piwik no script img

Kampf um AleppoRebellen starten Offensive

Nach wochenlangen Bombardierungen gehen die Rebellen zum Gegenangriff auf Regierungstruppen über. Dabei sollen sie mindestens 15 Zivilisten getötet haben.

Rebellen der dschihadistischen Fateh-al-Scham-Front haben im besetzten Ostteil Aleppos trainiert, jetzt gehen sie zum Gegenangriff auf die Regierung über Foto: reuters

Beirut/Aleppo/Berlin rtr/ap/dpa/afp/taz | Syrische Rebellen haben am Freitag am Westrand von Aleppo eine Großoffensive gestartet, um die Belagerung des Ostteils der Stadt durch Regierungstruppen zu sprengen. Die Schlacht werde „die Besetzung der Westbezirke durch das Regime und die unserem Volk auferlegte Belagerung Aleppos beenden“, sagte ein Rebellensprecher.

Die Offensive begann mit dem Beschuss des Luftwaffenstützpunkts Nairab. Im Südwesten Aleppos seien mehr als 150 Raketen und Granaten eingeschlagen, berichtete die oppostiionelle Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Es seien 15 Zivilisten getötet und mehr als 100 verletzt worden. Syrische Staatsmedien sprachen von fünf toten Zivilisten.

Von der Provinz Idlib aus seien zudem Raketen auf die Küstenprovinz Latakia abgefeuert worden, eine Hochburg von Präsident Baschar al-Assad, erklärte die Beobachtungsstelle. Die Geschosse seien am Militärflughafen Hmeimim, der von der russischen Luftwaffe genutzt wird, und in der Nähe von Kardaha, dem Heimatort der Familie Assad, eingeschlagen. Dabei seien mindestens ein Mensch getötet und sechs weitere verletzt worden.

Regierungsnahe Medien bestätigten am Freitag Nachmittag auf sozialen Netzwerken den Rückzug der Armee aus dem Stadtviertel al-Assad nach schwerem Beschuss. Sie kündigten eine Gegenoffensive gegen „infiltrierte Terroristen“ an und erklärten, die Rebellen hätten „überhaupt keine Geländegewinne“ erzielt. Die Rebellen erklärten im Gegenzug, sie seien nach der Einnahme des Stadtviertels al-Assad weiter auf dem Vormarsch und nur noch 2,4 Kilometer von Ost-Aleppo entfernt.

An der Offensive beteiligte sich auch die islamistische ehemalige Nusra-Front, die inzwischen Dschabhat Fateh al-Scham heißt. „Alle revolutionären Gruppen nehmen ohne Ausnahme an der Schlacht teil“, meldete eine Untergruppe der gemäßigten Freien Syrischen Armee (FSA). Es gebe eine „Mobilmachung aller Personen, die Waffen tragen können“.

Noch immer sind rund 300.000 Menschen in Ost-Aleppo

Der Beginn der Offensive fiel mit einem Treffen der Außenminister Russlands, Syriens und des Iran in Moskau zusammen. Auf sozialen Netzwerken meldeten Rebellen die Gefangennahme von Schiitenkämpfern aus dem Irak und die Tötung eines hochrangigen libanesischen Hisbollah-Kommandeurs.

Aleppo ist seit mehr als vier Jahren in einen von den Aufständischen gehaltenen Osten und einen von Regierungstruppen kontrollierten Westen geteilt. Der von Rebellen kontrollierte Ostteil der Stadt mit 250.000 bis 300.000 Einwohnern wird seit Monaten von syrischen Regierungstruppen belagert.

Im September hatten die Regierungstruppen den kurzzeitig durchbrochenen Belagerungsring wieder geschlossen um eine Offensive gestartet, um die umkämpfte Stadt vollständig unter ihre Kontrolle zu bringen. Dabei werden sie von der russischen Luftwaffe mit Bombenangriffen unterstützt, die auch zahlreiche zivile Opfer gefordert haben. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind es die schwersten Luftangriffe seit Beginn des Krieges in Syrien.

Beinahe-Eskalation im Luftraum

Am Freitag wurde bekannt, dass russische und US-Militärflugzeuge nach US-Angaben über Syrien einen Beinahe-Zusammenstoß hatten. Ein russisches Kampfflugzeug sei im Osten Syriens gefährlich nah an einer US-Maschine vorbeigeflogen, sagte ein Vertreter der US-Armee am Freitag. Der Zwischenfall ereignete sich demnach bereits am Abend des 17. Oktober, als ein russischer Jet ein großes Aufklärungsflugzeug.

Der russische Jet sei bis auf „eine halbe Meile“ an das US-Flugzeug herangekommen, sagte der Armeevertreter. Er hob hervor, dass der zunehmend volle Luftraum über dem Bürgerkriegsland Syrien die Gefahr einer gefährlichen Kollision erhöhe.

Die russische Luftwaffe kämpft an der Seite der Regierungstruppen von Syriens Staatschef Baschar al-Assad. Die Luftangriffe der US-geführten Militärkoalition in Syrien richten sich gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS). Washington leistet auch einigen syrischen Rebellengruppen Unterstützung.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • "Noch immer sind rund 300.000 Menschen in Ost-Aleppo... Es gebe eine „Mobilmachung aller Personen, die Waffen tragen können“.

     

    Das dürften dann mindestens 50.000 Kämpfer sein. Mögen sie siegen oder mögen sie besiegt werden! Völlig egal, hauptsache die Schlächterei hat dann ein Ende.

     

    Jede Unterstützung für kampfführende Parteien - ob mit Waffen oder Lebensmitteln - ist fehl am Platz.

  • Woher haben die Terroristen in und um Aleppo Waffen und Geld ?

    • @Medienkritiker:

      Von "Menschenfreunden". Das sind alles humanitäre Hilfsgüter...

  • Waehrend in Mosul,Irak in kurzer Zeit ein Grosstadt kaputgebombt wird,richten die westlichen Kameras sich auf Aleppo.Buergertote+Verwuestungen gibt es anscheinend nicht in Mosul.

    Naher Osten Ihre Messlatte fuer die Qualitaet der (Luegen)Presse

    Sturm auf Mossul gut, Sturm auf Aleppo böse

    Medial gute und böse Befreiern am Beispiel von Mossul und Aleppo

    Wenn zwei das Gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe. So will es uns zumindest die (Luegen)Presse mit Blick auf den Nahen Osten weis machen.Die beunruhigten EU-Politiker haben jetzt verstanden das ihre Terroristen in Syrien von Russland drohen vernichtet zu werden in Aleppo wo es jetzt die groesste Ansammlung gibt,deshalb der Boesewicht Russland.Wahrscheinlich werden auch viele EU Spezialtruppen mitvernichtet.Russland hat die AleppoTerroristen voellig eingekreist waehrend die Mosulterroristen Gelegenheit bekommen zu fliehen,sie muessen noch andere Aufgaben fuer die Nato erledigen

  • Nur eine Frage: Warum werden bewaffnete Islamisten in Aleppo als Rebellen bezeichnet, während bewaffnete Islamisten in Mosul, Raqqa, etc. als Terroristen bezeichnet werden?

    • @Anton-Leander Schmidt:

      Wenn wir uns anschicken sollten, Aleppo zu erobern, werden die Rebellen dort auch Terroristen genannt. Es kommt nicht darauf an, wer in einer Stadt sitzt. Es kommt darauf an, wer sie erobern will.