Kampagne gegen Outsourcing: Von wegen gute Arbeit
Der Senat muss mehr gegen Outsourcing und Befristung tun. Ein Wochenkommentar.
Aus Arbeitnehmerperspektive liest sich der rot-rot-grüne Koalitionsvertrag stellenweise wie eine Art zeitgemäße Light-Version des Kommunistischen Manifests. Unter dem Label „Gute Arbeit in der sozialen Stadt“ heißt es dort etwa, dass sich die Koalition „für gute Arbeit für alle Berliner*innen einsetzen und prekäre Arbeit zurückdrängen“ werde und „alle Möglichkeiten nutzen, um Tarifverträge für allgemeinverbindlich zu erklären“; außerdem sehe sie in der „nachhaltigen Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung eine Schlüsselaufgabe für die solidarische Zukunft Berlins“.
Wie schon die Vorhersagen des Manifests der Kommunistischen Partei, geschrieben von Karl Marx und Friedrich Engels, erschienen im Jahr 1848 mit dem Versprechen einer baldigen klassenlosen Gesellschaft, bleibt auch das Vorhaben der Berliner Koalition, eine Stadt der guten Arbeit zu schaffen, eine Utopie. Das lässt sich dort feststellen, wo der Senat den größten Einfluss hat: in den landeseigenen Betrieben. Hier gibt es Beschäftigte, die nicht denselben Lohn für die gleiche Arbeit bekommen oder länger als andere Kollegen arbeiten müssen, weil sie in Tochtergesellschaften ausgelagert worden sind – und damit Tarifvereinbarungen für sie nicht greifen. Laut der Senatsverwaltung für Finanzen gibt es derzeit rund 100 solcher Tochtergesellschaften. Dabei heißt es im Koalitionsvertrag auch, dass man „den öffentlichen Dienst zum Vorbild machen“ wolle und die landeseigenen Unternehmen „gute Arbeits- und Ausbildungsplätze bereitstellen und einen Mehrwert für die ganze Stadt schaffen“ sollen.
Fragt man bei der Senatsverwaltung für Finanzen nach diesen Vorhaben, antwortet ein Sprecher, dass eine Analyse der tariflichen Regelungen im Jahr 2017 ergeben habe, dass es lediglich bei den Töchtern von Vivantes und der Charité Handlungsbedarf gegeben habe – und da habe man bereits die Initiative ergriffen. Genauere Angaben, wie viele der Tochtergesellschaften nach Tarif bezahlen, kann der Sprecher aber „in der Kürze der Zeit“ und ohne „umfassende Datenrecherche“ nicht machen.
Das zeigt: Veränderung (im Kommunistischen Manifest: die Revolution) kommt nicht von allein. Deshalb haben Belegschaften der Charité-Tochter „Physiotherapie- und Präventionszentrum GmbH“ (CPPZ) und „Betriebsgesellschaft Botanischer Garten und Botanisches Museum“ nicht einfach auf diese gewartet, sondern mit Streiks und Protest erkämpft, dass sie wieder in die Mutterunternehmen eingegliedert werden.
Und weil Arbeitnehmern in einer kapitalistischen Gesellschaft selbst im rot-rot-grünen Berlin nichts geschenkt wird, hat sich die Kampagne „Outsourcing und Befristungen verbieten“ gegründet, um die verschiedenen Arbeitskämpfe zu fusionieren. Was autonome und gewerkschaftsunabhängige Arbeitskämpfe angeht, könnte Berlin deshalb in den nächsten Jahren einmal mehr eine Pionierfunktion einnehmen.
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