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■ Karlsruher Urteil: Genetische Massenfahndung ist zulässigGut, daß es nur ein Porsche war

Nein, wir sind nicht schadenfroh. Es ist auch überhaupt nicht spaßig, wenn die Münchener Polizei einfach alle örtlichen Porschefahrer zu Mordverdächtigen stempelt. Nur weil vor dem Haus des Opfers ein Münchener Porsche gesehen worden war. Von über 750 Männern durfte die Münchener Polizei daraufhin den „genetischen Fingerabdruck“ nehmen. Dies entschied gestern das Bundesverfassungsgericht.

Was aber, wenn es ein VW gewesen wäre? Hätte die Polizei auch dann alle entsprechenden Autohalter vorladen können? Darauf gibt das Verfassungsgericht keine Antwort und verweist auf die Kompetenz der Strafgerichte. Im Fall Porsche haben diese aber wenig Sensibilität gezeigt. Ihr Diktum: Jeder Münchener Porschefahrer, der in der Tatnacht kein Alibi vorweisen kann, ist verdächtig.

Es ist aber keine lediglich moralische Frage, ob man vom Staat, seiner Polizei und seinen Gerichten als Verdächtiger angesehen wird oder nicht. Der Verdacht ist vielmehr der entscheidende Kippschalter des Strafprozeßrechts. Gegen Verdächtige dürfen weitergehende Maßnahmen ergriffen werden als gegen Nichtverdächtige. Wenn man nun zum Verdächtigen werden kann, nur weil man, wie Tausende andere, eine bestimmte Automarke fährt, dann ist der Begriff des Verdachts nur noch eine formale Etikette, mit der auch uferlose Polizeimaßnahmen gerechtfertigt werden können.

In dieser zentralen Verfassungsfrage will Karlsruhe nur „Willkür“-Entscheidungen ausschließen. Wenn etwa Zeugen einen Porsche gesehen haben, dann aber alle Opelfahrer geprüft werden. Gut, daß wir ein Verfassungsgericht haben. Das sonstige Allzweckschwert der roten Roben, die Verhältnismäßigkeitsprüfung, blieb diesmal in der Scheide. Wenn es um einen Mordfall geht, scheint Karlsruhe eine kleine Blutprobe immer verhältnismäßig zu sein – egal, ob von drei oder dreitausend Menschen. Christian Rath

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