Kampagne für Rücksicht im Verkehr: Monsterchen aus dem Hause Bonde
Aggression und Rücksichtslosigkeit sind echte Probleme auf Berliner Straßen. Die Senatsverkehrsverwaltung macht eine Muppetshow daraus.
Straßen-Wut ist auch in Berlin ein alltägliches Phänomen, selbst wenn es nicht gleich zum Äußersten kommt. Rücksichtslosigkeit und „Platz da“-Mentalität potenzieren sich erfahrungsgemäß besonders dann, wenn die Beteiligten sich im Schutz ihrer metallenen Kapseln wähnen. Dabei verzerrt sich schnell auch die Wahrnehmung: Die Senatsverkehrsverwaltung verweist auf eine aktuelle Umfrage, laut der 89 Prozent der VerkehrsteilnehmerInnen sich selbst als sehr rücksichtsvoll beurteilen, aber nur 37 Prozent finden, dass die anderen Rücksicht nehmen.
Die nachgewiesenen Fälle von Nötigung im Straßenverkehr haben sich dann auch laut Verwaltung in nur fünf Jahren verdoppelt: von 1.925 Fällen in 2019 auf 4.100 Fälle in 2023. Dem will das Haus von Senatorin Ute Bonde (CDU) jetzt mit einer Aufklärungskampagne entgegenwirken: „Sei kein Verkehrsmonster“ lautet der Claim. Und weil Rücksichtslosigkeit etwas sehr Kindisches ist, setzt man dabei auf eine altersgemäße Bildsprache: Drei wuschelige Ungeheuer-Puppen in grellen Farben sollen Identifikationsangebote machen.
Wer geht gleich in die Luft?
Eine sitzt hinterm Lenkrad und sieht aus, als ginge sie gleich vor Wut in die Luft, eine andere überquert die Straße zu Fuß, während ihre Glubschaugen am Handy kleben (offenbar geht's nicht nur um Aggro-Verhalten). Das dritte Monsterchen wiederum gibt Rätsel auf: Es fährt ein Hollandrad mit Einkaufskorb, dabei aber offenbar so rasant, dass der Hintergrund tempomäßig verwischt.
Die pädagogische Krönung der Kampagne ist das Poster „Mensch bleiben mit Monster Yoga“. Es zeigt Posen wie den „Herumschauenden Hund“ (s. Abb.), der den Schulterblick trainieren soll.
Wirklich falsch ist der Ansatz ja nicht, auch wenn er das Problem reichlich banalisiert. Ob Utes Muppetshow die immer noch massiven Unfallzahlen mit bereits 39 Toten im laufenden Jahr (davon 17 FußgängerInnen und 9 RadfahrerInnen) verringern kann, sei dahingestellt. Mehr – statt weniger – Tempolimits wären mit Sicherheit wirkungsvoller.
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