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Kampfzone FriedrichstraßeEwiges Hick Hack geht weiter

Der Streit um die Friedrichstraße geht weiter. Ab Juli dürfen wieder Autos fahren. Nur wirklich zufrieden ist niemand.

Bald werden die Bänke wieder abgebaut Foto: dpa | Carsten Koall

Berlin taz | Mitten auf der Straße steht eine dieser kunstvollen Bänke, bei denen man nicht so genau weiß, wie man drauf liegen soll. Dreimal wellt sie sich auf und ab. An der Seite der Bank steht: „Volle Straßen. Ohne Autos.“

Voll ist der abgesperrte Teilabschnitt der Friedrichstraße nicht, aber stellenweise durchaus belebt. Die gastronomischen Betriebe haben ihre Sommerterrassen aufgebaut. Dort und auf den vielen neu aufgestellten Bankkonstrukten sitzen Passant*innen, die Mittag essen oder lesen.

Seit dem 30. Januar ist die Berliner Nord-Süd-Achse auf 500 Meter eine Fußgängerzone und für motorisierten Verkehr zum zweiten Mal gesperrt. Bis jetzt, denn ab 1. Juli soll die Straße für Autos und Co. erneut geöffnet werden, verkündet Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU). Damit will sie den Wi­der­spruch­klä­ge­r*in­nen entgegenkommen. Im Herbst soll partizipativ ein Masterplan entwickelt werden, der den „Bedarf und die Interessen der Anwohnerinnen und Anwohner sowie Gewerbetreibenden berücksichtigt“.

Viele der Pas­san­t*in­nen scheinen genervt, dass sich der Charakter der Straße wieder verändert. „Es ist absurd, vor wenigen Tagen wurden erst die Blumenkübel bepflanzt“, sagt Tobias. Er und zwei seiner Kollegen sitzen zum Mittagessen auf einer Bank. Aber so wie die Straße aktuell aussieht, sei sie nichts Halbes und nichts Ganzes, darin sind sich die drei jungen Männer einig.

Schön, wären da nicht die Rad­fah­re­r*in­nen

Viele empfinden sie als unästhetisch. Ein paar Blumenkästen hinzustellen, reiche nicht aus. Obwohl verboten, verirren sich immer noch hin und wieder Autos in die Friedrichstraße. Rad­fa­hre­r*in­nen rasen zwischen Fuß­gän­ge­r*in­nen und den Sitzgelegenheiten hindurch. „Steigt man aus der U-Bahn aus, fährt in Gedanken schon ein Fahrrad über die Füße“, sagt eine Frau, die in dem Abschnitt der Friedrichstraße arbeitet. In Theorie gilt Schritttempo.

Grünen-Sprecherin für Verkehrspolitik Antje Kapek sieht auch den Bedarf für ein Verkehrskonzept, aber dieses sei nicht abhängig von der Rückkehr der Autos in die Friedrichstraße. Stattdessen glaubt sie: „Das ewige Hin und Her sorgt für neue Unruhe und schadet in erster Linie der Wirtschaft.“

Trotz Verbesserungspotenzial präferieren auch die drei jungen Kollegen klar die Fußgängerzone. „Aber der permanente Straßencharakter muss weg“, sagt Tobias. Dann würden womöglich auch mehr Pas­san­t*in­nen auf der Straße laufen statt auf den Gehwegen, mutmaßen sie.

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2 Kommentare

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  • Das ganze Problem verschwindet in dem Moment, in dem man die Friedrichstraße realistisch betrachtet: als ungemütliche, unwichtige Straße, die nie wieder den Glanz und die Bedeutung der Vorkriegszeit haben wird. Sobald alle Seiten damit aufhören, die Friedrichstraße mit völlig ungerechtfertigter Relevanz aufzuladen und sie der Politik genau so viel bzw. so wenig egal ist wie z.-B. die Mauerstraße, ist dieser ganze Affentanz vorbei.

  • Zur Erinnerung, das Gericht hat die Rechtswidrigkeit wegen des Fehlens eines Konzeptes entschieden, ein solches Konzept liegt immer noch nicht vor, die Rechtswidrigkeit ist offensichtlich, die Senatorin ist allenfalls dem Gericht zuvor gekommen.

    Wenn die Grünen nun "das ewige Hin und Her" beklagen, so liegt das allein in der Verantwortung der früheren Senatorin. Zeit für personelle Konsequenzen.