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Kampf gegen den „Islamischen Staat“Prompte Antwort aus Kairo

Erstmals hat Ägypten zugegeben, Stellungen in Libyen bombardiert zu haben. Nun wird offen überlegt, eine Art Pufferzone zu errichten.

Trauer um die Getöteten: koptische Männer im ägyptischen Dorf el-Aour. Bild: reuters

KAIRO taz | Die Antwort aus Ägypten erfolgte prompt und ohne große Diskussion. Am Montagmorgen flogen ägyptische Militärjets Einsätze gegen mutmaßliche Stellungen der Miliz Islamischer Staat in Libyen. Dabei ging es auch darum, die aufgebrachte Öffentlichkeit in Ägypten zu beruhigen, nachdem am Abend zuvor von einer IS-Gruppe in Libyen ein grausames Video im Internet gepostet worden war.

Es zeigt, wie 21 ägyptisch-koptische Arbeiter in orangefarbenen Overalls von schwarz gekleideten IS-Kämpfern an einem Strand enthauptet werden. Dramaturgisch hält die Kamera auf die Brandung, die sich langsam blutrot färbt. „Eine Botschaft, gezeichnet mit Blut an die Nation des Kreuzes“, lautet der Videotext dazu. Die Schlächter nennen sich selbst „die Provinz Tripolis des Islamischen Staats“.

Die ägyptischen Gastarbeiter waren im Dezember und Januar gezielt verschleppt worden. „Wir glauben, es ist unsere Pflicht, ägyptisches Blut zu rächen und die Mörder und Verbrecher zur Verantwortung zu ziehen“, heißt es in einer Erklärung des ägyptischen Militärs nach den Luftangriffen. Es war nicht das erste Mal, dass ägyptische Jets Stellungen in Libyen bombardiert haben, aber erstmals hat Ägypten das offen zugegeben. Die Regierung und Präsident Abdel Fattah al-Sisi versuchen schon seit Monaten, die wirren Machtverhältnisse in Libyen in ihrem Sinne zu verschieben.

Die Gemengelage in Libyen ist komplex. Vereinfacht gesprochen, stehen sich zwei politische Lager gegenüber. Auf der einen Seite das Lager der sogenannten Säkularisten, militärisch angeführt von dem durch Ägypten unterstützten General Chalifa Haftar, der als Beschützer der international anerkannten Regierung in Tobruk gilt und sich selbst als eine Art libyscher Sisi sieht. Er kontrolliert Gebiete im Ostens des Landes. Auf der anderen Seite steht ein Konglomerat islamischer Milizen und Politiker, die Tripolis und das dortige Parlament kontrollieren.

Unversöhnlichkeit ist das Gebot der Stunde auf beiden Seiten. Die Islamisten werfen der anderen Seite vor, das Gaddafi-System durch die Hintertür wieder einführen zu wollen. General Haftar und die Seinen wollen alle Islamisten, von moderaten Muslimbrüdern bis hin zu radikalen Militanten, ausmerzen. Beide Seiten kämpfen um die Macht und um Ressourcen, ohne dass eine Seite in diesen Kampf bisher militärisch die Oberhand gewinnen konnte.

Erschwerend kommt hinzu, dass sich die politische Landschaft Libyens inzwischen atomisiert hat und mit vielen Gruppierungen eine unübersichtliche Lage sowie ein politisches Vakuum entstanden sind, in dem Organisationen im Namen des IS ungehindert operieren können.

Instabilität Libyens hat Folgen für Ägypten

Dies führt auch zu einer prekären Sicherheitslage in Ägypten. Im Nordsinai ist der bevölkerungsreichste arabische Staat in einen Kleinkrieg mit Gruppierungen verwickelt, die vor ein paar Monaten ihre Loyalität zum Islamischen Staat bekundet haben.

Ob die neusten ägyptischen Luftangriffe der Beginn einer länger andauernden militärischen Intervention in Libyen sind, lässt das Militär bisher offen. In der Armee wird jetzt eine verstärkte Unterstützung von Haftar diskutiert. Man überlegt, eine Art Pufferzone jenseits der Grenze zu errichten und dabei die Stadt Derna, eine Hochburg der IS im Osten, zu erobern. Ägypten könnte Haftar auch helfen, volle Kontrolle über Bengasi zu erlangen. Damit würde Ägypten die libyschen Machtverhältnisse in seinem Sinne verschieben.

Doch auch in diesem Falle ist die Stärke der islamistischen Milizen auch im Osten Libyens nicht zu unterschätzen. Die Folge wäre aller Wahrscheinlichkeit ein lang anhaltender Guerilla-Krieg, in dem die Dschihadisten gegen die „ausländischen Invasoren“ möglicherweise noch Zulauf bekommen und nicht vor der porösen ägyptischen Grenze Halt machen würden.

Es gibt keine schnellen militärischen Lösungen in Libyen. Das ist der Grund, warum das nordafrikanische Land auch international wie eine heiße Kartoffel behandelt wird. Mit zwei großen politischen Lagern, die weder politisch noch militärisch den Konflikt für sich entscheiden können, wäre ein politischer Ausgleich und eine Regierung der Nationalen Einheit wahrscheinlich der beste Weg für Libyen, wieder stabile Verhältnisse zu schaffen und das gesamte Land unter eine einzige staatliche Kontrolle zu bringen, in der IS-Gruppierungen keinen Raum mehr haben, zu operieren. Jede ausländische militärische Unterstützung für eines der beiden Lager lässt einen solchen ohnehin schon schwer zu vermittelnden politischen Ausgleich in noch weitere Ferne rücken.

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