Kabinettsumbildung in Griechenland: Venizelos verteidigt griechische Finanzen

Griechenlands Premier Giorgos Papandreou hat einen neuen Finanzminister zur Lösung der Finanzkrise ernannt: den bisherigen Verteidigungsminister Venizelos.

Schwere Bürde: Evangelos Venizelos war bisher Verteidigungsminister, jetzt wird er griechischer Finanzminister. Bild: dapd

ATHEN afp/dapd | Es kam, wie es kommen musste: Der griechische Finanzminister Giorgos Papakonstantinou hält dem Druck der Straße nicht mehr stand und wechselt ins Umweltressort, seinen Posten übernimmt ab sofort der frühere Verteidigungsminister Evangelos Venizelos.

Offensichtlich hat der als Kandidat ebenfalls hoch gehandelte Ökonom und ehemalige EZB-Vize Loukas Papademos dem Ministerpräsidenten eine Absage erteilt, trotz wiederholter Anfragen bis in die frühen Morgenstunden.

Zahlreiche andere Vertraute des Premiers müssen ebenfalls ihren Hut nehmen. Außenminister Droutsas wird entlassen, Umweltministerin Birbili wirft das Handtuch, der unglücklich agierende Regierungssprecher Giorgos Petalotis versucht einen Neuanfang als Vizejustizminister, und auch die fröhliche Vizeinnenministerin Theodora Tzakri, die eher durch ihre modischen Eskapaden aufgefallen ist, wird nicht mehr gebraucht.

Wichtigster Neuzugang: Stavros Lambrinidis, Vizepräsident der Europäischen Parlaments, wird Griechenlands Chefdiplomat. Insgesamt hatte Ministerpräsident Giorgos Papandreou bei seiner Regierungsumbildung einige Überraschungen parat.

Ein Herz für Parteigegner

Ausgerechnet der Mathematiker Pantelis Ekonomou, einer der schärfsten Kritiker seiner Wirtschaftspolitik, wird ab sofort stellvertretender Finanzminister, während Paris Koukoulopoulos, ebenfalls ein ständiger Bedenkenträger, ins Innenministerium befördert wird. Als würde Papandreou den beiden sagen wollen: "Mal schauen, ob ihr es besser machen könnt".

Überhaupt scheint der griechische Ministerpräsident ein großes Herz zu haben für seine Parteigegner - ob aus Überzeugung oder wegen Personalmangels, darüber lässt sich freilich streiten.

Auch der neue Finanzminister Evangelos Venizelos gilt als politisch unbequemer Zeitgenosse. Als 2004 der sozialistische Ministerpräsident Kostas Simitis vorzeitig abtreten wollte, erklärte der renommierte Verfassungsrechtler Venizelos unverblümt, er stehe ab sofort als Nachfolger bereit, ohne auf die Empfindlichkeiten der Parteibasis Rücksicht zu nehmen.

Dadurch wurde er als extrem machtgierig gebrandmarkt, verpasste seine Chance auf den Parteivorsitz und musste dem sanft agierenden Papandreou den Vortritt lassen. Nach seinem Wahlsieg 2009 versuchte Papandreou den unangenehmen Parteigegner einigermaßen auf Abstand zu halten, ohne allerdings ganz auf sein strategisches Denken verzichten zu wollen. Venizelos wurde "nur" Verteidigungsminister und wartete weiterhin auf bessere Zeiten.

Virtuose der Machtpolitik

Seine Berufung zum Finanzminister könnte die Chance seines Lebens sein oder aber ihm zum Verhängnis werden. Fest steht allerdings, dass mit Venizelos den europäischen Partnern ein begabter Jurist und Virtuose der Machtpolitik gegenübersteht, der auch mal gern auf den Tisch haut - ganz anders als sein Vorgänger Papakonstantinou.

Aus ähnlichem Holz geschnitzt ist der neue Außenminister Stavros Lambrinidis, der allerdings zu den treuesten Weggefährten des Ministerpräsidenten gehört. Der an der Yale-Universität ausgebildete Jurist wurde vom Papandreou zum Botschafter ernannt, kümmerte sich um die Öffentlichkeitsarbeit der griechischen Sozialisten im Ausland und macht heute eine gute Figur als Vizepräsident des Europäischen Parlaments. Er soll auch einen besonders guten Draht zum Vorsitzenden der Europäischen Sozialisten Martin Schulz haben.

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