Kehrtwende in der LuxLeaks-Affäre: Neuer Ärger für Jean-Claude
Konservative im EU-Parlament plädieren plötzlich für einen Untersuchungsausschuss in der Steuervermeidungsaffäre. Die Luft für Jean-Claude Juncker wird dünner.
BRÜSSEL taz | In der LuxLeaks-Affäre kommt neuer Ärger auf EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker zu. Nachdem zwei CDU/CSU-Europaabgeordnete auf Distanz zu Juncker gegangen sind, rückt nun ein Untersuchungsausschuss zum Greifen nah. Er soll die Rolle des früheren Luxemburger Premiers bei den Vorzugs-Steuerregeln für Konzerne untersuchen. Kritiker werfen Juncker vor, persönlich für Rabatte gesorgt und die Steuervermeidung gefördert zu haben.
Der Untersuchungsausschuss war bisher am Nein der größten Fraktion im Europaparlament, der konservativen EVP, gescheitert. Doch nun haben Werner Langen (CDU) und Markus Ferber (CSU) überraschend ihre Meinung geändert. „Der Untersuchungsausschuss ist ein zentrales Instrument eines starken und unabhängigen Europaparlaments“, sagt der Grünen-Parlamentarier Sven Giegold.
Allerdings sind nicht alle begeistert. Der FDP-Abgeordnete Michael Theurer wirft seinen konservativen Kollegen ein „doppeltes Spiel“ vor, mit dem sie „die Öffentlichkeit verwirren“ wollten. Zudem müssen noch die Fraktionschef zustimmen, damit der Untersuchungsausschuss zustande kommt. Ob auch EVP-Chef Manfred Weber (CSU) mitspielt, ist offen. Bisher hat die große Koalition aus Konservativen, Sozialdemokraten und Liberalen alles getan, um „ihren“ Kommissionschef zu schützen.
Und Juncker hat sich beharrlich geweigert, zu seiner Rolle in dem Skandal Auskunft zu geben. „Ich beantworte keine widerlichen Fragen“, sagte er Journalisten noch Mitte Dezember. Doch auch das könnte sich ändern. Juncker gerät nämlich nicht nur wegen seiner früheren Rolle in Luxemburg, sondern auch wegen seiner aktuellen Funktion in Brüssel in Erklärungsnot.
Juncker will dabei sein
Bisher hatte er behauptet, er werde sich aus den Ermittlungen der EU-Kommission heraushalten. Nun kam jedoch heraus, dass der Kommissionschef an Entscheidungen über mögliche Sanktionen gegen Luxemburg teilnehmen will. Dies geht aus der Antwort der EU-Kommission auf eine Anfrage der Linken im Europaparlament hervor.
Die Ermittlungen würden zwar von Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager geführt, heißt es darin. Die entsprechenden Beschlüsse würden aber „vom Kollegium der Kommissionsmitglieder mit einfacher Mehrheit angenommen“ und der Präsident hat kein Vetorecht. Juncker wolle also an den Entscheidungen teilnehmen, kritisiert der linke Europaabgeordnete Fabio De Masi.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen