Kampf um SPD-Parteivorsitz: Ein Duo will mehr Gleichstellung
Ein Paritätsgesetz, die Abschaffung von Ehegattensplitting und § 219a: Die KandidatInnen Kampmann und Roth fordern mehr Gendergerechtigkeit.
Die Positionen gehen deutlich über das vergangene Bundestagswahlprogramm der SozialdemokratInnen hinaus. Hieß es dort in Bezug auf Quoten zum Beispiel, man werde „verstärkt Frauen ansprechen und für politische Beteiligung gewinnen“, fordern Roth und Kampmann nun eine paritätische Besetzung des Bundestags. Will die SPD das Ehegattensplitting für bisherige Ehen erhalten, wollen Roth und Kampmann es ganz abschaffen und Kinder steuerlich fördern.
Sollte die Partei in der Groko bleiben, dürfte vor allem folgender Punkt interessant werden: Der Paragraf 219a soll abgeschafft werden. Er verbietet es ÄrztInnen, darüber zu informieren, dass und wie sie Abtreibungen durchführen. Dauerhaft, schreiben Roth und Kampmann, halte man den mit der Union geschlossenen Kompromiss für „nicht praktikabel“.
Und nicht nur das: „Für eine langfristige Lösung, die alte Muster und Vorstellungen überwindet, brauchen wir auch die Debatte um Paragraf 218.“ Dazu, die Debatte um eine Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen anzustoßen, können sich derzeit nicht einmal die Grünen durchringen. Und in einer Koalition mit der Union wäre eine solche Diskussion vermintes Gelände.
Neben weiteren durchaus progressiven Positionen – „wir wollen uns der wachsenden antifeministischen Debatte entgegenstellen: Es gibt keinen ‚Genderwahn‘“ – fallen allerdings auch erstaunliche Lücken des Papiers auf: So ist es zum Beispiel auf die binäre Geschlechterordnung hin formuliert. Ein einziges Mal werden „gleichgeschlechtliche Paare“ erwähnt, LGBTIQ überhaupt nicht.
Alleinerziehende kommen nur am Rande vor, Gewalt gegen Frauen jenseits der Tatsache, dass diese „erschreckend“ sei, gar nicht. Weder die Lage der Frauenhäuser noch die mangelnde Umsetzung der Istanbul-Konvention wird adressiert. Und dennoch: Nach der jüngeren frauenpolitischen Performance der Partei inklusive des Umgangs mit der eigenen Parteivorsitzenden wäre die Umsetzung eines solches Papiers tatsächlich ein „Aufbruch“ für die SPD.
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