Haftbedingungen in Berlin: Hunger­streik in der JVA

In Berlin wird einem Gefangenen der Zugang zu linken Publikationen verweigert. Diese könnten seine Wiedereingliederung gefährden, heißt es.

Eine Überwachungskamera ist am 13.09.2016 in Berlin vor einem Gebäude auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt Tegel zu sehen.

in der JVA Tegel wird auch die Gesinnung der Insassen überwacht – zumindest der linken Foto: Paul Zinken/dpa

BERLIN taz | Auf dem Bild, das der Langzeitgefangene Andreas Krebs mit erhobener Faust posierend aus seiner Zelle in der JVA Tegel an seine Un­ter­stüt­ze­r*in­nen schickt, ist im Hintergrund noch ein Bücherregal zu erkennen. Doch neue Literatur und Post erhält Krebs immer weniger. Um dagegen zu protestieren, befindet sich Krebs seit dem 29. Januar im Hungerstreik.

Das bestätigt auch der Sprecher des Senatsverwaltung für Justiz auf taz-Anfrage. Im Rahmen einer Haftraumrevision seien mehrere Zeitungen und Druckschriften aus dem Haftraum von Krebs entnommen worden. „Dabei handelte es sich unter anderem um Infoblätter, die Bezüge zur linksextremistischen Szene aufweisen.“ Zurzeit werde überprüft, ob die Schriften der Wiedereingliederung des Gefangenen widersprechen, so der Sprecher weiter.

„Andreas wird seit seiner Ankunft in der JVA Tegel schikaniert. Post wird nicht ausgehändigt, ebenso Zeitungen und Bücher“, heißt es in einer Mitteilung von Anarchist Black Cross Dresden, einer Organisation, die weltweit Solidaritätsaktionen für Gefangene organisiert. Dazu zählt auch Andreas Krebs, der demnach fast 20 Jahre seines Lebens in Gefängnissen in verschiedenen Ländern, vor allem wegen Eigentumsdelikten verbrachte.

Autobiografie verweigert

„Er hat sich auch im Gefängnis nicht am System ‚Nach unten treten und nach oben buckeln‘ beteiligt“, sagt eine Unterstützerin, die namentlich nicht genannt werden möchte, der taz. Vor zwei Jahren erschien Krebs’ Autobiografie „Der Taifun – Erinnerungen eines Rebellen“. Auch dieses Buch darf er aktuell nicht in seiner Zelle haben.

„Wenn einem Gefangenen seine eigene Biografie verweigert wird und er Zeitungen seiner Wahl nicht bekommen darf, geht es an das Existenzielle“, begründet Wolfgang Lettow das drastische Mittel des Hungerstreiks. Lettow ist Redakteur beim linken Magazin Gefangeneninfo. Das Magazin wird Krebs ebenso verweigert wie die Zeitung der Roten Hilfe.

Krebs selbst kündigt in einem Brief an, die Verweigerung der Essensaufnahme so lange fortzusetzen, bis ihm alle einbehaltenen Publikationen wieder ausgehändigt werden und er Zeitungen und Bücher seiner Wahl beziehen kann. „Einen Verhandlungsspielraum wird es diesbezüglich nicht geben“, so Krebs.

Un­ter­stüt­ze­r*in­nen verweisen auf seine durch eine schwere Nierenerkrankung angeschlagene gesundheitliche Situation und rufen dazu auf, sich mit Mails an die Senatsjustizverwaltung für eine rasche Umsetzung seiner Forderungen einzusetzen. Am Montag beraten ab 17 Uhr im Neuköllner Stadtteilladen Lunte in der Weisestraße 53 Un­ter­stüt­ze­r*in­nen über weitere Solidaritätsaktionen.

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