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Kampf um Direktmandate in HamburgDurchmarsch der SPD?

Drei Hamburger Bundestagswahlkreise dürfte die SPD am Sonntag locker gewinnen. In den anderen Kreisen wird es knapp. Lohnt dort taktisches Wählen?

Begehrte Sitze: Der Plenarsaal des Bundestags in Berlin Foto: dpa / Fabian Sommer

Hamburg taz | Sechs Wahlkreise gibt es in Hamburg für die Bundestagswahl am Sonntag. Zwischen 185.000 (Wahlkreis Altona) und 280.000 Wahlberechtigte (Hamburg-Nord) entscheiden dort auch über ihre Direktkandidat:innen. 2017 sicherten sich fünf So­zi­al­de­mo­kra­t:in­nen ein Direktmandat. Doch nach dem massiven Zuwächsen der Grünen bei der letzten Bürgerschaftswahl und angesichts wechselhafter Umfrageergebnisse dürfte es in einigen Wahlkreisen knapp für die SPD werden. Profitiert am Ende die CDU davon?

Hamburg-Nord

Christoph Ploß hat die Hamburger CDU verbal scharf auf rechts getrimmt. Nun tritt er zum ersten Mal seit Übernahme des Landesvorsitzes zu einer Wahl an. Dass sein Kurs erfolgreich ist, könnte er mit dem erneuten Gewinn des Direktmandats in Hamburg-Nord (Wahlkreis 21) beweisen. 2017 hatte sich Ploß wegen der insgesamt schwächelnden SPD gegen die Sozialdemokratin Dorothee Martin durchgesetzt, jetzt kommt es zum zweiten Duell.

Grüne und Linke brauchen sich keine Hoffnungen auf ein Direktmandat in diesem Wahlkreis zu machen. Allerdings: Zusammen holten ihre beiden DirektkandidatInnen zuletzt immerhin 21 Prozent. Sollte aus dieser Menge eine relevante Zahl dieses Mal taktisch wählen wollen, könnten sie Ploß durch die Wahl von Martin einen Dämpfer versetzen. Beide sind über die Landesliste abgesichert. Ploß steht auf Platz 1, Martin auf Platz 3.

Eimsbüttel

Ein rein männlicher Dreikampf wird in Eimsbüttel (Wahlkreis 20) geführt: Niels Annen (SPD), Rüdiger Kruse (CDU) und Till Steffen (Grüne) haben allesamt Chancen auf das Direktmandat. Zwei Mal schon hat sich Annen gegen Kruse durchgesetzt, aber auch Kruse hatte schon einmal, 2009, das Direktmandat geholt. Auch wenn Annen hier Favorit ist, könnte es eng für ihn werden. Jüngst hatte der Staatsminister im Auswärtigen Amt für Kopfschütteln gesorgt: Während die Taliban Kabul eroberten, postete Annen Fotos von einer Fahrradtour.

Statt sich um die Evakuierung von Ortskräften der Bundeswehr zu kümmern, mache Annen Wahlkampfauftritte in Pöseldorf und Niendorf, wurde ihm daraufhin vorgeworfen. Und sollte Ex-Justizsenator Till Steffen der SPD Stimmen weglocken, könnte Kruse davon profitieren. Annen und Steffen belegen jeweils den sicheren Listenplatz zwei, Kruse kam dagegen nur auf den wackligen CDU-Listenplatz vier. Er macht Wahlkampf an der Partei vorbei und reaktivierte Ole von Beust für seine Plakatkampagne.

Altona

Spannend ist es auch in Altona. Bei der vergangenen Bundestagswahl dürften im Wahlkreis 19 taktische Motive linker und grüner Wäh­le­r:in­nen dafür gesorgt haben, dass die SPD statt der CDU das Direktmandat holte. Da bekam die CDU zwar die meisten Zweitstimmen, doch bei den Direktkandidaten hatte Marcus Weinberg das Nachsehen gegen Matthias Bartke.

Auch dieses Mal dürfte es knapp werden: Linda Heitmann könnte deutlich mehr Stimmen für die Grünen als bei der letzten Bundestagswahl holen. Damit würde es noch enger für Bartke werden. Und sogar ein grüner Erfolg scheint nicht ausgeschlossen. Weinberg kann nur direkt wieder einziehen, auf der CDU-Landesliste steht der frühere Parteichef nicht.

Mitte

Hamburg-Mitte (Wahlkreis 18) gilt als sichere Bank der SPD, allerdings: Johannes Kahrs, der den Wahlkreis sechs Mal in Folge gewann, hatte sich voriges Jahr überraschend zurückgezogen. Und der Stimmenanteil für Kahrs war von mehr als 50 Prozent 1998 und 2002 auf zuletzt nur noch 30 Prozent gesunken. Profitiert hatten davon vor allem linke und grüne Bewerber:innen.

Ist da dieses Mal mehr drin? Wohl kaum: Der derzeitige Bezirksamtsleiter Falko Droßmann dürfte sich aufgrund seiner großen Bekanntheit locker durchsetzen. Und wenig spricht dafür, dass Christoph de Vries von der CDU mehr als die 24,2 Prozent von der letzten Bundestagswahl holt. Im Bundestag bleiben kann er wohl dennoch, dank Listenplatz drei.

Wandsbek

Sicher kann sich die SPD auch in Wandsbek (Wahlkreis 22) fühlen: Hier tritt Aydan Özoğuz an, sie ist auch Spitzenkandidatin der Hamburger SPD. Zwei Mal hatte die frühere Staatsministerin für Integration hier schon das Direktmandat geholt. Ihre CDU-Konkurrentin Franziska Hoppermann dürfte keine Chance haben, ist aber über Listenplatz zwei abgesichert.

Bergedorf-Harburg

Und auch im Wahlkreis 23 (Bergedorf-Harburg) kann die SPD wieder mit einem Erfolg rechnen. Metin Hakverdi will zum dritten Mal das Direktmandat holen. Obwohl die CDU hier bei der vergangenen Bundestagswahl mehr Zweitstimmen als die SPD erhielt, konnte sich der Rechtsanwalt, wohl auch dank Stimmen von Grün- und Linskwähler:innen, bei den Erststimmen durchsetzen.

Einen unvorhersehbaren Einfluss könnten Wäh­le­r:in­nen der AfD spielen: Sie war 2017 mit 10,9 Prozent der Erst- und 11,5 Prozent der Zweitstimmen die drittstärkste Partei im Wahlkreis. Ob die intern umstrittene AfD-Bürgerschaftsabgeordnete Olga Petersen ein ähnliches Ergebnis wie ihr Vorgängerkandidat erhalten wird, ist fraglich. Die Fraktion kritisierte gerade erst öffentlich ihr mangelndes Engagement im Wahlkampf.

Und die Linke?

Für die Hamburger Linke könnte die Bundestagswahl eine Enttäuschung werden: Ein Direktmandat zu erlangen, ist praktisch ausgeschlossen. Doch fraglich ist auch, ob sie über die Landesliste wieder zwei Abgeordnete nach Berlin schicken kann: Bei der vorigen Wahl war es knapp. Žaklin Nastić auf dem ersten Listenplatz dürfte sicher wieder einziehen. Ob es allerdings auch der Bürgerschaftsabgeordnete Deniz Çelik schaffen wird, der den nicht wieder antretenden Fabio de Masi ersetzen soll, ist ungewiss.

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