Keine Spielkonsolen für Profikicker: Xbox-Verbot für Fußballer
Darf man gestandenen Fußballern das Zocken auf Spielkonsolen untersagen? Geht es nach Italiens Nationalcoach Luciano Spalletti: Auf jeden Fall!
I m Sommer geht sie wieder um: die Angst vorm Horror vacui. Der Leere. Der Langweile. Die Trainer bei der anstehenden Fußball-EM fürchten diesen Zustand, der bisweilen auch als „Lagerkoller“ diagnostiziert wird, wie der Teufel das Weihwasser. Wenn Nationalspieler nicht mehr wissen, wohin mit sich, droht die Stimmung zu kippen.
Daher wird in der Regel alles getan, um die Profis zu bespaßen. Der Deutsche Fußball-Bund bietet Wellness, Fitness, Studium generale und bisweilen sogar einen Rennsimulator in der Hotel-Lobby.
Den launischen Großverdienern ist außer Gelage, Exzess und Völlerei (!) eigentlich alles erlaubt, Hauptsache, sie streicheln danach den Ball so sanft wie die Fernbedienung der X-Box. Und an dieser Stelle kommt nun der italienische Nationaltrainer Luciano Spalletti ins Spiel, der seine Ragazzi hart rannehmen will im Sommer. Spielkonsolen will er während des Turniers verbieten. Darin sieht er ein Übel.
Und Eltern, die ihren Pubertieren den maßvollen Konsum von Smartphones und artverwandten Hirnverbiegern lehren wollen (und dabei verzweifeln), können den gestrengen Herrn Spalletti natürlich verstehen. Der unmündige Haufen muss auf den rechten Weg gebracht werden. Wo aufgrund diverser Charakterschwächen Sucht und Sinnlosigkeit grassieren, müssen die, äh, guten alten Werte her; na, Sie wissen schon.
Detox im EM-Lager
Aber ist dem Herrn Spalletti bewusst, dass er es nicht mit Heranwachsenden im Hormonsturm zu tun hat, sondern mit gestandenen Unterhaltungskünstlern, die wissen sollten, was sie tun? Das wird ihm schon jemand gesagt haben im italienischen Verband, nur kennt der Patriarch eben seine Pappenheimer, die nach Angaben des Herbergsvaters schon mal bis vier Uhr in der Früh vor der Playstation sitzen und die Spielvorbereitung vernachlässigen.
Man komme, hat Spalletti gedichtet, „mit lachenden Augen und einem schlagenden Herzen“ zum Nationalteam, „und du bist wie ein Rudel Wölfe, das im Gänsemarsch geht, um die Kameraden voranzutreiben.“ In die Nationalmannschaft werde man berufen, um Europameister zu werden – nicht Call-of-Duty-Champ. Capito!
Die Frage ist nun: Wie reagieren die Spieler auf die Ansage? Ist sie Therapie oder Gängelung? Führt das Spielverbot zu einer Unlust am Spiel, also am richtigen? Oder erkennen die Spieler in der Detox-Maßnahme, wie ernst es dem Coach mit dem Titel ist, und ziehen begeistert mit?
Was wir sehen werden, ist ein Experiment mit bekanntem Ausgang. Der Zugang zum Konsolenspiel oder Social Media lässt sich nicht per Ukas regeln, eher nagelte man einen Pudding an die Wand oder bekäme die Zahnpasta wieder in die Tube. Die Spieler müssen die Dinge schon selbst regeln.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern