Kampf der Opposition in Indien: Rahul Gandhi kehrt zurück
Indiens Oppositionsführer Rahul Gandhi bekommt durch ein Gerichtsurteil sein Parlamentsmandat vorerst zurück – kurz vor einem Misstrauensvotum.
Dies ebnete den Weg für Gandhis Wiedereinzug ins Unterhaus am Montag. Vor dem Parlament ertönten Jubelrufe. Aber auch im Inneren des Prachtbaus herrschte Feierlaune: „Die BJP und die Modi-Regierung sollten die verbleibende Amtszeit nutzen, um sich auf die tatsächliche Regierungsführung zu konzentrieren, statt die Demokratie zu verunglimpfen, indem sie Oppositionsführer ins Visier nehmen“, wetterte Kongresschef Mallikarjun Kharge.
Laut Oberstem Gerichtshof hatte die Vorinstanz nicht ausreichend dargelegt, warum gegen Gandhi die Höchststrafe von zwei Jahren verhängt wurde, die ihm auch noch eine Kandidatur bei den Parlamentswahlen 2024 verboten hätte.
Große Teile der Opposition bezeichneten das Urteil damals als Tiefpunkt der indischen Demokratie. Gandhi erklärte, seine Verurteilung sei offensichtlich absurd.
Er hatte sich wegen einer abfälligen Bemerkung über den Nachnamen „Modi“ vor vier Jahren viel Ärger eingehandelt. Er hatte auf einer Wahlveranstaltung gefragt, wie es sein könne, dass alle Diebe Modi als gemeinsamen Nachnamen hätten. Das war ein Seitenhieb auf die flüchtigen Geschäftsmänner und Betrüger Nirav und Lalit Modi, zielte aber auf Premierminister Narendra Modi.
„Die Stimme der wahren Probleme der Menschen im Land wird wieder im Parlament erklingen“, versprach Gandhis Schwester Priyanka Vadra. Rahul Gandhi zählt derzeit zu den schärfsten Kritikern von Regierungschef Modi.
Sollte nicht doch noch ein rechtskräftiges Urteil gegen Gandhi ergehen, darf er zu den Parlamentswahlen im nächsten Jahr antreten. Das kommt der indischen Opposition entgegen, die sich gerade zu dem neuen Bündnis „India“ zusammengeschlossen hat.
Mehr als zwei Dutzend Parteien wollen 2024 gemeinsam Modi und seine BJP herausfordern. Ziel sei es, „die Idee Indiens, wie sie in der Verfassung verankert ist, zu verteidigen“. Doch das wird nicht leicht, auch wenn die Kongresspartei nach langer Durststrecke zuletzt wieder Aufwind hatte.
Im südlichen Karnataka stellt sie nun die Regierung – ein wichtiger Teilerfolg. Auch bei anstehenden Regionalwahlen in Zentralindien könnte die Kongresspartei einen Sieg erzielen.
Erst zu Beginn des Jahres konnte Gandhi sich mit seinem über 4.000 Kilometer langen Fußmarsch von Süd nach Nord politisch rehabilitieren. Seit seinem „Marsch der Einheit“ ist sein Name für viele erstmals seit Jahren wieder mit Respekt verbunden. Er plant bereits eine Fortsetzung vom Westen Indiens bis in den Osten.
Beobachter:innen unken, dass eine Verhaftung Gandhis seine Popularität nur gesteigert hätte, wie es im Bundesstaat Maharashtra bei dem Lokalpolitiker Sanjay Raut von der Hindupartei Shiv Sena der Fall war. Er wurde nach kurzer Haft als Held gefeiert.
Gandhi hat sich jedenfalls für den Wahlkampf schon warmgelaufen. Nun muss das Oppositionsbündnis nur zusammenhalten. Gandhis Wiedereinzug ins Parlament dürfte die Opposition bei ihrem Misstrauensantrag in dieser Woche stärken. Sie wirf Modi Untätigkeit vor angesichts der ethnischen Gewalt, die seit Mai den Unionsstaat Manipur erschüttert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!