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Katholische Schule vs. MuslimeKleine Glaubensscharmützel

Eine katholische Bekenntnisschule darf die Aufnahme eines muslimischen Schülers rechtmäßig verweigern, wenn der nicht am Religionsunterricht teilnehmen will.

Mathe geht klar – beim Religionsunterricht scheiden sich die Geister Bild: dpa

DORTMUND taz | Die katholische Bonifatius-Grundschule in Paderborn darf die Aufnahme eines muslimischen Schülers verweigern, weil er nach dem Willen seiner Eltern nicht am katholischen Religionsunterricht und an Schulgottesdiensten teilnehmen soll. Das geht aus einem Eilbeschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen hervor ( Az. 19 B 1042/13), der eine gleichlautende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Minden bestätigt.

Die Eltern des kleinen Bülent wollten ihren Sohn in der katholischen Grundschule anmelden, weil sie nur 200 Meter von ihrer Wohnung entfernt liegt. Die Bonifatius-Schule ist eine sogenannte Bekenntnisschule. An diesen Schulen wird nach den Grundsätzen einer der beiden christlichen Konfessionen unterrichtet. Sie sind nicht zu verwechseln mit Gemeinschaftsschulen, unter deren Dach beide Konfessionen Platz haben.

Im vergangenen November wollten die Eltern ihren Sohn anmelden. Sie sollten ein Formular mit dem vorformulierten, ausdrücklichen Wunsch nach einer Teilnahme am Religionsunterricht und an Schulgottesdiensten unterschreiben. Das lehnten sie ab. Daraufhin verweigerte Schulleiter Alfred Alberti die Aufnahme des Schülers.

Die Sache hat eine Vorgeschichte: Bülents Schwester besucht bereits die Bonifatius-Schule. Bei ihrer Anmeldung seien die Eltern mündlich über den obligatorischen Religionsunterricht informiert worden, sagt Alberti. „Als der Unterricht anlief, hat sie die Teilnahme verweigert“, berichtet er. Die Schule wollte das Kind nicht in den Religionsunterricht zwingen.

Doch die Angelegenheit war damit nicht erledigt, denn das Schulamt schaltete sich ein. „Das Schulamt Paderborn hat uns angewiesen, die Informationen zum Religionsunterricht schriftlich an die Eltern zu geben“, sagt Alberti.

Eltern zogen vor Gericht

Die Eltern zogen gegen die Ablehnung ihres Sohnes vor Gericht. Vergebens. Die Richter des Oberverwaltungsgerichts urteilten, „dass der Schulleiter einer Bekenntnisgrundschule die Aufnahme eines bekenntnisfremden Schülers von einer ausdrücklichen Einverständniserklärung seiner Eltern mit der Teilnahme am Religionsunterricht und an den Schulgottesdiensten dieses Bekenntnisses abhängig machen darf“.

Auch dass im konkreten Fall weniger als die Hälfte der Schüler katholisch sind, ändere nichts am Charakter der Bekenntnisschule – und damit an der verpflichtenden Teilnahme am katholischen Religionsunterricht und Gottesdienst.

Der Koordinationsrat der Muslime in Deutschland ist der Auffassung, dass das Urteil und das Verhalten der Schule nicht integrationsfördernd sind. „Dieses Urteil ist extrem unklug“, sagt Sprecher Aiman Mazyek.

Der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) ist empört über die Entscheidung des Gerichts und das Vorgehen der Schule. „Das ist diskriminierend“, sagt IBKA-Sprecher Rainer Ponitka. Er fordert die Abschaffung der Bekenntnisschulen. „Das sind Relikte aus der Zeit der Glaubenskriege.“

Ein Drittel Bekenntnisschulen in NRW

Bekenntnisschulen gibt es außer in NRW nur noch in Niedersachsen. In ganz NRW sind etwa ein Drittel der Schulen Bekenntnisschulen, 90 Prozent davon katholisch. „Es ist erforderlich, flächendeckend ein Angebot an neutralen Schulen zu schaffen“, fordert er. Wenn Eltern wollen, müssen Bekenntnisgrundschulen in Gemeinschaftsschulen umgewandelt werden. Aber die Hürden sind hoch. Zwei Drittel der Eltern müssen zustimmen.

Rektor Alberti weist den Vorwurf der Diskriminierung zurück „Bei uns steht Bekenntnisschule drauf“, sagt er. „Und dann ist auch Bekenntnisschule drin.“

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15 Kommentare

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  • 8G
    8545 (Profil gelöscht)

    Die Trennung von Kirche und Staat in D. wäre doch mal eine Maßnahme!

    Erst wenn vor der eigenen Haustür gekehrt ist, kann man auch glaubhaft gegen Islamisierung angehen...

     

    Ich bin Atheist und halte wenig von imaginären Freunden.

    Aber diese Entscheidung ist auch aus christlicher Logik fragwürdig.

    "Was würde Jesus tun?" ist in dem Fall wohl eindeutig beantwortbar.

    Jesus war Jude, hätte also an der Schule auch Schwierigkeiten bekommen...

  • Religionsfreiheit heißt für mich, dass eine Schule, die zu fast 100% aus Steuergeldern bezahlt wird, die Teilnahme an einem bestimmten Religionsunterricht NICHT zu einer Bedingung machen kann. Wieso sollen Nicht-Katholen deren Exklusiv-Anspruch auf Katholischen Rel. Unt. oder wegbleiben zahlen? WENN die katholische Kirche aus eigener Kasse eine Privatschule macht, dann könnte ich das verstehen.

    Aber alle Steuerzahlenden zahlen, und die katholische Kirche bestimmt? das geht nicht. Das ist verlogen und unverschämt.

    • G
      Gast1
      @guido-nrw:

      Der Staat wollte die Verantwortung aus Kostengründen nicht mehr tragen und übergab diese den Kirchen mit Unterstützung von Steuergeldern (ist auch so bei Kitas und Altenheimen).

       

      Also kann und wird die Kirche auch bestimmen wie es zu laufen hat.

       

      Man muss hier aufhören sich nach allen möglichen Wünschen des isl. Glaubens zu richten. Wenn die Schulen wollen wo ihre Kinder den entsprechenden Unterricht bekommen, sollen sie sich von ihrem Geld diese erbauen. Wir sind hier schon großzügig und haben in D. 350 Moscheen gebaut od. die Erlaubnis dazu gegeben.

       

      Wer hier im Land lebt, muss sich deutschen Regeln fügen, wie umkehrt die Katholiken dies in musl. Ländern auch zu tun haben.

      • @Gast1:

        Wieso aus Kostengründen? Der Staat spart da nichts! Ich bin total deutsch und NICHT katholisch - deutsch ist doch nicht automatisch vom Papst gesteuert?? Unser Staat muss sich um die Bildung kümmern. Da geht es erst ganz am ende um irgendwas mit Islam - und die sollen ihre Sachen auch selber bezahlen.

  • Es geht nicht um eine Privatschule, sondern um eine öffentliche Schule - ein Drittel aller Grundschulen in NRW und zwei Drittel aller Grundschulen in Paderborn sind solche öffentlichen Schulen in Trägerschaft der Stadt, die zu hundert Prozent aus allgemeinden Steuermitteln finanziert werden.

  • G
    Gast

    Kurze Beine:

     

    Die Petition lügt:

     

    Erstens behauptet sie, Bülent dürfe nicht an die Schule. Das ist falsch - Bülent müßte dazu nur in den Religionsunterricht gehen!

     

    Und zweitens behauptet sie, Bülent dürfe dort nicht hin, weil seine Eltern Muslime seien. Auch das ist eine Lüge. Seine Schwester geht doch auch dorthin, hat die andere Eltern! Dort sind noch mehr nichtkatholische Kinder! Mit dem Glauben seiner Eltern hat das nichts zu tun, nur mit deren Weigerung, Bülent den Religionsunterricht besuchen zu lassen.

     

    Jeder Unterzeichner einer derart verlogenen Petition sollte sich schämen!

    • @Gast:

      Verlogen ist das Verhalten der Schule. Schließlich muss die Schwester den Religionsunterricht nicht besuchen.

      Sie haben dahingehend Recht, dass auch ein evangelisch getauftes oder konfessionsloses Kind abgelehnt hätte werden können, wenn die Eltern nicht auf ihr Grundrecht zur Abmeldung vom Religionsunterricht verzichtet hätten.

  • G
    Gast

    Es muss doch keiner eine evangelische oder katholische Schule besuchen, wenn er nicht will.

    Wenn er es aber tut, muss er logischerweise das Schulprofil so nehmen, wie es ist.

    Die kirchlichen Privatschulen sind mittlerweile die besten im Land - in Berlin oft die einzig guten. Wer dorthin will, muss sich an die Regeln halten.

    Im übrigen werden auch jüdische oder muslimische Schulen mitfinanziert. Man zahlt ja nicht nur für den Religionsunterricht. Sogar Mathe ist an den kirchlichen Schulen besser. Und das Schulklima auch. Das liegt aber nicht nur an den Schulen - sondern auch an den Herkunftsamilien der Schüler. Wen wunderts?

    • @Gast:

      Das Problem ist doch, dass im tiefschwarzen Paderborn das Angebot an nichtkirchlichen Schulen gering sein dürfte - da ist auf dem Land die "Wahlfreiheit" nicht so wie im Ballungsraum. Da heißt es, Religionsfreiheit oder Fahrzeit. Nicht gerade fair. Könnte als Diskriminierung angesehen werden. Wieso sind die kirchlichen Schulen oft "besser" als die staatlichen? Weil sie als Privatschulen ihre Schüler/innen aussuchen dürfen.

      Da muss man dann abwägen, was einer/m wichtiger ist - ausgesuchte Schülerschaft oder Religionsfreiheit. Meine sind übrigens auch auf kirchlichen Privatschulen, weil ich keinen Bock habe, sie als "Futter" für den ""Inklusions""-Wahn zur Verfügung zu stellen. Die Privatschulen dürfen da nämlich aussuchen, wie weit sie das mitmachen - ggf auch gar nicht. Das macht sie zur bessern Alternative - falls sie die eigenen Kinder nehmen - wozu man sie nicht zwingen kann. So ist das im Bildungselend in D-Schland.

  • S
    stefan

    Die Bekenntnisschulen müssen schnellstens verboten werden. Religion und Schule haben nichts miteinander zu tun. Auch Religionsunterricht mus abgeschafft werden

    • H
      Hella
      @stefan:

      Meinen Sie. Andere denken anders darüber.

  • L
    Lunaria

    Wie kleingeistig ist denn die Weigerung der Eltern, ihre Kinder am Religionsunterricht und an den Gottesdiensten teilnehmen zu lassen! Gerade das wäre eine gute Gelegenheit, einen anderen Glauben aus erster Hand kennenzulernen. Ist dann vielleicht auch etwas anderes als das, was der Imam darüber erzählt hat. Wenn ich es dann nicht vertreten kann, beim Gottesdienst mit zu singen, dann singe ich eben nicht mit. An eine konfessionelle Schule gehen und sich nicht mit dieser Konfession auseinandersetzen zu wollen erweckt hingegen den Eindruck, hier wolle man nur die Vorteile mitnehmen.

  • L
    Lore

    Interessant wäre die Ergänzug zu der Finanzierung dieser Bekenntnisschulen!

    Wie hoch ist der Anteil der Steuergelder? Sollten diese Schulen rein auch Mittel der kath. Kirche unterhalten werden, dann wäre es schwer dies zu untersagen, ich denke aber, dass diese Schulen, wie auch andere Institutionen, auf denen "Kirch" draufsteht, überwiegend aus Steuergeldern finanziert werden. Dann darf eine solche Regelung nicht sein!

    Liebes Redaktionsteam, bitte liefert diese Daten nach!

    • @Lore:

      Der Anteil allgemeiner Steuermittel an der Finanzierung dieser Schule beträgt 100%. Kein Cent von der Kirche, auch nicht das Gebäude. Ein Drittel aller Grundschulen in NRW sind solche öffentlichen Bekenntnisschulen in Trägerschaft der Kommunen.

  • KB
    Kurze Beine