Karriere und Korruption: Von Kurz lernen heißt siegen lernen

Der österreichische Ex-Kanzler Sebastian Kurz wurde wegen Falschaussage verurteilt. Aber er wäre kein Wunderwuzzi, ließe er sich davon beeindrucken.

Sebastian Kurz

Richtig geil: Sebastian Kurz als Bundesobmann der Jungen ÖVP 2010 in Gmunden Foto: Rudolf Gigler/imago

Mit 30 Jahren habe ich meinen ersten unbefristeten Arbeitsvertrag in den Händen gehalten. Mit 31 Jahren wurde Sebastian Kurz österreichischer Bundeskanzler. Während die meisten Menschen denken, dass es reicht, das Leben zu nehmen, wie es kommt, ist Kurz zu dem Leben gegangen, das er wollte. Während ich mit 24 Jahren noch in der Unibibliothek saß und mich mit meiner Abschlussarbeit quälte, hat Kurz im selben Alter schon Wahlkampf für die Wiener Gemeinderatswahl gemacht.

Dabei hat er auf der Motorhaube eines schwarzen Hummers namens „Geilomobil“ posiert, im Rahmen der Kampagne „Schwarz macht geil“. Sieben Jahre später hat er sich eine ganze Partei untergeordnet und das geile Schwarz der Volkspartei ÖVP in das viel geilere Türkis der neuen Volkspartei verwandelt.

Nun wurde Kurz mit 37 Jahren zu acht Monaten auf Bewährung verurteilt, wegen Falschaussage bei einem Untersuchungsausschuss, der auf die Ibiza-Affäre folgte. Es ging um seine Einflussnahme bei der Besetzung von Aufsichtsratsposten in der Staatsholding Öbag (Österreichische Beteiligungs AG), die milliardenschwere Unternehmensanteile verwaltet. Ein weiteres Verfahren, bei dem er sich mit den Vorwürfen konfrontiert sieht, mit Steuergeldern manipulierte Meinungsumfragen und mit öffentlichen Inseraten positive Berichterstattung eingekauft zu haben, steht noch aus.

Das Urteil sei „nicht gerecht“, sagte Kurz. Er habe in seinem Jurastudium schließlich gelernt, „dass vor dem Gesetz alle Menschen gleich sein sollen“. Das ist sehr bescheiden von ihm. Denn natürlich ist Sebastian Kurz nicht wie alle anderen. Er ist etwas Besonderes. Sein Werdegang zeigt, dass Erfolg kein Zufall ist.

Verletzt werden kann nur, wer sich verletzlich macht

Wer was werden will, braucht den Willen zur Macht. Wer nicht Knecht sein will, muss Herr werden. Wer behauptet, dass er dabei nicht lügt, ist nicht ehrlich. Und wer wirklich nicht lügt, ist ein Trottel. Wer groß werden will, braucht auch gute Freunde, die einen nach oben bringen, weil sie hoch wollen. Wer denkt, ein Freund sei jemand, den man mag und mit dem man gerne Zeit verbringt, der glaubt auch an den Weihnachtsmann. Ein Freund ist jemand, dem man einen Gefallen tut, weil er einem einen Gefallen tut, weil man ihm dann einen Gefallen tun kann.

Wenn einer von diesen Freunden einem dann doch irgendwann in den Rücken fällt, weil das ihm einen Vorteil verspricht, wie der ehemalige Öbag-Chef Thomas Schmid, der in dem Prozess gegen Kurz aussagte, dann tut es auch nicht so weh. Wer immer zuerst auf sich schaut, der versteht schließlich auch, wenn das andere so machen. Und verletzt werden kann schließlich nur der, der sich verletzlich macht.

Wer schnell und hoch aufsteigt, der kann auch tief fallen. Aber wer da stehen bleibt, wo er ist, der erreicht nicht nur nichts, sondern erlebt auch nichts. Wenn man davon ausgeht, dass jemand nur dann gut zu anderen sein kann, wenn er gut zu sich selbst ist, dann war Sebastian Kurz das Beste, was einem Land wie Österreich jemals hätte passieren können. Aber das blöde Volk will den Basti halt nicht mehr.

Während ich mit Mitte 30 immer noch da arbeite, wo ich meinen ersten unbefristeten Vertrag unterschrieben habe, ist der Wunderwuzzi deshalb schon längst weitergezogen: Im Bereich der Unternehmensberatung teilt er mit anderen großzügig sein Wissen, unter anderem mit dem rechtslibertären Milliardär Peter Thiel.

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Kolumnist (Postprolet) und Redakteur im Ressort taz2: Gesellschaft & Medien. Bei der taz seit 2016. Schreibt über Soziales, Randständiges und Abgründiges.

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