Kampf um den Landtag: Bayern-Wahlen mit Zahlen
Hochrechnungen für die Landtagswahl in Bayern gibt es noch nicht. Dafür haben wir jede Menge anderer Freistaat-Fakten im Angebot.
40 Jahre alt muss man mindestens sein, wenn man in Bayern Ministerpräsident oder Ministerpräsidentin werden will. Das ärgert die Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Schulze, die erst 38 ist und diese Hürde unsinnig findet. Zumal deshalb nun schon zum zweiten Mal ihr Co-Spitzenkandidat Ludwig Hartmann das TV-Duell mit Markus Söder bestreiten durfte.
Aber auch das aktive Wahlalter wollen die Grünen in Bayern auf 16 Jahre senken. Im vergangenen Jahr brachte die Partei hierzu – erfolglos – einen Gesetzesentwurf in den Landtag ein. Das war allerdings noch, bevor die Aiwanger-Affäre ein neues Licht auf die Reife 17-jähriger Gymnasiasten in Bayern geworfen hat.
7 Abgeordnete sind während der vergangenen Legislatur aus dem Landtag ausgeschieden, etwa weil sie – wie die Grüne Tessa Ganserer – in den Bundestag wechselten oder – wie der CSUler Bernd Sibler – Landrat wurden.
Eines von 3 Szenarien müsste eintreten, damit Markus Söder nach diesen Wahlen nicht Ministerpräsident bleibt:
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- Die CSU bekommt nicht genug Stimmen, um eine Regierung anzuführen – also etwa in dem Fall, dass die Freien Wähler (zuletzt in den Umfragen bei 15 Prozent) oder die Grünen (16 Prozent) an den Christsozialen (37 Prozent) vorbeiziehen.
- Die CSU-Fraktion kommt zu der Auffassung, dass sie mit einem anderen Ministerpräsidenten künftig bessere Ergebnisse einfahren würde, und schickt Söder in die Wüste. Loyalität, das hat die Geschichte gelehrt, ist in dieser Fraktion ein Fremdwort. Und schließlich stehen in der Partei jede Menge aussichtsreiche Thronfolger bereit. Also da wäre zum Beispiel … ähm …
- Markus Söder tritt zurück – etwa weil das Wahlergebnis nicht seinen eigenen Ansprüchen genügt, weil er sich künftig mehr um seine Hunde kümmern will oder weil er in Nürnberg eine Metzgerei aufmachen will. Vorstellbar ist das alles. Es ist nur eine Frage der Vorstellungskraft.
In den vergangenen 20 Jahren hat keine Partei derart erfolgreich an ihrem Abstieg gearbeitet wie die SPD. Noch im 20. Jahrhundert fuhr die Partei in Bayern regelmäßig Ergebnisse um die 30 Prozent ein, einmal (1962) sogar 35,3 Prozent.
Als Renate Schmidt die Partei 1994 in die Wahl führte, hatte die CSU sogar regelrecht Angst vor ihr, wie führende CSU-Politiker später bekannten. Doch seit 2003 geht es bergab. 2018 kam die Partei gerade noch auf 9,7 Prozent – ein Ergebnis, das sie Umfragen zufolge dieses Mal durchaus noch unterbieten könnte.Während 38,9 Prozent der Wähler lieber schon bei der letzten Landtagswahl zum Wahlbrief gegriffen haben, deuten erste Rückmeldungen aus den Städten darauf hin, dass dieser Anteil diesmal noch deutlich übertroffen werden könnte. Wahllokale sind doch total Neunziger.
2 Bedeutungen hat das Wort „Servus“ im Bairischen. Es kann zur Begrüßung zum Einsatz kommen, also so wie „Griaß di“, aber auch zum Abschied, entsprechend einem „Pfiat di“. Man fragt sich, ob sich die bayerische FDP dieser doppelten Bedeutung bewusst war, als sie mit dem Slogan „Servus Zukunft“ in den Wahlkampf zog – und sich potenziell gleich mal von selbiger verabschiedete. Schließlich gab es zuletzt nur wenige Umfragen, die den Liberalen einen Wiedereinzug in den Landtag voraussagten. Nein, nein, das Motto betone vielmehr „die Rolle der FDP als zukunftsorientierte Reformkraft“, lässt deren Spitzenkandidat Martin Hagen wissen. Na, servus!
467.330 Stimmen bekam die CSU-Politikerin Ilse Aigner bei der letzten Wahl – so viel wie niemand sonst. Zum Vergleich: Ihr Parteifreund Markus Söder kam auf 282.776.
Fakten, Fakten, Fakten. Und an die Älteren denken. Mit fast 87 Jahren möchte Helmut Markwort noch einmal in den Landtag einziehen. Sollte seine Partei, die FDP, die Fünfprozenthürde bezwingen, wäre es ihm zum zweiten Mal vergönnt, als Alterspräsident die erste Sitzung des neuen Landtags zu eröffnen. Beim ersten Mal im Jahr 2018 hörte er zum Schrecken der Kollegen erst nach 29 Minuten zu sprechen auf und nutzte seine Rede auch noch für eine etwas überraschende Philippika gegen das Beamtentum.
Nur jeder 5. Bayer hat bei der Landtagswahl 2018 die CSU gewählt. Das war etwa jeder vierte Wahlberechtigte. Von den gültigen Stimmen ergatterte die Partei dann 37,2 Prozent, was ihr wiederum 41,5 Prozent der Sitze im Landtag bescherte.
2034 könnte Markus Söder schon abtreten und wäre dann trotzdem der am längsten regierende Ministerpräsident Bayerns (noch vor Alfons Goppel, der von 1962 bis 1978 regierte). Auch als CSU-Chef müsste er nur bis 2046 im Amt bleiben, um den Rekord von Franz Josef Strauß (1961 bis 1988) zu knacken.0 Parteien stehen bei der bayerischen Landtagswahl zur Wahl. Denn mit ihren zwei Stimmen können die Wählerinnen und Wähler lediglich Menschen wählen – zum einen eine Direktkandidatin oder einen Direktkandidaten ihres Stimmkreises, zum anderen jemanden von einer Liste ihres Wahlkreises (zum Beispiel Oberbayern). Somit können sie auch jemanden auf einem vermeintlich aussichtslosen Listenplatz „nach oben“ wählen und damit in den Landtag hieven.
Derzeit kandidieren 2 Kinder ehemaliger Ministerpräsidenten für den bayerischen Landtag. Florian Streibl, Fraktionschef der Freien Wähler und Sohn von Max Streibl (Ministerpräsident von 1988 bis 1993), will erneut, Susanne Seehofer, die Tochter von Horst Seehofer (MP von 2008 bis 2018), erstmals in den Landtag. Auch die 32-Jährige gehört nicht derselben Partei an wie ihr Vater: Sie tritt für die FDP an. Aber auch in der Vergangenheit gab es familiär vorbelastete Parlamentarier: Monika Hohlmeier, die Tochter von Franz Josef Strauß (MP von 1978 bis 1988), saß von 1990 bis 2008 im Landtag; Thomas Goppel, Sohn von Alfons Goppel, war sogar Deutschlands dienstältester Landtagsabgeordneter, als er das Parlament 2018 nach 44 Jahren verließ. Vielleicht gibt es ja doch so etwas wie ein Politiker-Gen.8 Abgeordnete, fünf der AfD, zwei der CSU und einer der SPD, kehrten zwischen 2018 und 2023 ihrer Fraktion den Rücken und saßen fortan fraktionslos im Parlament. Ein weiterer CSU-Mann, der ehemalige Wirtschaftsminister Franz Josef Pschierer, verließ ebenfalls die CSU, fand allerdings sofort in der FDP eine neue Heimat.10 Ministerpräsidenten gab es in Bayern seit dem Zweiten Weltkrieg, von denen neun der CSU angehörten. Nur Wilhelm Hoegner, der von 1945 bis 1946 und von 1954 bis 1957 das Amt innehatte, war Sozialdemokrat.
3 bayerische Ministerpräsidenten wollten schon mal Kanzler werden, einer will es vielleicht immer noch. Anders als im Fall seiner Vorgänger Strauß und Stoiber war es bei Söder allerdings nicht das Wahlvolk, sondern die CDU, die solcherlei Ambitionen jäh beendete. Der Mythos, ein Bayer, gar ein Franke, könne nicht Kanzler werden, war übrigens schon vor Strauß widerlegt: Ludwig Erhard aus Fürth, das bekanntlich in unmittelbarer Nachbarschaft von Söders Nürnberger Heimat liegt, war von 1963 bis 1966 Kanzler. Nur: In der CSU war er halt nicht.
18 Mitglieder hatte Bayerns Kabinett zuletzt, das von der Verfassung zugelassene Maximum: Neben dem Ministerpräsidenten und 14 Ministern gehörten ihm drei Staatssekretäre an. Im ersten Kabinett Söder, das 2018 nur wenige Monate regierte, saßen noch sechs Frauen, darunter auch die stellvertretende Ministerpräsidentin. In der zweiten Söder-Regierung waren es dann nur noch 5. Oder wie es deren Chef damals formulierte: Das Kabinett ist „deutlich weiblicher“ geworden.
91 Stimmkreise hat Bayern. 2018 gingen 85 davon an die CSU, die übrigen 6 an die Grünen. Diesmal werden auch den Freien Wählern Chancen auf Direktmandate eingeräumt. So könnte Parteichef Hubert Aiwanger den Stimmkreis Landshut erobern.Und das in Bayern: 3 der Spitzenkandidaten trinken keinen oder so gut wie keinen Alkohol – Markus Söder, Katharina Schulze und Hubert Aiwanger. Während Söder und Schulze eindeutige Lieblingsgetränke haben (Cola light und Spezi), ist Aiwanger flexibler: Er trinkt gerne mal einen Saft, zum Beispiel Orange (wegen der Farbe) oder Apfel (wegen des Klangs).
750 Auftritte hatte sich CSU-Chef Söder für seinen Wahlkampf vorgenommen – darunter 110 allein in Bierzelten. Und es gibt keinerlei Anzeichen, dass er dieses Ziel verfehlt haben könnte.
200 Teile hat der größte Wahlkampfschlager der CSU nach Markus Söder. Das Puzzle „Bayern-Wimmelbild“ hat viele hübsche Parteimotive, vor allem den CSU-Chef selbst trifft man dort mehrfach an – und das doppelt so groß wie das übrige Parteipersonal. „Ein Highlight für Alt und Jung“, verspricht Generalsekretär Martin Huber. Kostet im CSU-Fanshop auch nur 19,99 Euro.
Auf lediglich 1 Prozent der Wählerstimmen kommt die Linkspartei den letzten Umfragen zufolge. Das klingt nach wenig – vor allem, wenn man Richtung Fünfprozenthürde schielt. In Anbetracht dessen, dass gefühlte 99 Prozent der Bayern gar nicht wissen, dass es hierzulande eine Linke gibt, hat man es jedoch mit einem höchst respektablen Ergebnis zu tun.
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