Kampagne gegen Schiedsgerichte: Schluss mit den Privilegien
Die EU soll die Möglichkeit von Konzernklagen aus Handelsdeals streichen, fordern über 150 NGOs. Weltweit gibt es mehr als 900 solcher Klagen.
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Die Klagerechte vor privaten Schiedsgerichten von Konzernen haben bereits bei den Protesten gegen die Freihandelsabkommen TTIP und Ceta eine wichtige Rolle gespielt. Vor diesen privaten Gerichten klagen Unternehmen auf Schadenersatz, wenn sie ihre Gewinnaussichten durch politische Entscheidungen, etwa zum Arbeits- oder Umweltschutz, gefährdet sehen. „Konzerne können durch diese Klagemöglichkeiten Druck auf Regierungen ausüben“, kritisiert Alessa Hartmann von der NGO Powershift.
In Deutschland wird die Kampagne von 13 Organisationen wie Attac, dem BUND oder Powershift sowie den Netzwerken Gerechter Welthandel und CorA getragen. Zum Auftakt protestierten die OrganisatorInnen am Dienstag vor dem Bundestag mit einer drei Meter hohen Waage, die das ungerechte Welthandelssystem symbolisieren sollte. Außerdem starteten sie eine Onlinepetition an die EU-Kommission, das Europäische Parlament und die EU-Mitgliedsstaaten.
Darin fordern sie den Rückzug aus Handelsabkommen, die Klageprivilegien für Konzerne vorsehen, und verlangen die Unterstützung eines geplanten UN-Abkommens, mit dem Konzerne bei Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft gezogen werden sollen. „Die EU und ihre Mitgliedstaaten müssen Konzerne gesetzlich verpflichten, in Auslandsgeschäften die Menschenrechte sowie Umwelt- und Sozialstandards zu achten“, heißt es in der Petition.
Klagen von Konzernen treffen vor allem, aber nicht nur Entwicklungsländer. Der schwedische Energiekonzern Vattenfall etwa hat den deutschen Staat in Milliardenhöhe wegen des Atomausstiegs verklagt, weil er seine Rechte verletzt sieht.
Allein Deutschland hat nach Angaben von Powershift mehr als 150 Investitionsschutzabkommen abgeschlossen, hinzu kommen Dutzende auf EU-Ebene. Laut der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (Unctad) gibt es weltweit 904 Klagen, davon sind 314 offen.
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