Kampf um irakische Stadt Mossul: „Das ist der totale Krieg“

Für den „Islamischen Staat“ wird die Lage in seiner Hochburg schwierig. Nun soll IS-Chef Al-Bagdadi zum Durchhalten aufgefordert haben.

Blick durch eine Scheibe. Draußen richten Kämpfer in Tarnkleidung von einem Panzer aus Waffen in eine Richtung

Peschmerga-Kämpfer bei der Anti-IS-Operation südöstlich von Mossul Foto: dpa

KAIRO taz | Der „Islamische Staat“ (IS) steht unter Druck. In seiner irakischen Hochburg Mossul hat die irakische Armee in den vergangenen Tagen die ersten Außenbezirke erreicht. Im Westen der Stadt sind schiitische Milizen gerade dabei, die einzigen Nachschubwege nach Syrien abzuschneiden.

Nun hat sich möglicherweise das Oberhaupt des IS persönlich zu Wort gemeldet. Wenn es denn stimmt, dass die jetzt veröffentlichte Tonaufnahme tatsächlich von dem Kalifen des IS, Abu Bakr Al-Bagdadi, handelt. In der 31-minütigen Audiobotschaft ruft ein Sprecher unmissverständlich zum letzten großen Gefecht auf: „Das ist der totale Krieg und der große Dschihad, den der Islamische Staat kämpft, mit dem, so Gott will, unser Glauben ebenso gestärkt wird, wie unsere Überzeugung, dass das der Auftakt zu unserem Sieg ist“.

Wenn dies tatsächlich Worte Al-Baghdadis sind, über den spekuliert wird, dass er sich in Mossul versteckt haben soll, dann geht es in der Botschaft vor allem darum, seine Anhänger zum Durchhalten aufzurufen. „Zieht Euch nicht zurück! Mit Ehre standzuhalten ist tausendmal einfacher, als ein Rückzug in Schande“, sagt der Sprecher und warnt vor „jeglicher Schwäche im Angesicht des Feindes“. Die Kämpfer des IS sollten ihren Emiren vor Ort gehorchen und sich den Angreifern unerschrocken in den Weg stellen. Unmissverständlich ist auch, dass er den Krieg weit über die Grenzen Mossuls hinaustragen möchte. „Geht hin mit Gottes Segen, denn das ist euer Krieg. Verwandelt die Nächte der Ungläubigen in Tage, an denen ihr deren Heime verwüstet und einen Fluss von Blut produziert“, heißt es in der Aufnahme weiter.

Besondere Aufmerksamkeit wird dort zwei Staaten geschenkt. Der Redner ruft zu Anschlägen in Saudi Arabien auf und eine besondere Passage widmet sich der Türkei. „Die Türkei ist heute Teil eures Dschihad-Projektes. Verlasst euch auf Gott und marschiert dort ein. Überwältig ihre Sicherheit, beendet ihren Wohlstand und lockt sie in die Zone heftiger Kämpfe. Soldaten des Kalifats, der türkische Soldat ist zu euch gekommen. Ihr Blut ist billig und widerlicher als das von Hunden“. Sollte die Aufnahme von Al-Baghdadi stammen, wäre es die erste Audiobotschaft an seine Anhänger seit Dezember 2015.

Damals versicherte er, dass russische und amerikanische Luftangriffe in Syrien die militante Gruppierung nicht schwächen könnten. De facto hat der IS aber seit diesem Jahr große Teile seines Territoriums eingebüßt. Mit der Mossul-Offensive droht den Dschihadisten nun, dass sie ihre wichtigste Hochburg im Irak verlieren.

Zeitpunkt eingrenzbar

Der Zeitpunkt der Aufnahme lässt sich immerhin eingrenzen. Erwähnt wird der Tod des Al-Baghdadi-Vertrauten und IS-Sprechers Abu Mohammed Al-Adnani. Der IS hatte am 30. August zugegeben, dass Al-Adnani in der syrischen Provinz Aleppo ums Leben kam. Sowohl die USA als auch Russland reklamierten dessen Tod für sich. Im vergangenen Monat erklärte das Pentagon dann, dass Al-Adnani bei einem US-Luftangriff getötet wurde.

Wenn die Stimme der Aufnahme also Al-Baghdadi zugeordnet werden kann, war dieser, trotz manchen gegenteiligen Spekulationen, zumindest Ende August noch am Leben.

Jeder Kalif findet seinen Nachfolger, und selbst bei einem Ende des IS würden die militanten Islamisten aller Wahrscheinlichkeit nach in einer anderen Form wieder auftauchen.

Erst diese Woche wurde der Stabschef des kurdischen Präsidenten Mahmud Barsani mit den Worten zitiert, dass Bagdadis Tod das Ende des IS einläuten würde. Ähnliche Spekulationen gab es auch als 2006, als der irakische Al-Qaida-Chef Abu Musab Zarkawi bei einem US-Luftangriff getötet wurde. Damals hoffte Washington auf ein Ende von Al-Qaidas im Irak. Eine Hoffnung, die sich nicht erfüllen sollte. Al-Baghdadi ist sicherlich eine wichtigere Symbol-Figur für den IS, als es Zarkawi damals für Al-Qaida war, da er sich selbst zum Kalifen eines vom IS gehaltenen Territoriums ernannt hat. Aber jeder Kalif findet seinen Nachfolger, und selbst bei einem Ende des IS würden die militanten Islamisten aller Wahrscheinlichkeit nach in einer anderen Form wieder auftauchen.

Als Barack Obama vor sieben Jahren sein Amt antrat, wurde Al-Qaida als die größte Bedrohung angesehen. Damals war der IS noch nicht am politischen Horizont aufgetaucht. Islamistische Militanz wird immer neue Formen finden, solange die Probleme, vor deren Hintergrund die Dschihadisten ihre Anhänger rekrutieren, nicht gelöst sind. Im Irak wird sehr viel davon abhängen, wie die Zentralregierung in Bagdad im Falle einer erfolgreichen Mossul-Offensive den sunnitischen Bevölkerungsanteil wieder ins politische System einbinden kann.

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