Karl Lauterbach: "Die SPD ist federführend"
Die Partei sollte sich daher nicht auf den Heulsusenstreit einlassen, meint ihr Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach.
taz: Herr Lauterbach, zu welchem Flügel gehören Sie: dem der "Heulsusen" oder dem der "Heckenschützen"?
Karl Lauterbach: Die Unterteilung in Heulsusen und Heckenschützen ist Teil des Problems. Das hilft nur dem politischen Gegner, Streit in der Partei sichtbar zu machen und zu schüren.
Ihr Parteichef Beck hat im Parteirat ein Machtwort gesprochen. Ist die SPD ihr Führungsproblem damit los?
Der gesamte Anspruch auf Führung ist doch problematisch. Die SPD kann froh sein, dass sie an der Spitze drei oder vier Leute hat, die für jede Führungsaufgabe taugen. Bei der Union konzentriert sich alles auf Frau Merkel - sie ist also auf eine Kandidatin festgelegt, um die herum es nichts gibt. Die SPD kann in den Vordergrund stellen, dass sie eine Kandidatenauswahl hat. Kurt Beck wird später entscheiden, wer Spitzenkandidat ist.
Die Union steht aber passabel da, die SPD konstant im Umfragekeller. Was läuft falsch?
Es gibt derzeit zu viel Selbstbeschäftigung. Wenn man über Inhalte diskutierte, würde schnell klar, dass an den wichtigsten Reformen in allererster Linie die SPD arbeitet. Es ist die SPD, die die Pflegereform vorantreibt. Es ist die SPD, die den Haushalt stabilisiert und das Land entschuldet. Es ist auch richtig, die Finanzierung der Kindertagesstätten an die Verbindlichkeit des Rechtsanspruches zu knüpfen. Das heißt, in den Inhalten der Regierungspolitik ist die SPD im Moment oft federführend.
Ihre Parteifreunde Steinbrück, Steinmeier und Platzeck haben einen Slogan vorgelegt: "vorsorgender Sozialstaat" statt "überkommener Sozialstaat". Teilen Sie den Ansatz?
Der Begriff "vorsorgender Sozialstaat" ist eine Floskel. Es ist eine Binsenweisheit, dass jeder Sozialstaat vorsorgen muss. Es handelt sich um ein Schlagwort, das den Streit in die SPD hineinträgt, weil der Eindruck erweckt wird, dass es in der SPD einen Flügel gäbe, der für den reparierenden, den nachsorgenden Sozialstaat wäre. Das ist natürlich eine idiotische Idee. Insgesamt handelt es sich um einen Sammelband, dessen Beiträge von unterschiedlicher Qualität sind.
INTERVIEW: PASCAL BEUCKER
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