Kauf der Lause 10/11 in Kreuzberg: Li-La-Lausebär
Die von vielen linken Gruppen genutzte Lause könnte noch gerettet werden. Um den verringerten Kaufpreis zu stemmen, braucht es nun die Stadt.
Dabei sah es lange nicht danach aus, als gäbe es eine Lösung für das Kreuzberger Biotop, in dessen Hinterhöfen ein Who-is-who der politischen Zivilgesellschaft ihr Zuhause hat: vom Antifaschistischen Pressearchiv- und Bildungszentrum (apabiz) über die Videofilmer von Leftvision, der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD) bis hin zum Peng-Kollektiv, Medienschaffenden und KünstlerInnen.
Seit Ende 2016 wissen sie von den Verkaufsabsichten des dänischen Eigentümers Jørn Taekker. Der Verkauf an einen Dritten zum veranschlagten Spekulationspreis von annähernd 20 Millionen Euro wäre ihr sicheres Aus – ein „Desaster“, wie es die ISD formuliert, da es „fast unmöglich geworden“ sei, in den Innenstadtbezirken bezahlbare Räume zu finden.
Allen Demos, Dänemarkausflügen, Bürobesuchen und Gesprächsangeboten zum Trotz rückte Teakker jahrelang nicht entscheidend von seiner Maximalforderung ab. Dabei lohnt sich der Verkauf für den Investor, der sich aus dem Berliner Immobiliengeschäft zurückgezogen hat, auch zu einem deutlich niedrigeren Preis. Schließlich hatte Taekker die Gebäude 2006 für 2,3 Millionen Euro vom städtischen Liegenschaftsfonds übernommen und seither wenig in deren Erhalt investiert.
Neues Angebot
In den vergangenen Monaten war Bewegung in die Verhandlungen gekommen, der mögliche Durchbruch kam mit einem neuen Angebot von Taekker am Montag. Details zu den Zahlen nennen die Lause-MieterInnen nicht, aber dem Vernehmen nach, hat sich Taekker deutlich auf die Hausgemeinschaft zubewegt, die höchstens die Hälfte der ursprünglich aufgerufenen 20 Millionen Euro zahlen wollte.
Taekker sagte auf Anfrage der taz, beide Seiten seien auf dem „richtigen Weg“ und „kurz vor einem finalen Deal“. Zu seiner Motivation für die reduzierte Forderung sagte Taekker, man habe Argumenten zugehört: „Es braucht in Berlin Platz für Gruppen und Unternehmen mit wenig Einkommen.“
Ein Kauf stünde auf zwei Säulen, erklärt Schnettker, der sich für die Lause um die Finanzen kümmert. Sieben Millionen Euro aus dem Gewerbeaufkaufsfonds hat der Senat in Aussicht gestellt, um das Grundstück der Gewerbeimmobilie zu kaufen und den NutzerInnen per Erbbaupacht zur Verfügung zu stellen. Ein Sprecher bestätigte dies auf Anfrage der taz: „Unser Angebot, den gewerblichen Teil finanziell zu unterstützen, steht.“
Das Gebäude selbst, womöglich auch das Wohnhaus samt Grundstück, soll über die auf die Mischnutzung von Gewerbe und Wohnen spezialisierte Genossenschaft Eine für Alle selbst erworben werden, durch Eigenanteile und Bankkredite. Zuzüglich der notwendigen Finanzierung dringender Baumaßnahmen muss die Hausgemeinschaft einen hohen Millionenbetrag aufbringen.
Die Mieten steigen
„Wir können das nur refinanzieren, indem wir uns die Mieten deutlich erhöhen“, sagt Schnettker. Ein nicht ganz unwichtiges Detail dabei: Wie weit kommt das Land den GewerbemieterInnen beim Erbbauzins entgegen? Entscheiden muss darüber die Senatsverwaltung für Finanzen von Senator Matthias Kollatz (SPD).
Werden, wie üblich, drei Prozent verlangt, müssten die Mieter nach dem Kauf allein dafür jährlich mehr als 200.000 Euro zahlen. Heraus kämen Quadratmeterpreise, die sich viele der Projekte, die keine Erlöse erwirtschaften, sondern von Spenden und Fördergeldern leben, nicht leisten könnten. Die Lause hofft daher auf einen Zins von weniger als einem Prozent. „Nur dann funktioniert es“, so Schnettker. Was der Senat bekäme? „Er könnte den Kiez davor bewahren, zum seelenlosen Start-up-Airbnb-Lieferando-Bezirk zu werden, in dem viele der dort noch lebenden und arbeitenden NachbarInnen auf Dauer auch keinen Platz mehr hätten.“
Politische Rückendeckung
Unterstützung kommt aus der Politik, etwa von der Grünen-Abgeordneten Katrin Schmidberger. „Die Lause könnte beim Schutz von kleinteiligem Gewerbe Vorbildcharakter für die ganze Stadt haben“, sagt sie und sieht den Senat in der Pflicht: „Das Land Berlin sollte einen Schritt auf die zugehen, die keine großen Player sind.“ Bezirksbaustadtrat Florian Schmidt (Grüne) spricht von der Möglichkeit einer „gemeinwohlorientierten Bewirtschaftung, wenn der Senat unterstützt.“
Ulf Heitmann vom Verband Junge Genossenschaften sagt: „Der Erbbauzins ist nichts als eine Gebühr.“ Statt hohe Werte festzusetzen, sollte Berlin dem Münchener Beispiel folgen und von hinten rechnen: „Die Stadt schaut, was sie auf einem Grundstück haben will und ermittelt dann, wie hoch der Zins maximal sein darf.“
Für die Lause drängt eine Einigung noch vor der Sommerpause. Taekker wolle „den Deal in den nächsten Wochen abschließen“, sagt Schnettker.
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