Kampf gegen Korruption in Nigeria: Der „Tinubu-Wirbelsturm“

Nigerias Präsident Bola Tinubu setzt den Chef der Antikorruptionsbehörde ab. Zusammen mit dem Chef der Zehntralbank sitzt er nun in Haft.

Ein Mann mit Sonnenbrille schaut in die Kamera

Nigerias Präsident Bola Tinubu hat den Chef der Antikorruptionsbehörde EFCC abgesetzt Foto: Temilade Adelaja/reuters

Abuja taz | Nach seiner Suspendierung und Inhaftierung von Zentralbankchef Godwin Emefiele hat Nigerias neuer Präsident Bola Tinubu erneut zum Schlag ausgeholt. Diesmal traf es keinen Geringeren als den Chef der Antikorruptionsbehörde EFCC (Economic and Financial Crimes Commission) selbst. Der 43-jährige Abdulrasheed Bawa wurde am Mittwoch vergangener Woche suspendiert und umgehend vom Geheimdienst DSS festgenommen.

Ob Tinubu damit den Kampf gegen Korruption konsequent vorantreibt oder einfach hohe Amtsträger aus der Zeit seines Vorgängers Muhammadu Buhari entfernt, ist eine Frage der politischen Perspektive.

Präsidentensprecher Willie Bassey sagte, Bawa sei suspendiert worden, um Ermittlungen zu ermöglichen, „infolge schwerwiegender Anschuldigungen des Amtsmissbrauchs“. Das EFCC-Direktionsmitglied Abdulkarim Chukkol übernimmt vorläufig die Leitung der Behörde. Anders als im Falle Emefiele bestätigte der Geheimdienst Bawas Festnahme sofort.

Antikorruptionschef wollte gegen Tinubu ermitteln

Zwei so hochkarätige Amtsenthebungen innerhalb weniger als einer Woche sorgen für politische Kontroversen. Tinubu, sagen manche, konsolidiert nach seiner Amtsübernahme am 29. Mai nun seine Macht auf Kosten der Buhari-Getreuen an der Staatsspitze, die ihn ursprünglich als Präsidentschaftskandidaten der Regierungspartei APC (All Progressives Congress) für die Wahlen im Februar ablehnten.

Victor Onah, Analyst

„Es sind interessante Zeiten. Ernsthafte Säuberungen sind im Gange“

Tinubu war von 1999 bis 2007 Gouverneur des Bundesstaates Lagos. Der jetzt suspendierte EFCC-Chef Bawa wollte 2020, als er noch das Antikorruptionsbüro in Lagos leitete, gegen Tinubu ermitteln. Dies hätte Tinubus präsidiale Ambitionen schon damals im Keim ersticken können.

Kritiker sprechen nun von einem „Tinubu-Wirbelsturm“, den so eigentlich niemand erwartete. „Es sind interessante Zeiten für Nigeria“, sagt der politische Analyst Victor Onah. „Ernsthafte Säuberungen sind im Gange. Ich denke, der Präsident versucht, seine erneute Kandidatur schmackhaft zu machen für den Fall, dass die Gerichte seine Wahl annullieren und Neuwahlen ansetzen.“ Die wichtigsten Gegenkandidaten Tinubus bei den Wahlen im Februar, Exvizepräsident Atiku Abubakar von der PDP (People’s Democratic Party) und Exgouverneur Peter Obi von der LP (Labour Party), klagen derzeit noch gegen den Wahlausgang und werfen der Wahlkommission Inec Unregelmäßigkeiten vor.

Wer wird als nächstes suspendiert?

Nun stellt sich die Frage, ob Tinubu als nächstes Inec-Vorsitzenden Mahmoud Yakubu suspendiert. „Nigerianer hätten es gern, dass er den Inec-Vorsitzenden für die missratene und gefälschte Wahl hinauswirft“, sagt der Analyst Yusuf Adejo. „Sonst sind all die anderen Absetzungen bloß eine persönliche Vendetta.“

Ähnlich äußerte sich Olisa Agbakoba, ehemaliger Präsident der nigerianischen Anwaltsvereinigung. „Glückwunsch an Präsident Tinubu dafür, dass er Emefiele, Bawa, Benzinsubventionen und Devisenkorruption abgeschafft hat. Die endemische Korruption hat einen schweren Schlag erlitten“, sagte er. Nun sei Inec an der Reihe. „Alle werden zustimmen, dass die Wahlen 2023 logistisch die schlechtesten unserer Geschichte waren.“

Bawa war 2021 als EFCC-Chef auf Ibrahim Magu gefolgt, der wegen Korruption angeklagt und schließlich freigesprochen wurde. Nun stellt sich die Frage, wer auf Bawa folgt. Die letzten EFCC-Leiter kamen alle aus Nigerias Norden. Nun sagen manche, der Süden sei an der Reihe.

Derweil ist in den nächsten Tagen wegen der Absetzungen mit Protesten zu rechnen, wenn Exzentralbankchef Emefiele dem Haftrichter vorgeführt wird. Der Geheimdienst DSS hat erklärt, einige „illoyale“ Mitarbeiter wollten Unruhen schüren, weil sie mit Emefieles Absetzung unzufrieden seien. DSS-Sprecher PEter Afunaya sprach von „billiger Propaganda“ und Falschinformationen im Zusammenhang mit Emefieles Festnahme. Anders als von manchen berichtet habe der Banker in der Haft vom ersten Tag an Zugang zu Ärzten und zu Besuchern erhalten.

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