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Justizvollzug in den USA6.000 Häftlinge vorzeitig entlassen

Tausende Häftlinge werden wegen Überfüllung der Gefängnisse begnadigt, dann werden viele abgeschoben. Ein 35-Jähriger wurde in Texas hingerichtet.

Stacheldrahtzaun an der Rockville Correctional Facility. Foto: ap

Washington/Huntsville dpa/ap | In den USA sollen rund 6.000 Häftlinge begnadigt und vorzeitig aus der Haft entlassen werden. Das berichtet die Zeitung Washington Post am Dienstag unter Berufung auf Regierungskreise. Damit wolle man die überbelegten US-Gefängnisse entlasten.

Freikommen sollen hauptsächlich Menschen, die in den vergangenen 30 Jahren wegen Drogendelikten zu langen Haftstrafen verurteilt worden waren. Damals waren nach einer Welle von Verbrechen im Zusammenhang mit Kokain strenge Richtlinien für die Bestrafung von Drogenkriminellen erlassen worden waren. US-Präsident Barack Obama bemüht sich darum, die Gefängnisse zu leeren, die als Folge des früheren rigorosen Vorgehens völlig überfüllt sind.

In den USA sitzen 2,2 Millionen Menschen hinter Gittern – das sind 25 Prozent der Häftlinge auf der gesamten Welt. Ein Drittel der Menschen, die voraussichtlich zwischen dem 30. Oktober und dem 2. November aus Bundesgefängnissen entlassen werden sollen, sind Ausländer, die daraufhin abgeschoben werden sollen, hieß es weiter.

Ein verurteilter Mörder ist in Texas wegen tödlicher Schüsse während eines Raubüberfalls mit einer Beute von nur acht Dollar hingerichtet worden. Juan Martin Garcia wurde in der Haftanstalt Huntsville am Dienstagabend (Ortszeit) um 18.26 Uhr für tot erklärt. Zuvor hatte der 35-Jährige die Giftspritze erhalten. Die Exekution war die bislang elfte in Texas in diesem Jahr, in den kommenden Wochen sollen drei weitere folgen. In keinem anderen US-Staat werden mehr Häftlinge hingerichtet.

Christlichen Missionar erschossen

Garcia war im Jahr 2000 verurteilt worden, weil er im September 1998 in Houston den 36-jährigen Hugo Solano erschossen hatte. Solano war ein christlicher Missionar aus dem mexikanischen Guadalajara, der erst wenige Wochen zuvor mit seiner Familie nach Houston gezogen war, um seinen Kindern Bildung auf einer amerikanischen Schule zu ermöglichen.

Vor der Exekution richtete Garcia Worte auf Spanisch an die Angehörigen seines Opfers. „Ich wollte niemals irgendjemandem von euch schaden“, sagte er zu der Ehefrau und Tochter von Solano, die dem Insassen schluchzend sagten, dass sie Liebe für ihn übrig hätten. In einem Interview hatte Garcia vergangenen Monat zugegeben, Solano erschossen zu haben. Den Raub dementierte er dagegen. Diese Straftat hatte mit dazu beigetragen, dass eine Gerichtsjury gegen ihn die Höchststrafe wählten.

Garcia wurde mit mindestens acht schweren Raubüberfällen und zwei versuchten Morden in den Wochen vor und nach dem Tod von Solano in Verbindung gebracht. Das Oberste Gericht hatte im März zurückgewiesen, sich den Fall noch einmal anzuschauen. In der vergangenen Woche verweigerte der zuständige Ausschuss des Staates Texas einen Gnadengesuch Garcias.

Der Verurteilte war zum Zeitpunkt der Tat 18 Jahre alt und Mitglied einer Straßengang. Aussagen eines Kameraden identifizierten ihn als den Chef der vierköpfigen Bande, die für die vier Schüsse auf Solano und den anschließenden Raub verantwortlich waren. Die Verbindung zu anderen Straftaten brachte die zuständige Jury in Harris County zu dem Entschluss, ihn zum Tode zu verurteilen. Zwei Komplizen wurden wegen des Raubs zu 55 und 30 Jahren Haft verurteilt. Der vierte Mann kam wegen des Mordes lebenslang ins Gefängnis.

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