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Katharina Andresen ist Zeugin von Schwimmversuchen in der SpreeKleine Welle für eine Badestelle

Endlich ins Wasser! Die Spree hat doch einige Badefreunde Foto: Oliver Feldhaus

Rund 300 Demonstrierende zwischen 10 und 80 Jahren haben sich am Dienstagabend am Spreeufer bei der Schlossbrücke an der Museumsinsel versammelt. Mit bunten Badekappen, aufblasbaren Flamingos und Schwimmflügeln bewaffnet stehen sie an den Treppen, die in die Spree führen. Allesamt sind sie bereit, schwimmend gegen ein Badeverbot zu demonstrieren. Die Voraussetzungen sind bei 27 Grad und Sonne eigentlich perfekt – nur eins fehlt: der Steg. Zehn Meter vom Ufer entfernt schwappt er regungslos durch die Gegend. Zu seinen schiffbrüchigen Mitreisenden gehören zwei Organisatoren.

Ihr Verein Fluss Bad Berlin kämpft für eine Badestelle in der Spree und die Aufhebung des seit 100 Jahren geltenden Verbots. Ursprünglich war die Demo für den 20. Mai – das Jubiläum des Verbots – geplant, wurde jedoch wegen Sicherheitsbedenken der Wasserschutzpolizei kurzfristig abgesagt. Diesen Grund nennt die Innenverwaltung in einer aktuellen Anfrage des BSW-Abgeordneten Alexander King.

Zurück zum Steg: Einer der Floßverantwortlichen fühlt sich als Publikumsliebling sichtlich wohl. Angestrengt versucht er eine halbe Stunde lang händeringend, den Steg in Richtung Ufer zu bewegen. Seile werden an Land und Rettungsringe von Bord geworfen, Schaulustige werden lebhaft zur Mithilfe animiert. Irgendwann zieht er sein T-Shirt aus. Wenig später folgt – für vollen Körpereinsatz – die Hose. Sein Co-Kapitän hat einen entspannteren Herangang: Er sitzt die gesamte Dauer des Unterfangens im Schneidersitz in der Floßecke und meditiert – mit geschlossenen Augen, den Kopf gen Himmel gerichtet.

Die eigentliche Kundgebung zur Demo findet etwa 100 Meter neben den Treppen am Schinkelplatz statt. Als Publikumsmagnet entpuppt sich allerdings zunehmend der Kampf um den Steg nebenan, dem etwa doppelt so viele Schaulustige beiwohnen.

Das etwas skurrile Zusammenspiel aus Intensiveinsatz und gelassener Meditation kommt auch bei der Zuschauerschaft an. „Eine halbe Stunde geht das schon“, sagt ein Mann und verschränkt die Arme über seiner neonfarbenen Badehose. „Dat is ja wie Kois im Gartenteich angucken“, ergänzt seine Frau im Blümchen-Bikini. Auch Demonstrantin Renate Hinze ist das Anliegen wichtig: „Ich bin jetzt 77. In der Spree schwimmen dürfen – das will ich noch erleben.“

Demo-Veranstalter Jan Edler hat mit seinem Verein ein Spree-Wasser-Monitoring eingerichtet. Auf www.badberlin.info ist die Qualität täglich einsehbar, laut Edler ist sie an den meisten Tagen gut – damit stehe der Einrichtung einer Badestelle also nichts mehr im Weg. Am Mittwochnachmittag, als dieser Text entsteht, zeigt die Webseite allerdings wieder: „Mangelhaft“.

Mit Steg an Ort und Stelle und einer zumindest am Dienstagabend zufriedenen Wasserschutzpolizei kann das Baden beginnen.

300 Menschen stürzen sich in die warmen Fluten. Einige bleiben vorsichtig, andere lassen sich in Richtung Jungfernbrücke treiben. Die Freude in ihren Gesichtern lässt hoffen, dass das Badevergnügen in der Spree bald wirklich möglich wird.

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