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Kenias Trainer hat manipuliertGepinkelt und betrogen

Schon wieder fallen die Kenianer in Rio unangenehm auf. Trainer John Anzrah gibt seinen Urin für 800-Meter-Läufer Ferguson Rotich ab.

Kenias Ferguson Rotich läuft schnell – aber läuft er auch sauber? Foto: dpa

„Bereit für ruhmreiche Taten“, so überschrieb der Leichtathletikverband Kenias (AK) seinen letzten Homepage-Eintrag vor Beginn der Olympischen Spiele. Aus Rio gibt es bislang aber nur Skandalöses zu vermelden. Es geht mal wieder um Dopingvergehen. Die ruhmreichen kenianischen Taten der Vergangenheit waren ohnehin stets von offengelegten Manipula­tions­versuchen überschattet.

Überraschend an der neuesten Nachricht war indes die Schlichtheit des Betrugsversuchs. Wie das Internationale Olympische Komitee am Donnerstag mitteilte, hatte der frühere Sprinter und heutige Coach John Anzrah eine Urinprobe unter dem Namen des 800-Meter-Läufers Ferguson Rotich abgegeben.

Rotich zählt zu den großen Hoffnungen seiner Nation. Vor einem Jahr wurde er bei der WM in Peking Vierter. Anzrah wurde vom IOC umgehend suspendiert. Gegen ihn und Rotich wird ermittelt. Zu Beginn der Spiele in Rio schickte der Leichtathletikverband Kenias bereits seinen Delegationsleiter Michael Rotich nach Hause, weil er vor versteckter Kamera angeboten hatte, für ein Honorar Sportler vor anstehenden Dopingtests zu warnen.

Seitdem der ehemalige österreichische Leichtathlet und Dopingdealer Stefan Matschiner im Jahre 2009 offenbarte, dass auch kenianische Spitzenathleten zu seinem Kundenstamm gehörten, werden deren Leistungen mit Argwohn verfolgt. Die kenianischen Sportfunktionäre konnten jedoch jahrelang ungestraft Forderungen der Wada, Antidopingprogramme umzu­setzen, ignorieren. Auch die Forderung nach einem staatlichen Antidopinggesetz blieb lange folgenlos. Unterdessen eilte man von Erfolg zu Erfolg. Bei der letzten WM gewann Kenia mit 16 Medaillen erstmals die Nationenwertung.

„Böswillige Schädigungen“

Erst als im Zuge der Offenlegung des staatlich gestützten russischen Dopingsystems auch die kenianischen Missstände mehr ins Visier rückten, zeigte man sich reformbereit. Nach der Androhung des Internationalen Leichtathletikverbands im Fe­bruar, Kenia von den Spielen in Rio auszuschließen, wurde binnen kürzester Zeit in Nairobi eine Antidopinggesetz verabschiedet. Kurz vor Beginn der Sommerspiele strich dann auch die Wada Kenia von der Liste der nicht regelkonformen Länder.

Vielsagend ist jedoch, dass der erste Prozess auf Grundlage des neuen Gesetzes derzeit gegen den italienischen Sportmanager Federico Rosa angestrengt wird, weil er der Marathon-Ikone Rita Jeptoo Epo zukommen ließ. Kenianische Sportfunktionäre hatten stets das Bild vermittelt, Doping sei ein Problem, das von außen in das Land hereingetragen werde.

Aber auch auf die jüngsten Vorwürfe reagiert man in Kenia wie gewohnt. Der Leichtathletikverband erklärte zum Abgang von Michael Rotich in einem später gelöschten Tweet, man sei „neidisch auf die Erfolge Kenias“. Und die Regierung bezeichnete die Anschuldigungen als „böswillige Schädigungen“.

Richard Pound dagegen, der die unabhängige Kommission zur Aufklärung des systematischen Dopings in der russischen Leichtathletik leitete, forderte als Konsequenz, nun auch in Kenia, „Untersuchungen wie in Russland“ durchzuführen. Es soll nicht weiter mit zweierlei Maß gemessen werden.

Ferguson Rotich meinte zu den Vorwürfen übrigens, er habe dem Trainer seine Akkreditierung gegeben, damit sich dieser im Athletenspeisesaal umsonst ein Frühstück habe holen können. Zu seinem Vorlauf gestern in Rio durfte er antreten. Er wurde Zweiter.

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2 Kommentare

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  • Genauso sehe ich das auch.

     

    Es geht hier um viel Geld und das wirkt dann immer korrumpierend auf menschliche Gedankengänge.

     

    Wenn man ein paar mal damit durchkommt und erst dann erwischt wird hat sich das häufig bereits so gelohnt, dass das Risko entdeckt zu werden gerne in Kauf genommen wird.

     

    Wenn man das wirklich in den Griff bekommen will, muss man dieses Kalkühl durchbrechen, indem die Strafen so hoch gesetzt werden, dass sich das Risiko nicht mehr lohnt.

     

    Alle anderen Maßnahmen die an dieser Kalkulation nichts ändern sind schlicht Nebelkerzen um das System weiter aufrecht zu erhalten.

  • Das IOC weiß schon, wenn sie den Antidopingkurs strikt durchziehen, fliegt ihnen die ganze Veranstaltung um die Ohren. Und dann stehen ihnen alle auf den Zehen, die daran verdienen wollen, inclusive ihrer eigenen Funktionäre, mit "War das wirklich nötig? Jetzt? Also echt..." Das IOC ist eben kein Spaßverderber!