Kampf gegen Corona: Hoffnungsträger Südafrika
Südafrika war eines von der Pandemie am stärksten betroffenen Länder. Jetzt zeigen sich Erfolge und der Präsident verkündet Lockerungen.
So erstaunte es auch niemanden, dass vor allem in Südafrikas Wintermonaten Mai bis Juli die Infektionsraten explodierten, Krankenhäuser überfüllt waren und selbst Schulen nach einem Versuch der Öffnung erneut schließen mussten.
Doch seit Kurzem gilt Südafrika wieder einmal als Hoffnungsträger – sowohl für den afrikanischen Kontinent als auch international. Dies gilt umso mehr, als bisher etwa die Hälfte der gut 1,3 Millionen positiv auf Covid-19 getesteten Afrikaner*innen in Südafrika leben und von den 33.000 Verstorbenen fast 16.000 Südafrikaner*innen waren. Wenn hier Erfolge in der Bekämpfung der Pandemie gelängen, würde dies bedeutsam sein für den Rest des Kontinents.
Diese Erfolge wurden erst Mittwochabend von Präsident Ramaphosa auch offiziell in den Fernsehnachrichten verkündet: „Mit Entschlossenheit und unter schwierigsten Bedingungen hat Südafrika dem schlimmsten Sturm widerstanden – wir sind nun in der Lage, unter Beibehaltung der zentralen Regeln von Maskentragen, Abstandhalten und Händewaschen, uns dem Wiederaufbau der Wirtschaft und dem Erlernen eines neuen normalen Lebens mit Covid-19 zu widmen.“
Gesundheitsminister Zweli Mkhize
Auf die Frage, was am Ende ausschlaggebend für den Rückgang der Infektionen und auch Todeszahlen war, äußerten Expert*innen verschiedene Vermutungen: Vom hohen Anteil junger Menschen in der Bevölkerung, von denen möglicherweise 12 Millionen infiziert waren, ohne ernste Symptome zu zeigen, bis hin zu höherer Resistenz gegen Infektionen bei armen Menschen, die als Kinder bereits schlechte hygienische Bedingungen überlebt hatten.
„Höhepunkt der Pandemie erstmal überstanden“
Gesundheitsminister Zweli Mkhize fasste es bescheiden zusammen: „In den letzten Monaten wussten wir nie wirklich genau, was zu erwarten war – und versuchten schlicht, auf den schlimmsten Fall vorbereitet zu sein. So hatten wir Tage mit mehr als 11.000 Neuinfektionen, jetzt sind es weniger als 2.000. Wir können eindeutig sagen, dass wir den Höhepunkt der Pandemie erst mal überstanden haben. Gleichsam müssen wir wachsam bleiben.“
Die wirtschaftlichen Folgen des Lockdowns für Südafrika sind katastrophal: Die Wirtschaftsleistung insgesamt ist um mehr als 50 Prozent zurückgegangen, mehr als 65 Prozent der Bevölkerung leben inzwischen unter der Armutsgrenze und rund 3 Millionen Menschen haben ihre festen Anstellungen verloren.
So kündigte Präsident Ramaphosa am Mittwoch auch vor allem Lockerungen an, die neben mehr Bewegungsfreiheit im Alltag auf eine Wiederbelebung arbeitsintensiver Bereiche wie Tourismus und Gastronomie zielen: Ab 1. Oktober sollen internationale Flüge wieder möglich sein, wobei alle Reisenden bei Ankunft einen negativen Covid-19-Test vorweisen müssen, der nicht älter als 72 Stunden ist – bei Anzeichen von Symptomen könne trotz negativem Test noch eine 14-tägige Quarantäne verhängt werden. In Kürze würde auch eine Liste von Ländern mit hohem Risiko benannt werden, aus denen weiter keine Einreise möglich sei. Expert*innen vermuten hier Länder wie die USA, Brasilien, Indien, aber auch Frankreich und Großbritannien.
Bis vor Kurzem war Südafrika selbst eines der „High Risk“-Länder. Ramaphosa machte deutlich, dass die „tödliche Pandemie“ längst nicht vorbei sei, sondern dass neue Test-Zielgruppen, Kontaktverfolgung über Handy-Apps und Südafrikas aktive Beteiligung an der Entwicklung eines Impfstoffes weiter hohe Priorität hätten.
Dass er in der gleichen Fernsehansprache auch die neuen extremen Fälle von Korruption im Lande benannte und erneut die Forderung nach juristischer Verurteilung der Schuldigen forderte, wurde ebenso aufmerksam zur Kenntnis genommen wie die Ankündigung mehrerer konkreter Maßnahmen gegen die zu Lockdownzeiten eskalierte Gewalt gegen Frauen und Kinder. Niemand erwartet Wunder, aber seine Beharrlichkeit auch bei Themen, die keine leichten Erfolge zeitigen werden, ist erfreulich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Spiegel-Kolumnist über Zukunft
„Langfristig ist doch alles super“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Fortschrittsinfluencer über Zuversicht
„Es setzt sich durch, wer die bessere Geschichte hat“