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Justizvollzugsanstalten BerlinKein Platz im Knast

Die JVA Moabit ist schon lange überbelegt. Grund ist ein unerklärlicher Zuwachs an Untersuchungshäftlingen. Daran ändert auch die Weihnachtsamnestie nichts.

Wachturm der JVA Moabit Foto: dpa

Berlin taz | Für Gefangene wie Personal ist es eine belastende Situation: Die Justizvollzugsanstalt Moabit ist überbelegt, und das schon seit Monaten. Nach der aktuellsten Belegungsstatistik lag die Auslastung bei 101 Prozent (Stichtag 29. November). Am 15. November waren es sogar 103 Prozent.

Eine Besserung ist nicht in Sicht. Auch die Weihnachtsamnestie bringt für die JVA Moabit keine Entlastung. In diesem Jahr kommen in Berlin insgesamt nur 97 Gefangene im Rahmen des sogenannten Sammelgnadenerweises vorzeitig frei. In der JVA Tegel betrifft das 10 Häftlinge, in der Frauenhaftanstalt 11, in Moabit sind es null. Im Vorjahr waren insgesamt rund 170 Gefangene begnadigt worden. Die Frage nach den Gründen lasse sich nicht pauschal beantworten, teilte die Justizverwaltung mit. Grundsätzlich profitieren vom Gnadenerweis Gefangene, die keine langjährigen Haftstrafen haben. Außerdem müsse gesichert sein, dass sie draußen eine Unterkunft haben.

Auch die Begründung für die Überbelegung der JVA Moabit lässt Fragen offen. Das in der Kaiserzeit gebaute Gefängnis ist Untersuchungs- und Strafanstalt zugleich. Insgesamt 861 Gefangene waren am letzten Stichtag in Moabit untergebracht, überwiegend handelt es sich dabei um Untersuchungsgefangene. Die Zahl der in Untersuchungshaft Genommenen sei innerhalb von vier Wochen von 603 auf 670 angestiegen, so die Justizverwaltung. „Konkrete Anhaltspunkte für diesen außergewöhnlichen Zuwachs sind nicht erkennbar.“

Wiederkehrende Schwankungen

Generell sei es so, dass es im saisonalen Verlauf wiederkehrende Schwankungen in der Belegung der Vollzugsanstalten gebe. Die Gefangenenzahlen stiegen regelmäßig am Anfang des Jahres an, erreichen im Frühjahr den höchsten Wert und nähmen dann bis zum Ende des Jahres wieder ab. Die Belegungsrückgänge und -anstiege verteilen sich nicht gleichmäßig auf alle Haftarten. Insbesondere die Untersuchungshaft unterliege Schwankungen. Eine vergleichbare Situation habe es zuletzt im Februar 2020 gegeben, als die Zahl der U-Häftlinge in Moabit bei 680 gelegen habe.

Eine hohe Belegungssituation könne „gegebenenfalls dazu beitragen, das Risiko für Spannungen zwischen den Gefangenen zu erhöhen“, räumte die Justizverwaltung ein. Die Bediensteten seien aber entsprechend sensibilisiert und achteten verstärkt auf Anzeichen für sich anbahnende Auseinandersetzungen. Die Versorgung der Gefangenen sei durchgehend gewährleistet.

Die Überbelegung führe nicht zu einer Mehrfachbelegung der Zellen, versicherte die Justizverwaltung. Weitere Plätze, die nicht in der Belegungsstatistik ausgewiesen seien, stünden zur Verfügung, in der JVA Moabit seien das 31 Haftplätze. „Die Entwicklung der Gefangenenzahlen ist unvorhersehbaren Einflüssen ausgesetzt“, heißt es.

„Die Überbelegung der JVA Moabit ist ein Riesenproblem“, sagt Sebastian Schlüsselburg, rechtspolitischer Sprecher der Linken zur taz. Schon in Normalzeiten sei die Haftsituation in dem in der Kasierzeit gebauten Gebäude an der Grenze der Zulässigkeit. Dazu komme, dass im gesamten Berliner Strafvollzug rund 215 Stellen unbesetzt seien. Dass Schwarz-Rot beschlossen habe, die Stellen der Anstaltsleiter von A16 auf B2 anzuheben, bezeichnet der Linke-Politiker als falsche Prioritätensetzung.

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