dies teilten am Mittwochabend der Betreiber Electrabel und die belgische Atomaufsicht AFCN unter Berufung auf genauere Untersuchungen mit. Sie betonten zugleich, dass die Risse seit ihrer Entdeckung 2012 aber nicht größer geworden seien. Die betroffenen Reaktoren Doel 3 in Flandern und Tihange 2 in der Wallonie stehen seit längerem still.
Die Risse in den Reaktorbehältern sind nach den bisherigen Erkenntnissen von AFCN und Electrabel nicht während des Betriebs, sondern schon während des Baus der Reaktoren vor mehr als drei Jahrzehnten entstanden.
Die größten Risse in Doel sind den neuen Messungen zufolge 18 Zentimeter lang, während die Messungen 2012 noch höchstens neun Zentimeter ergeben hatten. In Tihange wurden das Maximum sogar von sechs Zentimetern 2012 auf jetzt 15,5 Zentimeter revidiert. Gezählt wurden in Doel nun rund 13.000 Risse, während es bei der letzten Untersuchung 8000 gewesen waren. In Tihange stieg die Anzahl von 2000 auf 3150.
Zudem gibt es weiterhin Bedenken über die „unerwartete“ Brüchigkeit des Materials der Behälter. Diese Brüchigkeit war bereits in Labortests im vergangenen Jahr festgestellt worden. Nach Angaben der AFCN besteht das Risiko, dass bei einem Unfall, bei dem der Reaktor mit kaltem Wasser gekühlt werden müsste, die Mantelung bricht und radioaktiv verseuchtes Wasser austritt. Dazu hat die Atomaufsicht von Electrabel weitere Studien verlangt.
Im April sollen sich nun internationale Experten mit den Risiken beschäftigen. Eine endgültige Entscheidung, ob die Meiler wieder angefahren werden können, trifft die AFCN. Electrabel rechnet mit der Entscheidung nicht vor Juli.
Belgien hat an den Standorten Doel und Tihange insgesamt sieben Atomreaktoren. Doel ist rund 150 Kilometer, Tihange etwa 80 Kilometer von der Grenze zu Deutschland entfernt. Im Zuge des geplanten Atomausstiegs sollen nacheinander alle Reaktoren an diesen beiden einzigen Standorten des Landes abgeschaltet werden.
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