Kampf um das Direktmandat in Greiz: Der Höcke-Bezwinger
Auch beim dritten Versuch holt Björn Höcke kein Direktmandat. Das gewinnt der Greizer CDU-Mann Christian Tischner.
![Vor einem Plakat mit der Aufschrift "Zu Tisch mit Tischner" stehen drei Personen. Ein Mann im schwarzen Ti-Shirt diskutiert mit einem mann in grüner Kleidung und mit grünem Rucksack. Eine Frau mit kurzen grauen Haaren steht daneben und schaut von den beiden Männern weg Vor einem Plakat mit der Aufschrift "Zu Tisch mit Tischner" stehen drei Personen. Ein Mann im schwarzen Ti-Shirt diskutiert mit einem mann in grüner Kleidung und mit grünem Rucksack. Eine Frau mit kurzen grauen Haaren steht daneben und schaut von den beiden Männern weg](https://taz.de/picture/7214660/14/36178107-3-4-1.jpeg)
Greiz ist eine alte Residenzstadt mit zwei Schlössern und einem pittoresken historischen Kern, sie liegt im Südosten Thüringens. Höcke wohnt mit seiner Familie im Eichsfeld am anderen Ende des Bundeslandes. Dort ist er schon zweimal als Direktkandidat angetreten und hat jedes Mal gegen die CDU verloren, die in der katholischen Region besonders verwurzelt ist. Deshalb suchte der Rechtsextremist nach einem Wahlkreis, den er leichter holen kann. Und landete in Greiz II, Tischners Wahlkreis.
Erst war Tischner geschockt. Dass es schwer wird gegen die AfD, das war ohnehin klar. Aber gegen Höcke? Tischner passte seine Strategie an den neuen Konkurrenten an: „Der von hier“, das war der Kern seiner Kampagne, zu finden auf Plakaten, Flyern, seinem Minivan – und auch auf den kleinen Senftöpfchen, die er als Give-Away über die Wahlkampfstände reichte. „Ich bin der von hier, der sich um das kümmert, was die Leute bewegt“, sagte Tischner im Wahlkampf der taz.
Tischner trägt Hornbrille und das Haar ordentlich nach hinten gekämmt. Er ist in Greiz geboren, hat die meiste Zeit seines Lebens hier verbracht, mit seiner Frau und den beiden Kindern lebt er jetzt hier. Er kennt nicht nur die Stadt, sondern auch all die Dörfer in der Umgebung. Er setze auf die Arbeit, die er für die Region gemacht habe, sagte Tischner und zählte auf: Sechs Millionen habe er für das Gewerbegebiet in Greiz organisiert, 200.000 Euro für die Schwimmhalle, 100.000 Euro für das Dach der Turnhalle in Kleinreinsdorf, 300 Sportvereinsmitglieder seien da engagiert. Und er habe geholfen, für 150 Vereine Fördermittel zu organisieren. Am Wahlabend sei er nicht auf der Wahlparty der Landes-CDU in Erfurt, sondern in Greiz „bei meinen Leuten“.
Tischner ist ein eher zurückhaltender Mensch, Krawallthemen wie das Gendern umschifft er lieber. Stattdessen redet er gerne über Sachpolitik, er ist bildungspolitischer Sprecher seiner Fraktion. Vor der Zeit in der Politik hat er – wie Höcke – als Gymnasiallehrer gearbeitet, hat Politik und Geschichte unterrichtet. „Es wird keine Koalition mit der AfD geben, auf keinen Fall“, da ist Tischner ganz klar. „Bevor ich für einen AfD-Ministerpräsidenten stimme, fällt mir die Hand ab.“ Während seines Studiums hat Tischner die Arbeit der NPD-Abgeordneten beobachtet, die damals im sächsischen Landtag saßen. Und gelernt, „dass die Neue Rechte gefährlich ist und langfristig denkt“.
Die Gefahr, dass Tischner seinen Sieg über Höcke überbewertet, die besteht daher wohl nicht. Dabei könnte es im Laufe des Abends noch dazu kommen, dass Höcke zunächst nicht in den neuen Landtag einzieht. Er steht zwar auf Listenplatz 1 seiner Partei, aber wenn die AfD viele Direktmandate gewinnt, könnte die Liste vielleicht gar nicht ziehen. Dann wäre Höcke, der große Zampano der Thüringer AfD, nicht nur dreimal bei dem Versuch gescheitert, ein Direktmandat zu gewinnen. Sondern er bräuchte auch Hilfestellung dabei, wieder im Erfurter Parlament vertreten zu sein: Jemand aus seiner Fraktion müsste seinen Platz für ihn räumen.
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