Kampf um Lützerath: Mit grüner Energie gegen die Kälte

Das rheinländische Dorf Lützerath soll für den Tagebau abgerissen werden. Die ­­Be­set­zer:in­nen trotzen der angedrohten Räumung und mobilisieren.

Polizisten im Schneegestöber

Die Polizei auf Besuch in Lützerath im Dezember Foto: Federico Gambarini/dpa

LÜZERATH taz | Löcher im Boden, Barrikaden aus Sperrmüll oder mit Bannern verzierte Bauzäune – die Wege in das vom Abriss bedrohte rheinländische Dorf Lützerath kann man dieser Tage nur noch schwierig betreten. Zumindest optisch haben die Ak­ti­vis­t:in­nen das Dorf gründlich verbarrikadiert. „Jetzt fangen wir an, wirklich alle zu mobilisieren, im Januar hier zu sein, zivilen Ungehorsam zu leisten und die Räumung zu verhindern“, so Ronni Zepplin, Aktivistin in Lützerath und Pressesprecherin der Initiative „Lützerath lebt“.

Rund um den 14. Januar will die Polizei versuchen die Besetzung zu beenden und den Abriss des Dorfes einzuleiten. Die zuständige Polizeidienststelle Aachen hat für diesen Zweck bereits Po­li­zis­t:in­nen aus Köln zur Verstärkung gerufen. Der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Herbert Reul (CDU), spricht von einem bevorstehenden Großeinsatz.

„Wir können den Informationen der Polizei nie zu hundert Prozent vertrauen“, sagt Ronni. Auf den sozialen Netzwerken erklärten die Ak­ti­vis­t:in­nen daher, sich bereits ab Anfang Januar auf einen Räumungsversuch einzustellen.

Die Lüt­ze­ra­the­r:in­nen sind gut vernetzt. In vielen Städten gebe es solidarische Gruppen, die über die Besetzung des Ortes und die Zerstörung der rheinländischen Dörfer informieren. Sie sind auch bereit, ihre Sachen zu packen und nach Lützerath zu kommen. Auch die bundesweit agierenden Klimabündnisse: Ende Gelände und Fridays for Future rufen ihre An­hän­ge­r:in­nen auf, für die Räumung im Januar anzureisen.

Solarpaneele zur Stromversorgung

Bereits vorige Woche hatte die Situation für die Be­woh­ne­r:in­nen des Ortes eine neue Eskala­tionsstufe erreicht: Am Dienstagmorgen unterbrach der Energiekonzern RWE ihre Stromversorgung. RWE habe im Nachbardorf die Stromkabel für Lützerath aus dem Boden entfernt, um dort die Grube des Tagebaus Garzweiler II zu erweitern, erklärt Ronni: „Wir haben jetzt nur noch den Strom aus unseren Solaranlagen.“

Gleich am darauffolgenden Morgen stellten Ak­ti­vis­t:in­nen auf einem Acker zusätzliche Solarpaneele auf eigens zusammengeschraubte Holz­böcke, verlegten Leitungen zu den von ihnen besetzten Gebäuden und trafen sich in Plena, um zu überlegen, wie man die Strukturen der Besetzung unter den neuen Umständen aufrechterhalten kann.

Viele der Be­woh­ne­r:in­nen des kleinen Ortes schlafen in Holzhütten und Baumhäusern. Es fehlen an vielen Stellen die Fenster, was nicht nur der Kälte, sondern auch der Feuchtigkeit Einlass gewährt.

Der Kampfgeist bleibt

Für einige der mangels Stromversorgung entstandenen Probleme wurden Alternativen gefunden: warm duschen mit dem heißen Wasser aus der Küche, alle herkömmlichen ­Glühlampen wurden durch LED-Birnen austauschen und das ganze Dorf nach Öfen abgesucht.

Und der grüne Strom der Be­set­ze­r:in­nen reiche bereits für Lichter und Handys, schreiben sie auf Twitter. „Sie können uns den Strom nehmen, nicht aber unseren Kampfgeist“ so Feluda, ebenfalls Aktivist und Sprecher in Lützerath.

Auch wenn die aktuellen Umstände auf die Stimmung drückten, sagt Feluda, die Be­woh­ne­r:in­nen von Lützerath seien felsenfest entschlossen, dass Dorf zu erhalten.

Einen Tag bevor im Dorf der Strom abgeschaltet wurde, war eine Hundertschaft Po­li­zis­t:in­nen im Ort gewesen. Die Vorbereitung für den Einsatz. Ende Februar endet die Rodungs­saison. Die Besetzung bis dahin zu halten wäre wichtig. Denn wenn nicht mehr gerodet werden darf, ist eine Räumung unwahrscheinlich. Dann könnten die Ak­ti­vis­t:in­nen die Bäume, die noch stehen, direkt wieder besetzen.

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