Queeres Jugendzentrum eröffnet: „Ein sicherer Raum“

In Hannover eröffnet das erste queere Jugendzentrum Niedersachsens – unterstützt von allen Parteien außer der AfD.

Das queere Jugendzentrum "QueerUnity".

Ein Ort für Jugendliche jeglicher sexueller Identität: die QueerUnity Foto: Christian Wyrwa

Hamburg taz | In Hannover haben queere Jugendliche bald einen Raum, den sie ganz allein für sich nutzen können. Sie haben den Namen von Niedersachsens erstem queerem Jugendzentrum selbst erarbeitet: „QueerUnity“ wird die Einrichtung heißen.

Ein queeres Zentrum gibt es in Hannover bereits: den Verein Andersraum, der auch Initiator des neuen Jugendzentrums ist. „Queere Jugendliche sind in allen Lebensbereichen Diskriminierungen ausgesetzt. Über die Hälfte sagen, dass sie in der Schule aufgrund ihrer queeren Identität beschimpft, beleidigt oder lächerlich gemacht werden“, sagt Corinna Weiler, die Sprecherin von Andersraum.

Deshalb brauche es unbedingt mehr queere Jugendzentren, die für alle offen zugänglich seien. „Denn wenn nach der Schule auch noch die Familie mit Ablehnung reagiert, dann brauchen die Jugendlichen einen sicheren Raum, wo sie einfach sein können und nicht darüber nachdenken müssen, wer sie sind“, sagt Weiler.

Seit Jahren gibt es vier Jugendgruppen bei Andersraum. Laut Weiler herrscht dort jedoch Platzmangel und die bestehenden Räumlichkeiten könnten die Jugendlichen nicht individuell gestalten.

Konstanze Kalmus, Sprecherin der Stadt Hannover, begrüßt die baldige Eröffnung: „In der Einrichtung eines queeren Jugendzentrums sieht die Stadt Hannover einen wichtigen Impuls für die Jugendarbeit in und mit der queeren Community.“ Zugleich sei das Zentrum ein wichtiger Schritt für die Gleichstellung und gesellschaftliche Akzeptanz queerer Jugendlicher. „Gerade für queere Jugendliche, die sich oft Diskriminierung, Mobbing und mangelnder gesellschaftlicher Toleranz in einem schwierigen Lebensabschnitt gegenübersehen, ist ein solcher geschützter Raum des Austausches von großer Bedeutung“, sagt Kalmus. Deshalb sollte den jungen Menschen ein Schutzraum und ein Ort des Austausches geboten werden.

Corinna Weiler, Verein Andersraum

„Alle können kommen, niemand muss sich am Eingang definieren“

Bald haben die Jugendlichen auf 120 Quadratmetern Platz, über dessen Gestaltung sie mit­entscheiden können. Das war aufgrund der unterschiedlichen Bedürfnisse der Gruppen im Andersraum bislang nur bedingt möglich. Dort gibt es verschiedene Projektbereiche: Das queere Zentrum organisiert Veranstaltungen, hier treffen sich die queeren Gruppen und es werden Trans-Beratungen angeboten.

Außerdem gibt es das QLM – queeres Leben in der Migrationsgesellschaft. Hier kann über Rassismuserfahrungen in Zusammenhang mit der queeren Identität gesprochen werden. Seit 2016 veranstaltet der Verein zudem den Christopher Street Day in Hannover.

Den Wunsch nach eigenen Räumlichkeiten formulieren die Jugendlichen in den Jugendgruppen schon lange. 2018 übergab Andersraum den Projektantrag an die Stadt Hannover. Über ein reguläres Interessenbekundungsverfahren hat sich der Verein laut Weiler als einziger Bewerber dann auf seine eigene Idee beworben und bekam den Zuschlag.

Für die Realisierung des queeren Jugendzentrums war laut Weiler der politische Wille in der Stadt von Anfang an da. „Alle demokratischen Parteien waren mit an Bord und haben geschlossen für das queere Jugendzentrum gestimmt“, sagt sie. „Nur die AfD hat bereits vorher deutlich gemacht, dass sie das sehr unnötig findet und ablehnt.“ Die Stadt fördert das Vorhaben mit Projektmitteln von 50.000 Euro. Darüber hinaus gibt es Spenden, wie etwa vom Einrichtungshaus Ikea, das Möbel für die Einrichtung zur Verfügung stellte.

„Ohne die zusätzliche ehrenamtliche Hilfe wären wir aufgeschmissen“, sagt Weiler. Aus der Community kam der Tipp für die richtige Immobilie, die nach dem Zuschlag gefunden werden musste. Anfang Juli begannen die Ehrenamtlichen mit der Einrichtung, die barierrefrei sein wird.

Eröffnung von QueerUnity: 25. August, 11 Uhr. Königsworther Str. 13, Hannover

Das geplante Angebot wurde gemeinsam mit den Jugendlichen beschlossen. Sie hatten vorher Ideen gesammelt. Eine basisdemokratische Mitbestimmung ist der Grundsatz von Andersraum. Das ist für Weiler nicht nur demokratisch und gerecht, sondern vor allem sehr zielführend.

QueerUnity soll ein offenes Angebot für alle Jugendlichen zwischen 14 und 27 Jahren werden. Die vier bereits bestehenden Jugendgruppen werden in die neuen Räumlichkeiten umsiedeln. „Alle können kommen, niemand muss sich am Eingang definieren“, sagt Weiler. Einzige Voraussetzung sei ein solidarisches Miteinander. Es werde keine Art von Diskriminierung geduldet.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes stand, der Verein Andersraum würde den CSD in Hannover seit 2009 veranstalten. Diese Zahl ist falsch und wurde mittlerweile korrigiert: Andersraum veranstaltet den CSD in Hannover seit 2016.

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